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Reliquien im Altenberger DomRückkehr von Johannes und Paulus

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Odenthal – „Das ist ein Fest für Altenberg, ein Fest für uns alle.“ Mit diesen Worten kommentierte der emeritierte Kölner Erzbischof Joachim Kardinal Meisner die Rückkehr der Johannes und Paulus-Reliquien in den Dom. Sie gehörten einst zum Höhepunkt der Altenberger Gottestracht und waren „der kostbarste Schatz der Abteikirche“, wie Dompfarrer Johannes Börsch formuliert.

Vor mehr als 200 Jahren waren sie in den Wirren der Auflösung des Zisterzienserklosters verloren gegangen. Vermutlich hatte sie der damalige Pfarrer der Odenthaler Pankratiuskirche aus dem Schutt des zerstörten Gotteshauses geborgen und so sicher verwahrt, dass die beiden Schädel mit ihrer barocken Textilhülle erst vor drei Jahren in einer Holzkiste in der Basilika im Ortskern wiederentdeckt wurden.

„Ein sensationeller Fund“, freute sich Monsignore Börsch damals. Johannes und Paulus sind bedeutende Heilige aus frühchristlicher Zeit. Im 4. Jahrhundert sollen die beiden hochrangigen römischen Hofbeamten unter Kaiser Julian Apostata in ihrem eigenen Haus hingerichtet worden sein, weil sie sich weigerten, ihrem Glauben abzuschwören und einem weltlichen Herrscher zu dienen. In der katholischen Kirche gehören sie zu den „Wetterheiligen“ (die auch vor Blitz und Donner schützen), zum Hochgebet sowie zur Allerheiligenlitanei.

Fast zwei Jahre waren die Textilrestauratorinnen Ulrike Reichert und Gabriele Muders-Schaudt mit der Aufarbeitung der Stoffe und Knochenfragmente beschäftigt. Zwar wurden lediglich Reste einer Mottenpuppe auf dem ehemals roten Seidenbrokat gefunden, doch war das Gewebe inklusive der künstlichen Blütenkränze verstaubt und teilweise verschmutzt, die Bronzefäden der Stickereien oxidiert. Auch Teile des mittelalterlichen Stoffs, in dem die Häupter beim Ankauf gelagert waren, haben sich erhalten und wurden sorgsam konserviert. Lose Schädelfragmente konnten mit Lasertechnik gereinigt und mit Knochenleim verklebt werden.

Belegt ist, dass Abt Hermann von Hochheim 1344 die Schädelreliquien von einem „guten gottesfürchtigen Reisenden“ erwarb, wie historische Urkunden sowie eine erneute Echtheitsprüfung aus dem Jahr 1702 belegen. Immer wieder waren Zweifel aufgekommen, denn auch die Italiener, die über der römischen Villa der Märtyrer die Johannes und Paulus-Basilika errichteten, rühmen sich des Besitzes. Die Altenberger sind sich ihrer Sache jedoch schon seit Jahrhunderten sicher und attestierten „einen Glauben ohne jeden Zweifel, was auch immer die Römer über diese Häupter oder deren Leiber fabulieren mögen.“

„Umziehen“ mussten die Johannes und Paulus-Reliquien immer wieder in den vergangenen Jahrhunderten. Oft hatten es weltliche Herrscher auf die kostbaren silbernen und goldenen Gefäße abgesehen, die sie einzogen, um damit ihre Kriegskasse zu füllen. Jetzt sind sie in gläsernen Kuben untergebracht, Schaukästen mit speziellem Lichtschutz, die der Kölner Künstler Professor Heinz Mack gestaltet hat.

Umziehen müssen sie aber auch in Zukunft. Aus Rücksicht auf die Bedürfnisse der evangelischen Kirche werden sie nicht fest im Dom installiert, sondern in der Sakristei aufbewahrt und nur zu besonderen Anlässen gezeigt. Die Rückkehr in die einstige Abteikirche wurde mit einer Prozession durch das Gotteshaus gefeiert. Kardinal Meisner hatte den Behältnissen zuvor Urkunde und Siegel beigefügt. „Wer nicht mehr missioniert, der hat schon demissioniert“, sagte Meisner in seiner Predigt. Kirche sei keine Institution, sondern Expedition. In Altenberg stehen die Zeichen denn auch auf Flagge zeigen: Zwischen Pfarrhaus und Großbaustelle Haus Altenberg weht schon seit längerem die Fahne von „Kloster Altenberg“. Vor ein paar Jahren noch wäre dies unmöglich gewesen; mussten gar politische Präsentationen wegen des strittigen Begriffs umgeschrieben werden. Altenberg sei schließlich keine Abtei mehr, argumentierte damals unter anderen die evangelische Kirchengemeinde. Offizieller Protest aus dem Martin-Luther-Haus blieb bislang allerdings aus. Man wolle kein Öl ins Feuer gießen, war zu hören.

Mit der Rückkehr der heiligen Häupter, ihrer Geschichte sowie Details der Restaurierung beschäftigt sich auch die aktuelle Ausgabe der von Norbert Orthen herausgegebenen „Altenberger Blätter“, die es für vier und sechs Euro (mit farbigen Illustrationen) im Pfarrbüro gibt.

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