Kölner SilvesternachtDas ist in den ersten Tagen seit den Übergriffen passiert

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Die Halle des Hauptbahnhofs ist deutschlandweit zum Symbol für die Diskussion über Konsequenzen der Übergriffe der Silvesternacht geworden.

Die Halle des Hauptbahnhofs ist deutschlandweit zum Symbol für die Diskussion über Konsequenzen der Übergriffe der Silvesternacht geworden.

1. Februar 2016: Einen Monat nach den gewaltsamen Übergriffen am Kölner Hauptbahnof stellt sie Stadt Köln am Montagmittag (1. Februar) ihr Sicherheitskonzept für Karneval vor. Das bisherige Konzept für die jecken Tage ist komplett neu strukturiert und ausgebaut worden. Allein an Weiberfastnacht am Donnerstag sollen 2500 Polizisten in Köln auf der Straße sein.

29. Januar: Polizisten am Kölner Hauptbahnhof werden mit mobilen Kameras ausgestattet. Die sogenannten „Bodycams“ sollen Gewalttäter abschrecken. Die Testphase soll zwölf Monate dauern.

Domkapitel, Verwaltung und Polizei beschließen, die Sicherheit am Dom an Karneval zu verbessern. Zu den Plänen gehören Bauzäune und eine deutlich höhere Präsenz von Ordnungskräften.

Alles zum Thema Henriette Reker

28. Januar: Mehrere Kölner Schulen mahnen ihre Schüler nach den Ereignissen der Silvesternacht zur Vorsicht beim Feiern. Am weitesten geht die Erzbischöfliche Ursulinenschule: Das Mädchengymnasium, gelegen im Kunibertsviertel unweit des Hauptbahnhofs, plant, an Weiberfastnacht erstmals einen variablen Ferientag anzusetzen. „Wir wollen unseren Schülerinnen an diesem Tag den Weg zur Schule ersparen“, erklärt Maike Strung aus dem Schulsekretariat.

Die Kölner Polizei verbietet rund 40 Verdächtigen an den Karnevalstagen den Zugang zur Altstadt und Zülpicher Straße. So sollen Tatverdächtige aus der Silvesternacht von den Jecken ferngehalten werden.

27. Januar: Die Bundesregierung reagiert mit einem neuen Gesetzentwurf auf die Silvesterübergriffe in Köln. Die Schwellen für die Ausweisung straffällig gewordener Ausländer sollen gesenkt werden.

Der NRW-Landtag beschließt, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen. Dieser soll klären, warum die Polizei am Kölner Hauptbahnhof massenhafte Übergriffe auf Frauen nicht verhindern konnte. Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker soll als Zeugin aussagen

Dem Kölner Amtsgericht liegt derweil eine erste Anklage gegen Beschuldigte aus der Silvesternacht vor. Schon im Februar könnte es zum Prozess kommen.

Lesen Sie im nächsten Abschnitt: Spezialisten von Scotland Yard unterstützen bei den Ermittlungen in Köln - eni neuer Polizeipräsident tritt den Dienst an.

26. Januar: Britische „Super Recognizer“ unterstützen das Kölner Ermittlungsteam bei der Auswertung der Kamerabilder von der Silvesternacht. Sie haben die besondere Fähigkeit, sich Gesichter, aber auch Namen so gut merken, dass sie sich auch Jahre später noch an sie erinnern können.

21. Januar: Prominente Kölner unterzeichnen die „Kölner Botschaft“ zum Kampf gegen sexuelle Gewalt, Kriminalität und Fremdenhass. 20. Januar: Die Zahl der Strafanzeigen steigt auf 1000, bei rund 40 Prozent der Fälle wird wegen Sexualdelikten ermittelt.

19. Januar: Jürgen Mathies tritt die Nachfolge von Wolfgang Albers als Polizeipräsident in Köln an.

10. Januar: Bei zwei gewaltsamen Übergriffen in der Kölner Innenstadt werden mehrere Migranten verletzt. Mehrere Personengruppen suchten offenbar gezielt Provokationen. In der Trankgasse greifen 20 Personen sechs Pakistaner an. Am Kaiser-Wilhelm-Ring attackierten gehen zehn Angreifer auf einen Syrer los.

Bei einer Kundgebung am Dom distanzieren sich syrische Männer von den Taten der Silvesternacht. Sie halten Transparente mit der Aufschrift „Sorry Mädels, wir Syrer schämen uns für diese Arschlöcher“ in die Höhe. Die Gruppe „Syrische Männer für Fairness“ verteilt entsprechende Flugblätter an der Uni Köln.

9. Januar: Bei einer Pegida-Demonstration in der Kölner Innenstadt gerät die Lage außer Kontrolle: Hooligans randalieren, werfen Flaschen auf Menschen und Autos, Böller explodieren. Mindestens zwei Menschen werden verletzt. Nach einer knappen halben Stunde stoppt die Einsatzleitung den Aufmarsch und erklärt den Aufmarsch für beendet. 15 Personen werden festgenommen.

8. Januar: Der Kölner Polizei gelingt die Ortung einiger Mobiltelefone, die in der Silvesternacht gestohlen wurden. Die Handys werden in der Nähe von Flüchtlingsunterkünften ausgemacht.

