„Ich habe mich als Opfer gefühlt“

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Lothar Ruschmeier

Lothar Ruschmeier

Ein WDR-Beitrag über den Esch-Fonds sorgte für Wirbel - Peter Berger und Andreas Damm sprachen mit dem Geschäftsführer der Oppenheim-Esch-Holding, Lothar Ruschmeier, über die neuen Messehallen, die Kölnarena sowie den Müllskandal.

KÖLNER STADT-ANZEIGER: Der Bau der neuen Messehallen ist für den Esch-Fonds ein gutes Geschäft - für die Stadt angeblich weniger.

LOTHAR RUSCHMEIER: Das ist doch absurd. Wir waren die günstigsten Anbieter. Außerdem haben wir das Zeitrisiko übernommen.

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Welches Risiko?

RUSCHMEIER: RTL hat 2003 entschieden, nicht nach Ossendorf zu gehen. Da hat der Oberbürgermeister die Rheinhallen vorgeschlagen, und RTL hat zugestimmt. Für die Messe musste kurzfristig ein Ausweichquartier gefunden werden. Denn die Rheinhallen sollen am 1. Dezember abgegeben werden.

Und da kam der Esch-Fonds als Investor gerade recht . . .

RUSCHMEIER: Die Messe hat eine Beratungsfirma mit einer Art Ausschreibung beauftragt, ein Preiswettbewerb sozusagen. Am Ende hat man sich für uns entschieden.

Warum?

RUSCHMEIER: Weil wir das finanziell günstigste Angebot vorgelegt haben; verbunden mit der Garantie, dass die Hallen pünktlich zur nächsten Möbelmesse fertig werden.

Wie sah Ihr Angebot konkret aus?

RUSCHMEIER: Ganz einfach: Wir bieten der Messe ein mit ihr gemeinsam geplantes Mietobjekt zu einem garantierten Mietpreis.

Rund 20 Millionen Euro im Jahr?

RUSCHMEIER: Diese Zahl stammt vom Stadtkämmerer. Wir haben niemals Miet- oder Baukosten genannt. Die spielen im Verhältnis zu unserem Mieter auch gar keine Rolle.

Genau das will die Öffentlichkeit aber wissen.

RUSCHMEIER: Wenn Sie eine Wohnung mieten, erklärt Ihnen der Vermieter auch nicht, wie viel Geld sie gekostet hat. Ebenso wenig diskutieren wir mit unseren Mietern: Was kostet so eine Veranstaltung? Aber nochmals. Wir hatten das günstigste aller neun Angebote.

Kosten für die Altlasten-Sanierung fielen für den Esch-Fonds jedenfalls nicht an.

RUSCHMEIER: Von Anfang an war klar: Die Messe liefert ein von Altlasten freies Grundstück. Das hatte sie jedem Investor angeboten, das war Grundlage des Wettbewerbs.

Und warum hat die Stadt nicht selber gebaut?

RUSCHMEIER: Weil sie erstens wegen ihrer Haushaltslage keine Neuverschuldung in dieser Höhe eingehen durfte und zweitens wegen ihrer Ausschreibungspflicht den Zeitplan niemals hätte einhalten können. Außerdem kann die öffentliche Hand steuerlich nichts geltend machen, im Gegensatz zu Privatinvestoren.

Bei der Kölnarena soll es gewaltige Subventionen aus der Stadtkasse gegeben haben.

RUSCHMEIER: Die Behauptung, der Grundstücksverkauf sei mit 40 Millionen Mark subventioniert worden, ist vom WDR frei erfunden. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt hat fünfeinhalb Jahre gegen mich ermittelt und alles untersucht: meinen Berufswechsel, die so genannte Luxusreise in die USA, den angeblich manipulierten Bauantrag, den Verkauf des Grundstücks, den Abschluss der Mietverträge.

Mit welchem Ergebnis?

RUSCHMEIER: Einstellung des Verfahrens ohne Auflage. Im Übrigen kommt das Bundeskriminalamt zu dem Ergebnis, dass die Stadt durch die Anmietung des Stadthauses Deutz insgesamt 400 bis 500 Millionen Mark in 30 Jahren spart, verglichen mit einer Eigeninvestition.

Der ehemalige Regierungspräsident Antwerpes hat den Esch-Fonds mit einer Krake verglichen, die sich in Köln ausbreitet.

RUSCHMEIER: Das ist ein dumpfes Vorurteil, einfach abenteuerlich. Es gibt in Köln viele Investoren. Es ist abwegig zu behaupten, dass wir alles machen. Machen wir den Rheinauhafen? Machen wir die Kalk Arcaden? Es gibt Gott sei Dank noch Leute, die sich in dem nicht ganz einfachen Immobiliengeschäft tummeln. Das ist so schön plakativ: Da gibt es ein paar reiche Leute, die verdienen sich eine goldene Nase.

