Fortuna KölnHafkemeyer über Poggenborg und Boss: Einer wird den Klub verlassen

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Fortuna-Torwarttrainer Toni Hafkemeyer (M.) mit seinen beiden Keepern Tim Boss (l.) und Andre Poggenborg

Köln – Seit 2011 ist Michael „Toni“ Hafkemeyer Torwarttrainer des SC Fortuna Köln. Im Interview spricht er über die Entwicklung des Südstadt-Klubs, den Konkurrenzkampf zwischen Andre Poggenborg und Tim Boss und sein Alleinstellungsmerkmal im Profi-Team.

Herr Hafkemeyer, wie Cheftrainer Uwe Koschinat sind Sie als Torwarttrainer seit mittlerweile mehr als 2000 Tagen bei Fortuna Köln im Amt. Wie bewerten Sie die Entwicklung der vergangenen fünf Jahre?

Wir sind in der Dritten Liga angekommen. Natürlich gibt es einige Sachen, die hinterherhinken, aber die Entwicklung war auch rasant. Dieser Dreijahres-Plan, den wir am Anfang hatten, ging erst in der 94. Minute auf (Fortuna schaffte 2014 in der Relegation beim FC Bayern München  II  in der Nachspielzeit den Aufstieg, d. Red.). Zu Beginn war der ein oder andere vom Arbeitsumfang etwas überfordert, aber mittlerweile sind wir gut aufgestellt, auch wenn immer noch manchmal der Trainer den Platz walzt und kalkt (lacht). Es ist noch viel Potenzial nach oben.

Wie ist 2011 der Kontakt zur Fortuna entstanden?

FC-Torwarttrainer Alex Bade, der ein guter Freund von Uwe Koschinat ist, hat die Verbindung hergestellt. Als Uwe hier angefangen hat, suchte er einen Torwarttrainer, der sich mit der Materie und der Stadt auskennt. Wir haben miteinander gesprochen. Und wie das  im Fußball so ist: Die Chemie hat gestimmt. Und das hat gehalten.

Uwe Koschinat ist ein sehr emotionaler Trainer. Wie läuft die Zusammenarbeit?

Uwe ist ein unglaublich loyaler Kollege. Er ist Chef, das ist klar, aber so muss das auch sein. Er geht seinen Weg und man muss bereit sein, ihm zu folgen. Aber trotzdem hat man immer die Möglichkeit, seine Meinung einzubringen.

Hört er auf Sie?

Er hört nach, wie die körperliche und geistige Verfassung der Keeper ist und wie die Trainingsintensität war. Die Entscheidung trifft aber er. Das war nie anders.

Seit Saisonbeginn wechseln sich Andre Poggenborg und Tim Boss im Fortuna-Tor ab. Wie kam es dazu?

Die beiden haben sich vom Leistungsvermögen her unglaublich angenähert. Pogge hat sein Level in den vergangenen Jahren konstant hochgehalten und Tim hat enorm aufgeholt: körperlich, taktisch und von der Ausstrahlung her. Da findet  jede Einheit auf extrem hohem Niveau statt – auch an Aschermittwoch, wenn noch ein aufgemalter Bart zu sehen ist. Das Modell bringt uns in einen anderen Fokus. Über die Torhüter wird mehr geschrieben und über die Situation auch. Sie ist uns zum Glück nicht um die Ohren geflogen. Das hätte passieren können, wenn es nicht funktioniert hätte. Doch es hat sehr gut geklappt.

Hat die Situation im Alltag zu Spannungen geführt?

Es war nicht immer total fröhlich. Aber die beiden sind immer sehr professionell miteinander umgegangen. Dafür habe ich es dann eher abbekommen, aber das ist auch logisch, denn wir sind ein enger Zirkel, meistens nur zu dritt. Es gab dann Zeiten, in denen wir weniger gesprochen haben und wenig Nähe da war. Das ist nicht so mein Ding, weil ich gerne kommuniziere und kein allwissender Oberlehrer bin. Da kommt man dann schon etwas ins Grübeln, ob das alles noch so viel Spaß macht. Aber es gab reichlich klärende Gespräche, und da findet man wieder den Weg zueinander.

Waren Sie in Ihrer aktiven Karriere je die Nummer zwei?

Bis in die Oberliga, als ich dann zu alt wurde, habe ich eigentlich immer gespielt und immer die Kapitänsbinde getragen. Das ging so, bis ich 38, 39 Jahre alt war. Dann kommt eben ein Jüngerer, der die Bälle mindestens genauso gut schnappt. Das muss man dann auch respektieren und akzeptieren.

Ist dieser Moment auch für Andre Poggenborg bald erreicht?

So wie er körperlich drauf ist, würde ich sagen: Er kann noch fünf, sechs Jahre kicken. Danach könnte ich mir vorstellen, dass er auch in Richtung Torwarttrainer geht. Er hat da sehr genaue und intelligente Vorstellungen.

Geht es in der Rückrunde mit dem Wechselspiel zwischen ihm und Tim Boss weiter?

Ich denke, dass wir es auf uns zukommen lassen. Möglich ist alles. Wir könnten auch so weitermachen, es hat ja geklappt. Aber wir stellen die Uhren in jedem Fall ein Stück zurück und gucken, wie die Testspielergebnisse und die Trainingseindrücke sind. Das ist ein Luxus-Problem, das wir haben.

Gibt es schon Pläne für die kommende Saison?

Beide Verträge laufen aus. Klar ist, dass wir uns bald Gedanken machen müssen. Eine weitere Saison mit gleicher Personalbesetzung wird es nicht geben. Einer der beiden wird berechtigterweise die Konsequenz ziehen und sagen: Ich möchte die Nummer eins sein, und keine halbe Nummer eins.

Wie geht es für Sie weiter? Torwarttrainer ist ja nicht Ihr einziger Aufgabenbereich, da haben Sie eine besondere Stellung bei der Fortuna…

Ja, ich bin der Einzige, der ein  Job-Sharing macht (lacht). Ich bin noch Kfz-Sachverständiger. Das ist in etwa ein 50:50-Verhältnis vom Aufwand her, weil ich oft die Keeper unserer U 23 und U 19 im Anschluss an die Profis betreue. Damit verdiene ich nicht meine Brötchen, es hat ideellen Wert. Allerdings bin ich 54 Jahre alt und stehe viermal die Woche vier Stunden auf dem Platz und schieße 400 Bälle. Wenn die sechs beim Alter vorne ist, sollte man aufhören.

Wie lassen sich Ihre beiden Jobs überhaupt unter einen Hut bringen?

Das geht nur, weil ich Freiberufler bin und meine Termine selbst machen kann. Gearbeitet wird dann noch samstags, sonntags und an Feiertagen.  Aber diese Gänsehaut-Momente, die einem der Fußball bringt – zum Beispiel mit dem Aufstieg – die sind einfach unbezahlbar. Oder wenn man in Magdeburg mit einem 3:0 18 000 Fans ruhigspielt, das ist Wahnsinn.

Durch den Fußball haben Sie zudem Ihre Frau kennengelernt.

Ja, in meiner Zeit als Torwarttrainer der FC-Damen. Vanessa wurde dort jetzt nach dreijähriger Abstinenz als Keeperin reaktiviert und spielt  in der Zweiten Liga.

Sieht sie eher Poggenborg oder Boss als Nummer eins?

Manchmal hat sie einen Favoriten, manchmal nicht. Sie findet es genauso spannend wie ich.

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