Er will auf dem Teppich bleiben

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Mit Disziplin und Trainingsfleiß hat sich der junge Frechener Mevludin Cokovic an die Weltspitze in seiner Altersklasse geboxt. Der Weg dahin war nicht immer leicht.

Mit Disziplin und Trainingsfleiß hat sich der junge Frechener Mevludin Cokovic an die Weltspitze in seiner Altersklasse geboxt. Der Weg dahin war nicht immer leicht.

Frechen - Er tänzelt im Ring. Macht Druck: Eine Rechts-Links-Kombination folgt der nächsten. Der Gegner taumelt, seine Deckung schwächelt. Die Rechte schießt auf die Kinnspitze, der Gegner geht zu Boden, wird ausgezählt. Der Kampf ist beendet. Der rechte Cross ist die Spezialität des Frechener Boxers Mevludin Cokovic. Sein Manager Kohl vom Universum Boxstall, der zuletzt die Klitschkos unter Vertrag hatte, bezeichnet ihn als „Ausnahmetalent“.

Der erste Mann, der ihn trainiert hat, Stefan Raaff (38) aus dem Frechener Kampfsportcenter, prognostiziert ihm „eine große Zukunft, wenn er so diszipliniert weiter arbeitet“. Und behielt Recht: Der 20-jährige Frechener hat es bis nach ganz oben geschafft. „Durch harte Arbeit“, sagt der Amtierende WBC Youth Champion im Supermittelgewicht. Unter dem Künstlernamen Konni Konrads hat er sich am 25. Oktober den Weltmeistertitel gegen den Engländer Jamie Hearn (23) im Wiener Eurosportstudio erboxt.

LEUTE AN

RHEIN UND ERFT

„Der Weg dahin war schwierig“, erzählt der Profiboxer. Mit elf Jahren stand er im Frechener Kampfsportcenter zum ersten Mal auf der Matte: „Kumpels hatten mich mitgenommen, und wir haben dann zusammen in einer Großgruppe von 25 Mann dreimal in der Woche hobbymäßig trainiert.“ Stefan Raaff, der selber Titel im Kickboxen vorzuweisen hat, brachte dem gebürtigen Serben die Grundtechniken des Boxens und Kickboxens bei. Von den 55 Kämpfen in seiner Anfängerzeit verlor er nur neun. „Heute kämpfen Anfänger nicht mehr so viel. Ich stand fast jeden Samstag auf der Matte.“ Seine bitterste Niederlage in dieser Zeit fügte ihm ein kleiner Marokkaner zu. „Der hat mich mit Hieben nur so eingedeckt, ich hatte zu viel Respekt, hab' zugemacht und nach Punkten verloren.“ 2001 wurde Uli May für kurze Zeit Boxtrainer in Frechen und überredete Mevludin, sich nur auf das Boxen zu konzentrieren. Mit ihm zusammen wechselte der Amateurboxer noch im selben Jahr zu „Reusch Boxing Cologne“. Dort erhielt er die erste finanzielle Unterstützung für sein Equipment und gewann unter Mays Führung 2002 die Deutschen Meisterschaften: „Ich hab den kleinen Marokkaner, der mich das Jahr zuvor besiegt hatte, im Finale geschlagen. Meine Revanche“, grinst Konrad.

Zu dieser Zeit ging der Schüler jeden Tag nach dem Unterricht zum Training. Für seinen Kraftaufbau war der Bodybuilder und Ernährungsexperte Clive Salz zuständig. „Drei Krafttrainingseinheiten, drei Boxeinheiten pro Woche und im Sommer jedem Morgen vor der Schule joggen, das ist hart, aber in der Zeit hab ich Biss gekriegt.“ Seit seinem Schulabschluss mit 17 Jahren widmet sich der Champion nur noch dem Boxen. Sechs mal in der Woche zwei Trainingseinheiten, morgens und abends.

Unterstützung und Motivation findet er bei seiner Frau Nicole und in seiner kampfsportbegeisterten Familie: „Meine Geschwister boxen selber und sind talentiert, da macht es doppelten Spaß zu trainieren. Bei meiner Frau gibt's totale Entspannung. Kein Boxen. Sie hat ein wenig Angst vor den Kämpfen.“

Davon gab es viele. Mit siebzehneinhalb den ersten als Profi. Im Kölner Maritim Hotel schlug er einen Tunesier, der 25 Kämpfe Profierfahrung hatte, in der zweiten Runde k.o.. Die ersten Runden sind für ihn bis heute die schlimmsten: „Danach ist die Nervosität weg. Und dann kommt meist mein rechter Cross.“ An den sich sicherlich sein tunesischer Gegner auch noch erinnert. Eurosport übertrug seinen achten Kampf in Magdeburg im Fernsehen.

Mit 19 Jahren stand Konni Konrads plötzlich auf der Straße. Sein damaliger Boxstall musste schließen. Elf Profi-Kämpfe hatte er da absolviert, elfmal gewonnen, davon sechs durch k.o.. - und dachte nun daran, auf dem Bau zu arbeiten, um seine kleine Familie zu ernähren. Das rettende Angebot erhielt er vom populären Boxstall Universum aus Hamburg. Sein Bewährungskampf fand am 9. April 2005 statt. Seitdem hat der Bosnier keinen Apfel mehr angerührt: „Vorher acht Monate Boxpause, da musste ich erst einmal wieder auf 76 Kilo Kampfgewicht runterhungern. Vor dem Fight hatte ich dann so einen Hunger, dass ich noch einen Apfel essen musste. Der hing mir dann in der ersten Runde im Hals. Beim Gong nach der ersten hat er sich verabschiedet - danach lief es wirklich gut.“

Konrads gewann den wichtigen Kampf nach Punkten. Und den Titel sechs Monate später. Von seinem Titelkampfgegner Hearn meint er nur: „Der konnte viel einstecken. Er hat schon in der vierten Runde gewankt, aber ging nie zu Boden.“ Also wieder ein Sieg nach Punkten. Im Februar muss Konni „KoKo“ Konrads wieder in den Ring: Titelverteidigung. Für den in Frechen aufgewachsene Profi steht nun eine zweimonatigen Vorbereitungin Hamburg auf dem Programm. Angst davor, dass alles mit einem Schlag vorbei sein kann, hat er nicht: „Darüber denke ich nicht nach, dass lenkt nur ab.“ Er blickt nach vorn: „Ich möchte meine Gewichtsklasse irgendwann dominieren und auf dem Teppich bleiben. Auch wenn du in großen Kreisen hängst, solltest du nicht vergessen, wo du herkommst.“

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