Galakonzert des DeutzChorsWien total in der Kölner Philharmonie

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Köln – Mehr als nur ein Hauch Wiener Neujahrskonzert wehte an diesem verregneten Junitag durch die Philharmonie, als das Sinfonieorchester Wuppertal in der zweiten Zugabe den Radetzky-Marsch anstimmte und das Publikum, animiert von Dirigent Heinz Walter Florin, auf unterschiedlichen Lautstärke-Stufen mitklatschte. „Wiener G’schichten“ hatte der DeutzChor sein Galakonzert zum eigenen 70-jährigen Bestehen genannt und sich aus diesem Anlass nicht lumpen lassen.

Walzer, Lieder und Highlights aus der goldenen und der silbernen Ära der Wiener Operette zogen da in einem fast dreistündigen und dennoch kurzweiligen Reigen vorüber – von Johann Strauß über Lehar und Kalman bis zu Robert Stolz. Und es gab nicht nur reine Orchester- und Chornummern, sondern man hatte, um für waschechtes Wiener Flair zu sorgen, auch noch die österreichischen Gesangsstars Eva Lind und Herbert Lippert eingeflogen.

Beschwörung einer Lebensform

Die erfreuten nicht nur durch ihre Solonummern – am Ende noch mit dem unvermeidlichen Duett „Lippen schweigen“ aus der „Lustigen Witwe“ –, sondern führten auch gewandt und anekdotenreich durch das Programm. Das von Florin schwungvoll-akzentreich dirigierte Orchester wiederum hatte sich die Donaumetropole klanglich erfolgreich zu Eigen gemacht, servierte die Walzer mit der charakteristisch verschobenen „Zwei“ im Dreiertakt und ließ auch seine Geigen mit der gebotenen Süße schluchzen. Wien total also in Köln – als heiter-melancholisch-sentimentale Beschwörung einer Lebensform, die zum Mythos wurde und die es so nie gegeben hat.

Einen sehr gewinnenden Beitrag lieferte aber vor allem das Geburtstagskind, der hoch engagierte, stimmstarke und gut einstudierte Deutzer Männerchor. Er trübte das Wiener Flair allenfalls durch die eine oder andere rheinisch gefärbte Artikulation. Überhaupt war diesbezüglich etwas Merkwürdiges zu beobachten. Sobald das „Markenzeichen“ des österreichischen Idioms in Harmonik und Melodik, die omnipräsente „steirische Sexte“, fehlt – etwa in Wilhelm August Jureks „Hoch- und Deutschmeister Regimentsmarsch“ –, könnte die betreffende Musik auch als karnevalsnaher kölscher Evergreen durchgehen. Kölner und Wiener Lokalpatriotismus – haben die vielleicht etwas gemeinsam?

Zum Schluss noch ein Tipp für den Chor, der freilich wohlfeil ist: Dort dominieren eindeutig die älteren Semester – und das hört man halt zuweilen auch. Ein paar jüngere Strahlemänner könnten dem an sich gesunden Grundklang zu noch mehr Glanz und Power verhelfen. Aber das weiß die Formation sicher selbst, sie ist ja nicht die einzige Sangesgemeinschaft, die es schwer hat mit Nachwuchs in diesen Tagen.

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