Ablenkung und klare WorteLeverkusener Briefträger trainiern den Umgang mit Hunden

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Monika (l) und Michael Pfaff (r) führen mit Bakuma ein Hundetraining für Postzusteller durch.

Monika (l) und Michael Pfaff (r) führen mit Bakuma ein Hundetraining für Postzusteller durch.

Leverkusen – Giovanni Tanania ist ein mutiger Mann, denn er stellt sich seiner Angst. In den Händen hält er ein Beißkissen. An der anderen Seite hat sich die belgische Schäferhündin Bakuma darin verbissen und schüttelt kräftig daran. Mit furchterfülltem Gesicht schaut der Teilnehmer des Seminars „Hundetraining für Postzusteller“ an seinen Armen herunter.

„Ich bin schon einmal gebissen worden“, erinnert sich der Briefträger. Damals wollte er ein Einschreiben an eine Leverkusenerin übergeben. Die Frau ließ ihn durch das Tor, der Hund lief auf Tanania zu und biss ihm sofort in die Hand. „Schließlich kam die Besitzerin und versuchte den Hund wegzuziehen. Daraufhin biss der Hund sie. Die Frau lief weg und dann war ich mit dem Hund ganz allein“, erinnert er sich an das Ereignis, das ihm eine Operation und drei Tage Krankenhausaufenthalt beschert hat. Damit er in Zukunft besser mit den Tieren umgehen kann, nahm er gestern gemeinsam mit Kollegen an dem Hundetraining teil.

80.000 Zusteller bringen in Deutschland die Post in die Briefkästen; über 100 arbeiten in Leverkusen. Sie haben pro Tag 400 bis 800 Kontakte zu verschiedenen Haushalten. „Im vergangenen Jahr gab es deutschlandweit 1727 Vorfälle mit Hunden. Über 500 davon waren so schwer, dass die Betroffenen länger als drei Tage krankgeschrieben waren“, sagt Deutsche Post-Pressesprecher Dieter Pietruck: „Darum ist es so wichtig, dass auch schon unsere Auszubildenden den richtigen Umgang mit Hunden lernen.“ In Leverkusen gibt es die Schulung zum ersten Mal. Das ist Teil der betrieblichen Gesundheitsvorsorge.

„Toll, dass Du so mutig bist“, lobt Hundetrainer Michael Pfaff den Briefträger Tanania. Im Umgang mit Hunden gehe es um das Lesen der tierischen Körpersprache und die richtigen Signale des Postzusteller. „Ihr müsst klar machen, dass Ihr das Sagen habt und dürft gleichzeitig nicht den Konflikt anheizen“, erläutert er – ein Hin- und Herschwanken zwischen zwischen Dominanz und Deeskalation.

Klare Worte ohne viel Gequatsche

Leichter gesagt als getan, wenn ein bellender und sabbernder belgischer Schäferhund vor einem steht. Darum beginnt Pfaff zunächst mit einem Welpen, der verspielt um die Beine streicht. Hündin Bakuma ist dagegen ein anderes Kaliber. Sie kommt auf die Seminarteilnehmer zugestürzt. „Keine Sorge, die will nur spielen“, sagt Pfaff und erntet Gelächter. „Geben Sie ihr etwas, um sie abzulenken“, schlägt der Hundetrainer vor und hält Bakuma eine Mütze hin, in die sie sich sofort verbeißt. Damit ließe sich der Spieltrieb nutzen. Wer keine Mütze habe, könne auch das Versandgut für die nötige Ablenkung einsetzen.

Schon ein heranstürmender Hund könne in Zaum gehalten werden. „Wenn er auf Sie zukommt, drehen sie sich langsam zur Seite und sagen sie bestimmt „Nein“. Wichtig seien klare Worte ohne viel Gequatsche. Der Ton mache die Musik.

Von Pfefferspray hält der Hundetrainer nichts. „Wenn Sie dem Hund das Pfefferspray in die Augen sprühen, verbindet er den Schmerz mit Ihnen und wird zubeißen. Und der Schmerz bleibt eine Zeit lang und somit die schmerzhafte Verknüpfung zu Ihnen. Der Besitzer kann dann nicht mehr viel ausrichten“, erläutert der Seminarleiter. Ein Hund, der sich mit Pfefferspray vertreiben lasse, den könne zudem auch eine Wasserpistole ins Bockshorn jagen. Das Tier habe nämlich Angst vor dem Strahl.

Wenn die Bedrohung für die Briefträger aber nicht weiter verantwortbar ist, kann die Post auch damit drohen, die Briefe nicht mehr zuzustellen und die Sendungen müssten dann abgeholt werden. „Aber soweit kommt es meistens nicht“, sagte Pressesprecher Pietruck und verweist auf Kompromisslösungen. „Dann kommt der Briefträger zu verabredeten Zeiten, wenn der Hund weggesperrt oder eben nicht zu Hause ist.“

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