KlarissenklosterWo Flüchtlinge in Köln 31 Wohnungen bauen

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Der Putz muss ab: Polier Leo Neuhausen gibt dem neuen Mitarbeiter Ketema Weldemariam (vorne) Anweisungen.

Der Putz muss ab: Polier Leo Neuhausen gibt dem neuen Mitarbeiter Ketema Weldemariam (vorne) Anweisungen.

Kalk – Es wird gehämmert, gebohrt und gelötet. 20 Meter über den Köpfen der Bauarbeiter wuchtet ein Kran eine Palette mit Baumaterial in Richtung Rohbau, der sich schon beachtlich neben dem Klarissenkloster an der Kapellenstraße in die Höhe reckt.

Schon nach sechs Wochen hat das Team um Polier Leo Neuhausen einen guten Teil der Bauarbeiten am Neubau erledigt. Auch in einem Teil des Klosters selbst schreiten die Arbeiten voran: Böden und Waschküchen werden herausgerissen, Zwischenwände und Decken weggestemmt. In den Räumen, in denen bis zum Jahr 2013 noch die Klarissen-Schwestern wohnten, sieht nichts mehr aus wie einst.

Platz für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge

Bis Ende 2017 wollen die Projektpartner Caritas, Erzbistum Köln und die Firma Jean Harzheim im Alt- und Neubau des Klarissenklosters 31 Wohnungen für Flüchtlinge und andere Kölner errichten sowie Platz für zwei Wohngruppen für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge schaffen.

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Auf der Kalker Baustelle legen Flüchtlinge selbst Hand an: Im Team von Polier Neuhausen arbeiten fünf Menschen mit, die in ihren Heimatländern verfolgt werden. So auch Ketema Weldemariam (30), der aus einem Dorf in der Nähe der eritreischen Hauptstadt Asmara kommt und vor Repressionen in seiner Heimat floh. Zu Hause hat er schon mal auf einer Baustelle gearbeitet, aber nie mit so modernem Gerät wie in Kalk. Hier hat er mit der Motorsäge hantiert, mit einer Flex und einem Stemmhammer, mit dem zum Beispiel Betonmauern abgetragen werden.

Polier Neuhausen ist seit 45 Jahren auf dem Bau tätig, hat eine feste Stimme und man mag sich vorstellen, dass er, wenn nötig, auch mal seine gesamte Mannschaft gehörig zusammenstauchen kann. Mit den Flüchtlingen hat er gute Erfahrungen gemacht: „Am Anfang dachte ich, dass es schwierig wird“, sagt er. „Aber nach anderthalb Tagen waren wir ein Team.“ Sprachbarrieren gebe es noch, aber sehr schnell hätten sich seine neuen Kollegen an seine Anweisungen und an die deutschen Standards gewöhnt.

Sechs Wochen bis zur Arbeitserlaubnis

Integration nach Maß also, meint Peter Krücker. Der Caritas-Chef ist davon überzeugt, dass die beste Eingliederung von Flüchtlingen in die deutsche Gesellschaft im Rahmen der Arbeit gelinge. „Hier lernt man Sprache nicht abstrakt, sondern ganz konkret.“ Umso bedauerlicher sei es, dass es „wahnsinnige administrative Hemmnisse“ für Flüchtlinge gebe, die in Deutschland arbeiten wollten.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bearbeite die Asylanträge zu langsam und auch die Kölner Behörden benötigten sechs Wochen, bis sie Flüchtlingen eine Arbeitserlaubnis erteilten. „So lange wartet doch kein Arbeitgeber.“ Für den Bau im und am Klarissenkloster wollte die Caritas zunächst zehn Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak beschäftigen, denen eine gute Bleibeperspektive prognostiziert wurde. Deren Asylverfahren waren aber noch nicht abgeschlossen. Auf eine Anfrage an die Kölner Agentur für Arbeit vom September habe die Caritas bis heute noch keine Antwort erhalten.

Um die Baumaßnahmen am Klarissenkloster hatte es im Vorfeld zwischen Erzbistum und Stadt Streit gegeben: Ursprünglich wollte das Erzbistum für elf Millionen Euro das ehemalige Kloster umgestalten. Der rückwärtig gelegene Klausurtrakt sollte abgebrochen und durch neue Gebäude ersetzt werden. Stadtkonservator Thomas Werner stoppte allerdings die Pläne, weil das Klosterareal ein einzigartiges Ensemble in Köln sei. Das Erzbistum revidierte darauf seine Pläne und verzichtete auf den Abbruch des Traktes.

1925 errichtet: Das Kloster an der Kalker Kapellenstraße wurde von 1918 bis 1925 nach den Plänen des Architekten Ernst Horst errichtet, der mit einer der damaligen Klarissen-Schwestern verwandt war. Horst lehnte sich bei der Gestaltung an die spätbarocke, westfälische Backsteinarchitektur an. Geweiht wurde das Kloster am 1. Januar 1925. 2013 wurde der Bau von den Schwestern aus Nachwuchsmangel aufgegeben. Der Klarissen-Orden wurde im 13. Jahrhundert von der Heiligen Klara und dem heiligen Franziskus von Assisi gegründet und legt seinen geistlichen Schwerpunkt auf Meditation und Gebet. Als ein sogenannter kontemplativer Orden missioniert er nicht. In Kalker Kloster lebten anfangs bis zu 45 Schwestern.

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