Taubenschau in HorremSchönheit alleine reicht nicht

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Die Tauben von RV-Meister Gerhard Britz aus Quadrath-Ichendorf legten in dieser Flugsaison insgesamt 22 806 Preiskilometer zurück.

Die Tauben von RV-Meister Gerhard Britz aus Quadrath-Ichendorf legten in dieser Flugsaison insgesamt 22 806 Preiskilometer zurück.

Kerpen-Horrem – Leises Gurren erklang aus der Box mit der Nummer 27, ein graues Köpfchen lugte neugierig durch die Gitterstäbe. Zwei, drei Trippelschritte, und flugs hatte sie sich für das bevorstehende Blitzlichtgewitter wieder dekorativ in Position gebracht. Sie war schon eine Augenweide, die „gefiederte Perle“ von Theo Wirtz aus Frechen-Grefrath, die ihrem Züchter bei der Taubenschau in Horrem unlängst die Höchstpunktzahl (93,5 von 95) eingebracht hatte. Während sich die „Perle“ am Fotoshooting erfreute, erholte sich die Kollegin nebenan mit einem kurzen Nickerchen vom anstrengenden Schönsein.

„Dabeisein ist alles“, galt indes für die meisten der in langen Käfigreihen in der Einsatzhalle positionierten Brieftauben unterschiedlichster Couleur, denn die begehrten Preise in Form von Rosetten und Pokalen in verschiedenen Kategorien „Vögel“, Weibchen“, „Jährige“ und „Junge Tauben“, konnten nur je zwei von 118 Tauben erringen. Bis dies so weit war, hatten Eugen Hövel, seit 16 Jahren Vorsitzender der Reisevereinigung Horrem, und seine Vereinskameraden sowie die beiden Preisrichter jedoch schon viele arbeitsreiche Stunden hinter sich gebracht.

Innerhalb nur eines Nachmittags war die Halle übergangsweise in einen Taubenschlag verwandelt worden, bevor dann innerhalb der nächsten drei Stunden alle Tauben nach den Kriterien „Knochenbau“, „Form und Festigkeit des Gefieders“, „Muskulatur, Harmonie und Gleichgewicht des Körpers“ sowie „Gesamteindruck“ bewertet wurden.

Flugkilometer sammeln

Aber für einen Platz auf der preisträchtigen oberen Querstange reicht Schönsein alleine nicht. Denn im Laufe der vergangenen Reisesaison hatten die geflügelten Boten mehrere Tausend Flugkilometer hinter sich bringen müssen, wie die roten Bewertungskarten an den Käfig-Seitenwänden eindrucksvoll dokumentierten. Gestartet wird im April zunächst mit der vergleichsweise geringen Entfernung von rund 50 Kilometern, der erste Auflassort befindet sich in der Nähe von Aachen. An den Folgewochenenden geht es weiter Richtung Südwesten, zunächst nach Belgien, dann nach Frankreich. Dass ihre Tauben stattliche Entfernung von 680 Kilometern zurücklegen, war in den Reihen der RV Horrem nicht immer selbstverständlich. Denn der traditionsreiche Verein hat seit seiner Gründung im Jahre 1921 schon turbulente Zeiten mit allen nur erdenklichen Höhen und Tiefen erlebt. Zu den betrüblichen Erinnerungen der Horremer Taubenfreunde gehört dabei gewiss die Hysterie um die Vogelgrippe im Jahre 2007. Fast täglich gab es seinerzeit neue Vorschriften, in Frankreich wurde das gesamte Land für Wettbewerbe gesperrt.

Hohe Verluste

Aus der Notwendigkeit heraus entschied man sich, die Jungreise übergangsweise in der Süd-Ost-Richtung zu starten. Ein Umstand, der für die damalige Transportgemeinschaft Horrem/Pulheim mit hohen Taubenverlusten verbunden war. Doch auch diese Schwierigkeiten meisterte man mit Bravour und schuf in den Folgejahren mit vereinten Kräften gute wirtschaftliche Perspektiven und eine solide sportlich-finanzielle Basis. Neue Zeiten stellen die Taubenzüchter vor neue Herausforderungen. „Die moderne Technik, beispielsweise elektronischer Konstatiersysteme, hat schon lange Einzug gehalten“, erzählte Hövel.

Alles in allem macht die demografische Entwicklung auch vor dem Taubensport keinen Halt. „Die Züchter- und Taubenzahlen aus den Boom-Zeiten der 1960er-Jahre sind heute nicht mehr zu erreichen“, bedauerte Hövel. Umso mehr freute er sich über die Leistungen seiner Vereinskollegen.

An den Wänden des gemütlichen Clubhauses künden zahlreiche Urkunden von deren Zuchterfolgen: Die Tauben holten hohe Bewertungen auf Kreis-, Landes- und Bundesschauen, schnitten bestens ab auf nationalen wie internationalen Preisflügen. Als RV-Meister wurde unter anerkennendem Publikumsbeifall dann Gerhard Britz aus Quadrath-Ichendorf mit insgesamt 22 806 Preiskilometern geehrt. Die Plätze zwei und drei sicherten sich Kaspar und Regina Kendzia aus Kerpen-Buir (22 661 Preiskilometer) und der Sindorfer Joachim Plessem mit 19 931 Preiskilometern.

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