Ein Sprecher des Landesamtes für Zentrale Polizeiliche Dienste (LZPD) gibt bekannt, dass die Kölner Polizei trotz der äußerst brisanten Lage am Hauptbahnhof eine angebotene Verstärkung abgelehnt hat. Die Landesleitstelle in Duisburg hatte den Kölnern eine Hundertschaft zur Verfügung gestellt, Köln lehnte jedoch ab. Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker distanziert sich klar von der Polizei.

NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) versetzt Polizeipräsident Wolfgang Albers wegen seiner desaströsen Informationspolitik am späten Nachmittag in den einstweiligen Ruhestand. Als Nachfolger sind Birgitta Radermacher, seit 2010 Polizeipräsidentin für den Raum Wuppertal, Solingen und Remscheid sowie dem Düsseldorfer Polizeipräsidenten, Norbert Wesseler, im Gespräch.

Lesen Sie im nächsten Abschnitt: Henriette Reker erntet mit der „Armlänge“ Spott und Hähme im Netz.

5. Januar: Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker beruft ein Krisentreffen ein. Gemeinsam mit den Spitzen der Polizei beschließt sie stärkere Videoüberwachung für neuralgische Punkte in Köln. Ihr Vorschlag, Frauen sollten zu Fremden „eine Distanz halten, die weiter als eine Armlänge ist“, bringt ihr im Netz eine Menge Spott ein.

Zum Thema Gewalt gegen Frauen gehen am Dienstagabend knapp 300 Menschen auf die Straße; alles bleibt friedlich. 4. Januar: Auf einer Polizei-Pressekonferenz zum Thema berichten die Beamten von einem bedrohlichen Ausmaß der Taten: Mehr als 1.000 Männer gehören zu der Gruppe, die für die Übergriffe verantwortlich gemacht wird. In etwa zur selben Zeit wird klar: Die Polizeiführung hat die Herkunft der Täter verschwiegen: Nicht nur „Antänzer-Trickdiebe“, sondern auch um Männer aus Syrien, dem Irak und Afghanistan waren beteiligt. Offiziell ist jedoch von „Nordafrikanern“ und „Menschen aus dem arabischen Raum“ die Rede. Von Bundesinnenminister Thomas de Maizière kommt Kritik: Die Kölner Polizei hätte versagt, findet der CDU-Politiker.

Der LVR, der Weißer Ring und andere Hilfsorganisationen richten Hilfsangebote für die Opfer der Übergriffe ein. Erste Touristen sagen ihre Reisen nach Köln ab.

2. Januar: Zehn Polizeibeamte bilden die Ermittlungsgruppe „Neujahr“, die für die Aufklärung der Taten sorgen soll. Fünf Verdächtige werden am Breslauer Platz festgenommen, als sie einem 25-Jährigen das Handy stehlen. Die Festgenommenen werden der eingerichteten Ermittlungsgruppe der Kölner Polizei übergeben.

Immer mehr Augenzeugen und Opfer melden sich zu Wort. Sie alle schildern, wie sie von einer Meute junger Männer begrapscht, bedroht, beleidigt und ausgeraubt wurden. Die Zahl der Anzeigen steigt mit jedem Tag: Zunächst sind es rund 30, dann 60 und bald 100.

Lesen Sie im nächsten Abschnitt: So verlief die Silvesternacht

1. Januar 2016: In einer Pressemitteilung um 9 Uhr schreibt die Polizei, die Silvesterfeier in der Innenstadt sei „friedlich“ verlaufen. Von den unglaublichen Vorgängen am Dom ist mit keinem Wort die Rede.

Kurz darauf berichtet der „Kölner Stadt-Anzeiger“ als erstes Medium über die sexuellen Übergriffe am Hauptbahnhof. Am späten Nachmittag erscheint der erste Bericht eines Opfers auf der Webseite des Kölner Stadt-Anzeiger. Darin schildert eine 22-Jährige, was sie an dem Abend erlebt hat. Die junge Frau ist eine der ersten, die Anzeige erstattet.

31. Dezember 2015, cirka 1 Uhr: Die Polizei erhält nach eigenen Angaben die ersten Hinweise von Frauen, die berichten, sie seien sexuell belästigt worden. Sofort, so Direktionsleiter Temme, seien alle verfügbaren Beamten vor den Hauptbahnhof zusammengezogen worden. Frauen, die nicht in Begleitung gewesen seien, habe man angesprochen und bis zum Bahnhofseingang begleitet und beschützt.

0.30 Uhr: Die aggressive Stimmung am Hauptbahnhof hält an: Mindestens 200 angetrunkene junge Männer mit ausländischem Hintergrund pöbeln in der überfüllten Bahnhofshalle Passanten an und belästigen zahlreiche Frauen.

23.30 Uhr: Die Polizei räumt wegen einer drohenden Panik die Domtreppe.

23 Uhr: Es herrscht reges Gedränge am Hauptbahnhof, der Ausgang Richtung Dom ist überfüllt. Die Täter beginnen, die Menge einzukreisen. Offenbar gelingt es ihnen, einige Handys zu erbeuten. Auf dem Bahnhofsplatz fliegen Raketen und Böller in die Menge.

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