Die Angst vor dem Stuhl

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Eine Untersuchung gehört nicht zwangsläufig zum Frauenarztbesuch: Sogar die Pille gibt es schon nach einem ausführlichen Gespräch.

Eine Untersuchung gehört nicht zwangsläufig zum Frauenarztbesuch: Sogar die Pille gibt es schon nach einem ausführlichen Gespräch.

Die 14-jährige Sophie hat "voll Angstvorm ersten Mal Frauenarzt". Die zwei ältere Karin schreibt auf derInternetseite "loveline.de", dass sie es "nur halb so schlimm" fand,da sie sich "erst ein paar Monate später auf den Stuhl begebenmusste". Doch häufig verzichten Frauenärzte bei den ersten Besuchenauf eine Untersuchung auf dem Gynäkologenstuhl, der viele abschreckt.

Jede zweite 15-Jährige war bereits beim Frauenarzt, ergab eineUntersuchung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)in Berlin, die hinter der Informationsseite "loveline.de" steht. Einbestimmtes Alter, in dem sich junge Mädchen gynäkologisch untersuchenlassen müssen, gibt es aber nicht. Eine jährliche Untersuchung zurKrebsvorsorge empfehlen Krankenkassen erst ab dem 20. Lebensjahr.

"Viele Mütter glauben, dass ihre Tochter zum Frauenarzt muss, wennsie ihre Regel hat. Das stimmt nicht", sagt Bettina Witte deGalbassini, Ärztin bei Pro Familia in Friedberg. Nur wenn ein MädchenBeschwerden habe oder verhüten wolle, sei der Besuch notwendig.

Doch auch ohne diese Gründe macht ein Besuch beim Frauenarzt oderin einer Beratungsstelle wie Pro Familia Sinn. "Viele Mädchenschleppen sich jahrelang mit Problemen herum und trauen sich nichtzum Arzt", sagt Gisela Gille, Vorsitzende der Ärztlichen Gesellschaftzur Gesundheitsförderung der Frau in Lüneburg. Um die Scheu zunehmen, bieten Frauenärzte Mädchensprechstunden ohne Termine an.

Für einen Besuch beim Arzt ist die Erlaubnis der Eltern nichterforderlich. Nur bei einem körperlichen Eingriff wie derVerschreibung der Verhütungspille, müssen die Eltern bei Jugendlichenunter 16 Jahren zustimmen. Manchmal machen Ärzte davon eine Ausnahme."Wenn das Mädchen die notwendige Einsicht mitbringt, kann die Pilleohne Einwilligung der Eltern verschrieben werden", sagt ChristianAlbring, Präsident des Berufsverbandes der Frauenärzte in München.

Einen Frauenarzt finden Jugendliche über Empfehlungen der Mutteroder Freundinnen oder unter www.maedchensprechstunde.de. Gilleempfiehlt, zunächst in der Praxis anzurufen und Fragen zu stellen.Eine besondere Vorbereitung auf den Besuch ist nicht notwendig. "DerTermin sollte möglichst nicht in der Zeit der Regel liegen", sagtGille. Normales Waschen sei völlig ausreichend. Hilfreich ist, vordem ersten Besuch einige Fragen aufzuschreiben.

Manche Ärzte führen zunächst durch die Praxis. Anschließend folgtein Gespräch, in dem der Arzt Fragen stellt: Über den Zeitpunkt derersten Regel, frühere Krankheiten und den ersten Geschlechtsverkehr.Liegen keine Beschwerden vor, ist die körperliche Untersuchung nichtnotwendig. Bei Blutungsproblemen kann der Arzt den per Ultraschalluntersuchen. Tritt hingegen riechender Ausfluss auf oder juckt es imIntimbereich, ist eine Untersuchung auf dem Gynäkologenstuhl nötig.

Gewöhnlich führt der Arzt ein Spekulum ein und untersucht denGebärmutterhals und den Muttermund. Anschließend nimmt er mit einemWattestäbchen ein wenig Scheidensekret auf. Bei der Tastuntersuchungführt der Arzt einen Finger in die Scheide ein und tastet mit deranderen Hand den Bauch ab - dadurch kann er Gebärmutter undEierstöcke untersuchen.

Schamgefühl bei diesen Untersuchung findet Gille normal. Angstmüsse aber kein Mädchen haben. Und auch wenn es den Besuch nichtschön finde, gehöre er doch dazu. "Zum Zahnarzt zu gehen, ist auchnicht nur schön. Trotzdem muss man hin, und das ist dann auch o.k."

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