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NaturwerkstattDer Peter Lustig von Buisdorf

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Kreatives Sammelsurium: In der Garage ist Schrottkünstler Roland Koch aus Buisdorf in seinem Element.

Kreatives Sammelsurium: In der Garage ist Schrottkünstler Roland Koch aus Buisdorf in seinem Element.

Sankt Augustin – Ein Bauch aus alten Dieselkanistern, die Arme und Beine sind Lenkstangen, der Kopf ein Sammelsurium ausgemusterter Ersatzteile: „Schrobbi“ nennt Roland Koch die mannshohe, außerirdisch wirkende Gestalt in seinem Vorgarten. Mit einer Bergmannslaterne in der rechten Blechhand begrüßt die Skulptur Besucher des Einfamilienhauses in Buisdorf.

„Schrobbi“ ist das imposanteste Exponat in der Sammlung des 68-jährigen Rentners. In seinem früheren Beruf als Modellbauer hat Koch den Umgang mit Hobel, Feile und Raspel gelernt, er kann Maschinen bedienen, schweißen, drechseln und bohren.

Mit „Schrobbi“ hat Koch ein Projekt verwirklicht, das ihm schon vor 20 Jahren im Kopf herumschwirrte, das er aber nie zu Ende brachte: Einen „Schrottroboter“ zu bauen. Bereits als Jugendlicher war Koch begeistert davon, Dinge aus unterschiedlichen Materialien zusammenzusetzen. Ein Lieblingsmaterial hat der Buidorfer dabei bis heute nicht. „Jeder Werkstoff besitzt brauchbare Eigenschaften“, ist Koch überzeugt. Am liebsten ist ihm eine bunte Mischung aus Eisen, Holz, Stahl und Draht.

Den „Peter Lustig von Buisdorf“ nennen ihn seine Nachbarn, wie den ehemaligen Fernsehmoderator der ZDF-Kinderserie „Löwenzahn“, der im Februar 2016 gestorben ist. Genauso wie Lustig trägt auch Koch eine Nickelbrille, hat schütteres Haar, werkelt gern und erklärt: „Ich liebe es, aus Altem wieder etwas Neues zu basteln.“ Dafür verschwindet der Mann mit der hohen Stirn und den stahlblauen Augen gern für Stunden in der Garage, die er zur Werkstatt ausgebaut hat. „Mein Revier“, wie er sagt. An Roboter „Schrobbi“ hat er mehr als 120 Stunden gearbeitet.

Das Material bekommt Koch kostenlos von einem Freund aus einer Autofirma, aber auch von Bekannten und Nachbarn, die seine Leidenschaft kennen. Um die passenden Teile zu finden, die er am Ende zusammenfügt, braucht er die dreifache Menge Schrott, sagt der Tüftler. Wegwerfen tue er aber dennoch kaum etwas, vielmehr versucht Koch das Maximum aus den Dingen herauszuholen. Eine Brottüte? Warum nicht als Müllbeutel verwenden. Man muss nur wissen, was man daraus machen kann, ist Kochs Devise.

Ehefrau Ursula ist stolz auf ihren Gatten, der nichts verschwendet, auch wenn sie darauf achtet, dass es nicht zu viel wird mit der Sammelleidenschaft. „Mein Mann ist eben begeistert davon, mit allen möglichen Materialien und Werkzeugen zu arbeiten“, weiß sie. Roland Koch käme auch nach stundenlangen Bastelaktionen freudestrahlend und ohne Schmerzen in Rücken, Händen oder Beinen zurück in die gute Stube. „Das erstaunt mich immer wieder. Ihn hält wohl seine Leidenschaft fürs Werken fit.“

Inspirieren lässt sich Koch von seinen vielen Reisen. Er war bereits in den USA, in Südostasien und China. Und: Koch sind Begegnungen mit anderen Menschen wichtig. So steht in seinem Vorgarten nicht nur „Schrobbi“, sondern auch „Lennard“, dessen Körper aus einer Kohlensäureflasche besteht. Auf dem Rücken trägt er einen Feuerlöscher, Wackelaugen glotzen hinter einer aufgesetzten Taucherbrille hervor, und ein Spielzeugkrebs ziert den linken Metallarm des „Unterwasserinspektors“, wie Koch sein Werk nennt. Er ist einem guten Freund in den Niederlanden gewidmet, der Taucher von Beruf ist. „Lennard geht den Dingen auf den Grund“, sagt Koch.

Genauso wie Koch selbst. „Ich bringe aus den Stücken das Verborgene an die Oberfläche“, erklärt er. Detailverliebt arbeitet er mit kleinsten Teilen wie Drähten, Spulen oder Zahnrädern genauso wie mit großen und schweren Eisenteilen. „Ich habe zu jedem meiner Werke eine gewisse Verbindung, deshalb verkaufe ich auch keines, höchstens verleihen würde ich es.“

Momentan tüftelt der Mann an einer alten Nähmaschine, aus der ein Traktor entstehen soll. Derzeit ähnele das gute Stück zwar noch nicht ganz dem Schlepper in seiner Vorstellung. „Aber das wird noch“, ist sich Koch sicher. Immerhin, der Anfang ist gemacht: Die Spitze eines Feuerwerkskörpers ist zum Auspuff umfunktioniert, die Räder einer alten Mülltonne dienen als Hinterräder, zwei Rollerräder sind vorne montiert.

Für den unternehmungslustigen Rentner hat Schrottkunst viele Gewinner: „Die Betrachter können sich an der Kunst erfreuen, die Umwelt profitiert, weil Materialien noch einmal verwendet werden. Und der Künstler lässt sich durch Werkstoffe inspirieren und entdeckt immer wieder neue Welten für sich.“ Für dieses Jahr hat der Bastler gleich mehrere Ideen. Als nächstes will er Drachen, Engel und Windräder bauen: in seiner Art, aus Zahnrädern, Bremsscheiben, Gartenwerkzeugen und Autokühlern.

Naturwerkstatt

Wer selbst Schrottkünstler werden will, kann wichtige Techniken  der Metallbearbeitung Am Burghart 8 in Hennef-Stein lernen.  Seit zwölf Jahren betreibt dort Tobias Niemann gemeinsam mit seiner Frau die „Natur-Werkstatt“. Außer im Schmieden und Schweißen von Metallskulpturen gibt er auch Kurse im Bronzegießen, Filzen sowie anderen traditionellen Handwerken und Kunstformen. www.naturwerkstatt-hennef.de

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