Bürger-Veto240 Jahre alte Blutbuche im Leverkusener Schlosspark darf bleiben

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Rolf Müller kämpfte für die Blutbuche. Heute denkt er, dass sie ihn überleben wird.

Rolf Müller kämpfte für die Blutbuche. Heute denkt er, dass sie ihn überleben wird.

Leverkusen – Mit diesem Gegenwind hatte vor fünf Jahren offenbar kaum jemand in der Stadtverwaltung gerechnet: Als Mitte 2010 die Fällung des vielleicht ältesten Baums der jungen Stadt Leverkusen verkündet wurde, brach ein Proteststurm und ein Gutachterstreit los, an dessen Ende der Erhalt der Morsbroicher Buche stand.

Der Baum steht immer noch

Und sie steht immer noch, hat mehreren Stürme getrotzt, selbst Orkan Kyrill konnte dem Baum nichts anhaben. Der Baum war die Initialzündung zur Gründung der „IG Baumschutz Leverkusen“. Viele Leverkusener machten sich dafür stark, dass der teils von Pilzen angegriffene und ausgehöhlte Baum stehen bleiben durfte.

Die Fällung wegen der theoretischen Gefahr wurde betrieben vom Kulturamt, Kultur-Stadt Leverkusen (KSL), obwohl der Baum als Naturdenkmal eingetragen und damit schutzwürdig ist. Die Behörde ist verantwortlich für die Sicherheit im Schlosspark.

Leserbriefe, Gespräche mit Politikern und sogar ein von der IG finanziertes Gegengutachten gegen ein damals von der Stadt in Auftrag gegebenes und ganz offenbar fehlerhaftes Gutachten waren die Geschütze, mit denen schließlich erreicht wurde, dass die Blutbuche und mit ihr drei weitere riesige Parkbäume stehen bleiben durften.

Hinter einem Zaun, der Spaziergänger von einem Weg unter den Bäumen fernhalten soll, dürfen die Baumriesen nun stehen bleiben, auch wenn die Naturdenkmäler im Behördendeutsch „Gefahrenbäume“ genannt werden. Auch der damalige Oberbürgermeister Reinhard Buchhorn erkannte mit der Zeit die stark identitätsstiftende Kraft alter Bäume für die Leverkusener Bevölkerung.

Rolf Müller war der zentrale Baum-Aktivist

Der zentrale Baum-Aktivist war damals Rolf Müller (65): „Für mich ist der Baum ein Zeichen, dass wir mehr mit der Natur leben müssen und weniger gegen sie.“ Lebewesen, wie diese besondere Blutbuche, hätten ein Recht darauf, dass man sie in Ruhe bis zu ihrem natürlichen Ende leben lässt. Schließlich verlaufe keine Straße am Baum. Wie das Beispiel  zeige, müsse das Totschlagsargument Verkehrswegepflicht nicht immer siegen.

Es gibt einen weiteren Grund, weshalb sich Müller heute für Bäume in der Stadt einsetzt und es vor fünf Jahren ertragen hat, dass er für seinen Einsatz für die Buche sich sogar verspotten lassen musste: Müller leidet stark unter Asthma. Er sagt, die Buche sei für ihn als Sauerstofflieferantin medizinisch wirksam. Auch deshalb lautet sein Fazit: „Der Kampf für den Baum hat sich gelohnt.“

Bisher noch nicht gefruchtet hat der Einsatz für die Wiedereinführung einer Baumschutzsatzung, wie Köln sie hat, es soll bald einen neuen Vorstoß geben. Von den Grünen ist Müller enttäuscht: „Wofür die stehen, weiß ich nicht, für Naturschutz jedenfalls nicht.“

Müllers Beziehung zu dem Schlossbaum hat noch eine Facette. Der sei ein lebendes Beispiel der Geschichte Schlebuschs und Alkenraths; als der Erbauer des Schlosses, Felix von Roll, den veredelten Baum pflanzen ließ, hatte die Industrialisierung gerade erst begonnen. Als Bayer gegründet wurde, war der Baum schon groß und fast 90 Jahre alt. Der Park wurde um 1775 angelegt, sollte der Baum aus der Erstpflanzung stammen, wäre er 240 Jahre alt, eine der ältesten Blutbuchen Deutschlands.

Die Blätter sprießen

Und die Buche wirkt vital, die Blätter sprießen, der Boden ist bedeckt mit Bucheckern. Müller ist der Stolz anzumerken, dass der Baum auch nach fünf Jahren fest steht. Dennoch, irgendwann, das ist sicher, wird die Buche fallen. Nachdenklich betrachtet Müller den Stamm: „Ich glaube jetzt wird sie mich überleben.“

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