„Thalia“ zog ins Scala ein

Lesezeit 3 Minuten
Nach mehrjährigem Dornröschenschlaf ist in den Saal des ehemaligen „Scala“-Kinos an der Frankfurter Straße wieder Leben eingekehrt. Hier proben die „Theaterfreunde Thalia“. BILDER: K. SCHMITZ

Nach mehrjährigem Dornröschenschlaf ist in den Saal des ehemaligen „Scala“-Kinos an der Frankfurter Straße wieder Leben eingekehrt. Hier proben die „Theaterfreunde Thalia“. BILDER: K. SCHMITZ

Neues Leben im alten Kino. Die Sieglarer Mimen träumen schon von einer Studio-Bühne.

Troisdorf - Nur noch ein paar Wochen, dann können die Mimen der Theaterfreunde „Thalia“ wieder einmal Premiere feiern. Die Proben für das aktuelle Lustspiel laufen auf Hochtouren. Wer dabei Mäuschen spielen will, muss sich neu orientieren. Die eigentlich im Stadtteil Sieglar beheimatete Truppe hatte oft Schwierigkeiten, passende Übungsräume zu finden. Das Ensemble um Thomas Klein hat über den lokalen Tellerrand geschaut und ist im so genannten „Oberdorf“, dem Innenstadtgebiet an der Frankfurter Straße, fündig geworden. Hilfreich waren dazu Tipps von Kurt Schneider. Dieser ist Mitglied der CDU-Fraktion und verwies an seinen Fraktionskollegen Karl-Heinz Caspers, dessen Familie unter anderem das Gebäude des ehemaligen Scala-Theaters gehört. Wo einst James Bond oder Dick und Doof über die Leinwand flimmerten und Pärchen schmusten, wird nun geprobt.

Das unscheinbare Gebäude hat Geschichte und bestand bereits vor dem Zweiten Weltkrieg als Saal für Tanz, Karnevalsveranstaltungen und gesellige Nachmittage. In den Kriegsjahren waren hier vorübergehend auch Zwangsarbeiterinnen aus Russland untergebracht.

Eigentlich habe sein Schwiegervater das Gebäude nach dem Krieg abreißen wollen, erinnert sich Caspers. Dass es dann anders kam, hatte mit der britischen Besatzung zu tun. Diese hatte für eigene Kino-Zwecke die einstige „Schauburg“ beschlagnahmt, ein heute längst vergessenes Kino auf dem Areal des City-Centers. Die „Schauburg“-Betreiber verwiesen auf den alten Tanzsaal an der Frankfurter Straße. Die Briten nahmen an. Als erster Film wurde im neuen, „Scala“ genannten Kino „Das doppelte Lottchen“ gezeigt.

Nach den Briten pachtete ein Troisdorfer das Kino. Als dieser dann aus beruflichen Gründen nach Amerika wechselte, übernahm Familie Lanzerath Ende der 60-er Jahre den Lichtspielbetrieb. Neue Medien wurden zur gewaltigen Konkurrenz. Mit Unterstützung der Bonner „Brotfabrik“ wurde versucht, die Scala als Programmkino zu etablieren. Der Versuch misslang. Ende der 90-er Jahre wurde der Betrieb aufgegeben.

Die Technik ist demontiert, auch die Stuhlreihen fehlen. Doch ein bisschen ist noch Kinoatmosphäre zu erkennen. Das Kassenhäuschen ist ebenso noch vorhanden wie die Vorhänge zum Saal oder die getrennte Loge. Die „Thalia“-Mimen fühlen sich wohl. Zwei Mal pro Woche wird geprobt. In drei Wochen hat das Lustspiel „Lügen haben kurze Beine“ Premiere - eine reichlich irre Geschichte und nicht leichte Aufgabe für die Truppe. Gespielt wird auf einer zweigeteilten Bühne. John Smith (Thomas Klein) ist Taxifahrer in London und Bigamist. Keine seiner beiden Frauen (Martina Büsing, Sonja Steckel) ahnt von der anderen. Die Katastrophe droht, als sich beider Kinder - Vicky und Gavin - erst im Internet und dann persönlich kennen lernen wollen. Origineller Gag: Da zwei Ehefrauen und zwei Kinder vorhanden sind, wird auf beiden Bühnenteilen streckenweise synchron parliert. Mehr soll nicht verraten werden.

Ob der alte Kinosaal immer und ewig als Probenraum zur Verfügung steht, wissen weder die Hobbymimen noch die Besitzerfamilie Caspers. Claudia Klein - sie spielt die Vicky - denkt laut: „Eine Studiobühne, das wäre ein Traum.“

KStA abonnieren