B51 bei BlankenheimUnfall forderte drei Todesopfer – Verursacher freigesprochen

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Drei Menschen starben bei dem Verkehrsunfall im Mai 2015 auf der B51.

Drei Menschen starben bei dem Verkehrsunfall im Mai 2015 auf der B51.

Gemünd – Es waren berührende Momente, die sich am Mittwoch im Amtsgericht abspielten. Zu Verhandlung standen die strafrechtlichen Folgen des schrecklichen Verkehrsunfalls, bei dem am 29. Mai 2015 auf der B51 bei Blankenheim drei Menschen starben und vier teils schwer verletzt wurden. Angeklagt wegen fahrlässiger Tötung war ein heute 53-jähriger Kölner, der damals mit einem Citroën Berlingo frontal in ein baugleiches Fahrzeug gefahren war.

In der Vergangenheit hatte die Vorsitzende Richterin Claudia Giesen in Verhandlungen, in denen es um die Folgen schwerer Verkehrsunfälle ging, kaum Zweifel daran gelassen, dass es in ihren Augen oft sehr schwierig ist, das Strafrecht als Mittel zur Aufarbeitung zu nutzen.

Und so stand der Freispruch, den das Schöffengericht am Mittwoch als Urteil verkündete, eher an zweiter Stelle. Bewegend dagegen war die Versöhnung zwischen dem Angeklagten und dem Zeugen, der bei dem Unfall seine Eltern und den Bruder verloren hat.

Dr. Christa und Dr. Wolfgang Roebke galten als Wegbereiter der schulischen Inklusion. 1982 gründeten sie den Verein „Gemeinsam Leben – gemeinsam Lernen“. Mit ihrem 44-jährigen Sohn waren die Eheleute, beide 75 Jahre alt, an jenem Freitag im Mai aus Richtung Prüm kommend in den Rhein-Erftkreis unterwegs, als sie bei Blankenheim vom Fahrzeug des Angeklagten gerammt wurden.

Dieser war mit drei damals sechsjährigen Kindern zu einem Campingwochenende unterwegs. „Eine Dreiviertelstunde vorher bin ich dort vorbei gekommen – ohne zu wissen, dass auch meine Eltern in der Eifel waren“, sagte Albrecht Roebke. Dass seine Eltern an diesem Tag bei dem Unfall tödlich verletzt wurden, erfuhr er erst drei Tage später.

Nachbarn der Eltern hatten ihn angerufen, woraufhin er im Internet recherchiert habe, berichtete Roebke vor Gericht. Dann habe er die Handynummer seiner Mutter angerufen – und sei mit einem Euskirchener Polizisten verbunden gewesen. „Ich bin vor 15 Jahren Notfallseelsorger geworden, damit genau so etwas nicht passiert“, schilderte der evangelische Pfarrer.

Lob für den Angeklagten

Er lobte den Angeklagten, dass er nach dem Unfall auf ihn zugekommen sei: „Ich empfand den Kontakt als unpathetisch und angenehm.“ Er wünsche sich, so Roebke vor Gericht, dass der Angeklagte nicht juristisch belangt werde. „Das war eine Tragödie, die nicht mit Strafe aufzuarbeiten ist. Dies würde mich eher belasten“, fuhr er fort.

Mit viel Aufwand versuchte das Gericht zu klären, warum der 53-Jährige in den Gegenverkehr geraten war. Er selbst könne sich an nichts erinnern, gab er an. Hinweise auf einen internistischen Notfall gab es nicht. Er sei unvermittelt in den Gegenverkehr gefahren, „als habe ihm jemand ins Lenkrad gegriffen“, sagte ein Zeuge, der hinter dem Angeklagten gefahren war.

Ursache blieb im Dunkeln

Ein Gutachter vermochte keine technischen Gründe für das plötzliche Ausscheren zu finden. Bremsspuren habe es nicht gegeben. Die Kinder, die im Auto saßen, mussten nicht vor Gericht aussagen. Für sie war die Mütter im Zeugenstand. Nach ihren Angaben hatten alle Kinder gesagt, zum Zeitpunkt des Unfalls geschlafen zu haben. So blieb die Unfallursache im Dunkeln.

Unterschiedlich beurteilten Staatsanwalt und Verteidiger die Sachverhalte. Staatsanwalt Sebastian Muhl konzedierte, es komme zur Feststellung der Fahrlässigkeit nicht darauf an, die genauen Umstände zu kennen. Es gebe nur Ursachen, die vermeidbar gewesen seien. Er forderte eine Bewährungsstrafe von acht Monaten. Rechtsanwalt Urban Slamal widersprach: Es seien durchaus Ursachen denkbar, die nicht vermeidbar seien. Der Tatbestand der fahrlässigen Tötung sei nicht erfüllt.

Ehre für die Verstorbenen

Dem Angeklagten, dem das Geschehene sehr nahe geht, war das Verfahren vor Gericht sehr wichtig. In seinem Schlusswort machte er deutlich, dass dies für ihn auch ein Weg sei, den Verstorbenen Ehre zu erweisen. Dass das Strafmaß nicht die Hauptrolle spielte, wurde in Verhandlungspausen deutlich, als Roebke und der Angeklagte ins Gespräch vertieft vor dem Gerichtsgebäude standen.

Auch das Schöffengericht befand nach kurzer Beratung, die objektive Sorgfaltspflichtverletzung, über die Trennlinie in den Gegenverkehr zu fahren, sei zwar erfüllt. Doch die subjektive Pflichtverletzung habe nicht geklärt werden können. Zwar sei die Kammer der Ansicht, der Angeklagte sei eingeschlafen. „Doch das ist Spekulation, und Spekulation liegt dem Strafrecht fern“, schloss Richterin Giesen.

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