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BrieftaubenverbandHorst Ludwig schickt 6000 Brieftauben auf eine Reise nach Norden

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Blockhaus – Es rauscht und schwirrt, 3000 Brieftauben verdunkeln den Himmel über Reichshof-Blockhaus. Eben wurden sie an diesem Samstagmorgen aus ihren Reiseverschlägen gelassen. Kurz darauf starten weitere 3000 Tauben am Blockhaus. Nach der Winterpause hat die Flugsaison für Brieftauben begonnen.

Die Züchter im Deutschen Brieftaubenverband veranstalten Distanzflüge. Die Fachleute sprechen von „Reisen“. Daher nennen sich viele Vereine Reisevereinigungen (RV).

Brieftauben-Laster

sorgt für kurze Nächte

Am Blockhaus betreut Horst Ludwig von der RV Bergisch-Land/Gummersbach den Auslass, so nennt man den Start. Seit 5 Uhr bereitet der Rentner den vom Brieftaubenverband zertifizierten Auflassort für die 6000 Tauben vor. „Taubensport ist ein Sport für Frühaufsteher“, sagt Ludwig.

Um 5.30 Uhr weckt er die Kollegen, fünf Züchter aus dem Norden. Sie haben auf dem Parkplatz übernachtet. Manfred Hilken und Hans Wilhelm Schröder von der RV Elbe-Weser sind um 2 Uhr angekommen. Die kurze Nacht in dem für Tauben ausgestatteten Vereins-Lkw nehmen sie sportlich: „Wir sind das gewohnt“, sagt Hilken.

Die Tauben auch. Sie haben etwas getrunken und sind abflugbereit. Der Chip-Ring, den jede Brieftaube neben dem Vogelring trägt, wird registriert, wenn die Taube in ihren Schlag zurückkehrt. Die Schnellste gewinnt. Jede Sekunde zählt.

Damit sich die Tiere schon vorm Auflass am Blockhaus orientieren können, sind die Seitenwände der vier Lkw geöffnet. Horst Ludwig telefoniert mit den Flugleitern. „Die sitzen in den Heimatorten und haben die Wetterdaten für die Reisestrecke“, erläutert er. Heute sind die Wetteraussichten sonnig. Nur am Blockhaus hält sich Hochnebel. Er weicht erst um 8 Uhr.

Dann geht alles schnell: Die Männer schließen die Rollläden an den Seiten der Lkw und fahren sie hoch. Die Tauben haben freie Flugbahn. Die Untersten flattern zuerst los und drehen zwei Orientierungsrunden, denen sich immer mehr Tiere anschließen. Dann verschwinden 3000 Tauben gen Norden. Beim zweiten Auslass schlagen die nächsten 3000 Brieftauben sogleich diese Richtung ein.

Binnen vier Stunden sind alle in den heimischen Verschlägen in Cuxhaven, Bremervörde, Wilhelmshaven und Bremen angekommen. Der Bremer Taubenzüchter Andreas Ahlers ist noch mit dem Lkw auf der Rückfahrt, als eine Bremer Brieftaube um 11.21 Uhr als erste im heimischen Taubenschlag landet.

Ahlers hat Horst Ludwig am frühen Morgen eine Taube der RV Gummersbach überreicht. Sie war vor zwei Wochen in Bremen aufgekreuzt. Mit der Telefonnummer vom Chip-Ring ruft Ludwig den Besitzer an. Peter Langenbruch aus Marienheide holt die Taube am Blockhaus ab. Sie ist ein Jahr alt und offenbar 14 Tage zuvor nach dem Auflass im 224 Kilometer entfernten Rottendorf übers Ziel hinaus geflogen. „Sie war zu schnell und hat sich wohl einem Bremer Schwarm angeschlossen“, vermutet Langenbruch. Er freut sich, sein Täubchen wieder zu haben.

Horst Ludwig ist ebenfalls zufrieden: „Schön, wenn Züchter die Tauben wertschätzen. Und der Auflass hat auch geklappt.“ Es sei wohl der letzte, den er betreut habe, meint Ludwig. Mit Rücksicht auf die Gesundheit ziehe er sich aus den Ämtern im Brieftaubensport zurück.

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