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„Hier stirbt etwas Heiliges“

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Ein letztes Mal gemeinsames Gebet in St.Ursula

Ein letztes Mal gemeinsames Gebet in St.Ursula

Hürth-Kalscheuren - Tiefe Glockenschläge hallten gestern in Hürth-Kalscheuren: die Kirchenglocken von St. Ursula. Zum letzten Mal riefen sie die Gläubigen zur Sonntagmesse in den runden Kirchenbau. Bedrückte Gesichter waren zu sehen, die Blicke der Besucher schweiften durch den Raum. Viele wollten diese Eindrücke gedanklich festhalten. „Es ist ein trauriger Anlass“, sagte Pfarrer Rudolf Kusch, seit einiger Zeit im Ruhestand, mit belegter Stimme. „Die Beweggründe sind zwar klar. Trotzdem: Hier stirbt etwas Heiliges.“

Nur noch bis Donnerstag ist St. Ursula Kalscheuren ein sakraler Ort. Um 18.30 Uhr wird im Auftrag des Erzbischofs der stellvertretende Generalvikar Hans-Josef Radermacher einen Abschiedsgottesdienst feiern. Dann wird die Kirche entwidmet. Etwa 200 Christen nutzten gestern die Möglichkeit, Abschied von St. Ursula zu nehmen - bei der Sonntagsmesse, die entgegen der Erwartungen vieler nicht Pfarrer Franz-Josef Lausberg, sondern sein Kollege Pfarrer Heribert Müller zelebrierte. „Pfarrer Müller war seit Wochen als Zelebrant festgelegt“, erklärte Pfarrer Lausberg. Auch seine einleitenden Worte an die Besucher waren äußerst sachlich: „Wenn schon vorher so viele Menschen in die Kirche gekommen wären und sich so für ihre Gemeinde engagiert hätten, wäre es nicht so weit gekommen.“

Ein letztes Mal gemeinsam beten, ein letztes Mal gemeinsam die Kommunion empfangen an dem Ort, wo sie sich heimisch fühlten. Als das bewusst wurde, stiegen einigen Besuchern die Tränen in die Augen. „Unsere Kinder sind hier zur Kommunion gegangen“, erzählte Muschi Ohlik (68) und wischte sich mit einem Tuch über die Augen. Tränen der Trauer auch bei Viktoria Böske. Sie war früher Messdienerin, und gerade erst vergangene Woche ist ihr Töchterchen Svenja in St. Ursula getauft worden. Trotz der Entweihung (Profanierung) will sie die Räume weiter aufsuchen: „St. Ursula wird immer die Kirche sein, in die ich gehöre.“

Trauer, gemischt mit Verständnis, aber auch Unmut war zu hören. Auch die Mitglieder des Kirch- und Denkmalschutzvereins St. Ursula Kalscheuren waren vor Ort, gemeinsam mit Kunsthistorikerin Professor Dr. Hiltrud Kier. Sie hoffen, das die Entwidmung noch verhindert werden kann. „Schließlich sollen Änderungen an einem Denkmal vorgenommen werden“, sagte Kier. „Auch Altar, Taufbecken, Beichtstuhl sind integraler Bestandteil des Denkmals.“ Die Kirche steht seit 1993 unter Schutz. Pfarrer Lausberg sieht das anders. „Eine Kirche ist als lebendiges Gotteshaus und Haus der Gemeinde vorgesehen, nicht als Denkmal.“

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