ZwangsversteigerungDas Kirchenschiff bleibt in der Familie

Lesezeit 3 Minuten
Die Kirche bleibt im Dorf – und im Besitz der Familie.

Die Kirche bleibt im Dorf – und im Besitz der Familie.

Rondorf – Es war eine spannende halbe Stunde in Saal 18 im Kölner Amtsgericht am Reichenspergerplatz. Die Rechtspflegerin Cornelia Vollmar-Specks hatte das „Miteigentumsanteil von 451 Tausendstel am Grundstück Gemarkung Rondorf-Land, Flur 92, Flurstück 489/103“ zur Versteigerung aufgerufen. Der Verkehrswert lag bei 765 000 Euro. Es ging um das Kirchenschiff der ehemaligen Pfarrkirche Heilige Drei Könige, das seit 25 Jahren den Architektenfamilien Paul und Martin Link mit Vater Rolf Link als Arbeitsstätte dient.

Die Familien Link hatten Freunde aus dem Dorf und Angehörige mitgebracht, der Saal war mit mehr als 30 Personen voll besetzt. Eine halbe Stunde Zeit hatte die Rechtspflegerin fürs Ersteigern eingeräumt. Paul und Martin Link wussten, dass ihr Schwager Bernd Mannhardt ein Gebot abgeben würde – ob sich ein Mitbieter im Saal befand, wussten sie nicht.

Anspannung und bedrückende Stille herrschte im Raum. Erst in der allerletzten Minute bot Bernd Mannhardt 290 000 Euro. „Das ist doch nichts“, raunten einige Besucher. Nach einer kurzen Besprechung mit Vertretern der Banken und einem Anwalt draußen auf dem Flur erhöhte er auf 400 000 Euro. Es hatte etwas von einer Inszenierung. „Zum ersten, zum zweiten und zum dritten“, sagte schließlich die Rechtspflegerin und gratulierte dem neuen Eigentümer der außergewöhnlichen Rondorfer Büro-Immobilie.

Trotz der Niedergeschlagenheit über den Eigentumsverlust machte sich eine gewisse Erleichterung bei den Links breit. „Das Objekt bleibt in der Familie“, sagte Paul Link und zeigte sich einigermaßen zufrieden. Bernd Mannhardt wird nun Gläubiger bedienen. Die Zwangsversteigerung war nötig, weil Immobiliengeschäfte zu wirtschaftlichen Schwierigkeiten geführt hatten.

„Kein Kommentar“

„Es ist eine gute Lösung“, wiederholte Paul Link einen Tag nach der Versteigerung, als sich die erste Aufregung gelegt hatte. „Wir hoffen nun, dass alles so bleibt wie bisher“, betonte er. Die Architekten Link möchten weiter in den Räumen des Kirchenschiffs arbeiten, die nun nicht mehr ihr Eigentum sind. Wenn alles glatt läuft, wird ein Mietvertrag geschlossen zwischen den Links und dem Schwager Bernd Mannhardt. Dieser hüllt sich bislang noch in Schweigen. „Kein Kommentar“, sagte er gegenüber der Presse.

Die Familien leben samt den Enkelkindern im ehemaligen Turm der Kirche an der Rondorfer Hauptstraße. „Das ist eine Mehrgenerationengeschichte, und Wohnen und Büro gehören einfach zusammen“, sagte Paul Link. Falls diese Kombination nicht mehr möglich sei, würden die Links ausziehen. Der 85-jährige Vater Rolf Link hat das Gotteshaus 1987 gekauft. Auch er ist ein Architekt und war ein Schüler des Kirchenbaumeisters Dominikus Böhm. Das Erzbistum errichtete für die damals wachsende Gemeinde Rondorf/Hochkirchen/Höningen ein neues Pfarrzentrum. Die Dreikönigskirche wurde nicht mehr benötigt und entweiht. Das Kirchenschiff wurde zur Arbeitsstätte, im Turm entstanden vier Wohnungen, die allerdings nicht von der Versteigerung betroffen sind.

Es ging nur um das gewerblich genutzte Kirchenschiff. Seit einigen Jahren wird der hohe Raum für Veranstaltungen, für Konzerte und Kunstausstellungen genutzt. Aktuell sind dort 30 Bilder zu sehen, die vier Flüchtlingsmädchen gemalt haben. Es sind verstörende, aber auch hoffnungsvolle Gemälde. Da werden Bomben zu Tränen und Panzer zerstören Häuser. Aber da sind auch die Träume von einer Zukunft, in der es Liebe und Freundschaft gibt.

Seit Jahresbeginn leben die syrisch-palästinensischen Schwestern Sara, Marya und Nour sowie ihre syrische Freundin Fatima in einem Flüchtlingsheim in Poll. Was sie seit der Flucht aus Damaskus und Aleppo erlebten, haben die Mädchen mit dem Pinsel festgehalten. Paul Link, der sich in der Flüchtlingsinitiative „Wiro“ engagiert, möchte noch weitere Veranstaltungen mit und für Flüchtlinge durchführen, wenn möglich. Die aktuelle Ausstellung ist voraussichtlich bis Ende April an Wochentagen von 9 bis 16 Uhr in der ehemaligen Kirche an der Rondorfer Hauptstraße 45 zu besichtigen.

KStA abonnieren