Herr Ruschmeier, vielleicht liegt das Misstrauen, das es in der Stadt gegenüber dem Esch-Fonds gibt, auch an Ihrer persönlichen Rolle.

RUSCHMEIER: Das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen.

Sie haben als Oberstadtdirektor seinerzeit dem Fonds das Geschäft mit der Kölnarena ermöglicht und sind dann später in dessen Geschäftsführung gewechselt - mit Ihrem ganzen Wissen aus dem Rathaus.

RUSCHMEIER: Ich habe überhaupt kein Know-how mitgebracht. Das einzige ist: Ich kenne natürlich die Menschen hier. Und welche neuen Projekte hat denn Oppenheim-Esch in Köln begonnen, seitdem ich da bin?

Sagen Sie es uns.

RUSCHMEIER: Nur die Messehallen, sonst nichts.

Ihr Wechsel war damals höchst umstritten. Es hieß, Sie hätten sich Ihren eigenen Arbeitsplatz in der Privatwirtschaft gezimmert.

RUSCHMEIER: Das ist doch abwegig. Die Verhandlungen über den Bau der Kölnarena, einschließlich der Verträge, sind 1995 gelaufen. Damals war ich ungefähr in der Mitte meiner Amtszeit als Oberstadtdirektor. Mein Lebensziel war es, an der Spitze der Stadt zu bleiben und nicht aus dem Dienst auszuscheiden. Und wenn überhaupt etwas in Bezug auf die Kölnarena von Relevanz gewesen wäre, dann vielleicht das: Mensch, der hat sogar die Kölnarena zustande gebracht, vielleicht kann der noch mehr. Über einen Wechsel in die Privatwirtschaft habe ich damals überhaupt nicht nachgedacht. Ich wäre gerne Oberbürgermeister geworden.

Ein weiteres Großprojekt aus Ihrer Amtszeit ist die Müllverbrennungsanlage. Im Korruptionsprozess hatten Sie auffallend große Erinnerungslücken.

RUSCHMEIER: Überhaupt nicht. Die Vorgänge, um die es da ging, lagen doch sechs bis 14 Jahre zurück. Ich komme als Zeuge ins Gericht und bin eigentlich programmiert auf ganz andere Fragen. Nämlich auf alles, was bis dahin in den Medien erörtert worden ist. Und dann liest Richter Baur aus irgendeinem Protokoll vor und fragt mich, wie das damals war. Weiß ich nicht; ich hätte natürlich rumsalbadern können, aber ich weiß es nicht. Das schönste Beispiel: Mir wurde vorgehalten, dass ich mich an ein Telefonat mit dem ehemaligen Regierungspräsidenten nicht erinnern kann. Ich kann es wirklich nicht. Warum sollte ich das leugnen?

Also hat sich der ehemalige Oberstadtdirektor nichts vorzuwerfen?

RUSCHMEIER: Das Einzige, was man mir hätte vorwerfen können, ist das, was ich mir selber vorgeworfen habe: Wie konntest du so völlig ohne Misstrauen sein gegenüber Eisermann und anderen.

Sie meinen den ehemaligen Chef der Abfallgesellschaft, Ulrich Eisermann. Den haben Sie als Aufsichtsratsvorsitzender doch selber zum Geschäftsführer gemacht.

RUSCHMEIER: Das war meine größte persönliche Niederlage. Ich habe noch nie eine Müllverbrennungsanlage gebaut und hatte auch keine Ahnung, dass diese Branche anfällig für Schmiergelder ist. Ich bin in der Sache so sauber wie ein neugeborenes Kind, aber natürlich offensichtlich genauso arglos gewesen. Ich habe mich immer als Opfer gefühlt, als die Sache hochkam. Ich wäre im Leben nie auf die Idee gekommen, dass einer meint, ich könnte mitkassiert haben. Auf meinem Konto hat nie einer auch nur einen Pfennig oder einen Cent Schmiergeld gefunden.

Die Staatsanwaltschaft hat sich für Ihre Rolle in der Müllaffäre interessiert . . .

RUSCHMEIER: Gegen mich sind in dem Zusammenhang drei Ermittlungsverfahren geführt worden. Alle drei sind eingestellt, ohne Auflagen. Das ist mir wichtig, das zu sagen. Die ganzen Verdächtigungen gegen mich haben sich als völlig haltlos erwiesen. Das ist für mich ein kleiner Rest an Genugtuung, den ich empfinde. Moralisch kann jeder über mich denken, was er will.

Haben Sie jemals wieder mit Ulrich Eisermann oder anderen Beteiligten gesprochen?

RUSCHMEIER: Vor Gericht, während ich zur Zeugenvernehmung war, entstand eine Pause, in der ich es nicht vermeiden konnte, Eisermann zu begegnen. Ich habe kein Wort zu ihm gesagt. Er hat drei Worte zu mir gesagt.

Welche?

RUSCHMEIER: Tut mir Leid.

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