Football mit fliegenden Scheiben„Ultimate Frisbee“ beim ASV Köln – ein Selbstversuch

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Frank Linde (53) wird „Pille“ genannt und ist amtierender Nationalspieler.

Frank Linde (53) wird „Pille“ genannt und ist amtierender Nationalspieler.

Köln – Spätestens als wir im Mittelkreis des ASV-Stadions stehen, merke ich, dass das hier mit dem Frisbeewerfen früher auf dem Schulhof so gut wie gar nichts mehr zu tun hat. „Vor der Zone stellen wir auf 2-5 um“, sagt Trainer Dennis Prausse (27) und zeigt die Marschroute auf seiner kleinen Taktik-Tafel.

Es fallen Wörter wie „Cutter“, „Fullswing“ und „Marker“. Die Jungs neben mir nicken verständnisvoll. Ich hingegen überlege immer noch, wie ich die tellergroße Plastikscheibe dazu bekomme, dass sie in der Luft nicht so schrecklich flattert. „Sebastian, du nimmst den Zweiten von rechts, das ist Pille“, ruft mir einer meiner Teamkollegen zu.

Seit 15 Jahren in der ersten Liga

„Pille“ heißt eigentlich Frank Linde (53), ist amtierender Nationalspieler und hat den Frisbee-Sport vor knapp 20 Jahren nach Köln gebracht. Ihn kennt hier auf dem Sportplatz jeder. Er ist nun also mein Gegenspieler. Na herzlichen Glückwunsch.

Er ist nicht der Einzige hier auf dem Rasen, der sich in der Szene des Ultimate Frisbee einen Namen gemacht hat. Seit rund 15 Jahren spielen meine neuen Teamkollegen in der ersten Liga. Sie sind eine von fünf Mannschaften, die unter dem Dach des ASV Köln derzeit am Spielbetrieb teilnehmen. Insgesamt hat die Abteilung etwa 120 Mitglieder.

Viele von ihnen sind Quereinsteiger, sind mit einer anderen Sportart groß geworden und wurden dann irgendwann auf den Frisbee-Sport aufmerksam. „Was wir gut gebrauchen können, sind Leichtathleten“, hat mir Linde vor dem Training noch gesagt. Das kam mir als durchaus ambitioniertem Läufer natürlich gelegen. Auch Fußballer seien gefragt, vor allem, weil sie freie Räume sehen. „Doch manche Fußballer bolzen auch gerne, das können wir hier nicht gebrauchen“, so Linde.

Kein Schiedsrichter auf dem Feld

Und das ist wohl auch der größte Unterschied zu den meisten anderen Mannschaftssportarten: Beim Ultimate Frisbee steht der Fairplay-Gedanken an oberster Stelle. Körperkontakt ist tabu, natürlich gibt es Regeln, doch, ob die eingehalten werden, kontrollieren die Spieler auf dem Feld. Einen Schiedsrichter gibt es nicht. Das klingt für einen Anfänger zunächst seltsam, führt auch immer wieder zu längeren Diskussionen, sorgt aber dafür, dass der Ton längst nicht so ruppig ist, wie etwa manchmal auf dem Fußballplatz.

Der Spielgedanke ist relativ simpel: Sieben Spieler einer Mannschaften werfen sich die Scheibe auf einem 37 mal 100 Meter großen Rechteck zu. Wer die Scheibe in der Hand hält, darf nicht mehr laufen. Ziel ist es, die Frisbee so zu werfen, dass ein Mannschaftskollege sie in der sogenannten Endzone des Feldes fangen kann.

Dabei ist es gar nicht so einfach, 175 Gramm Hartplastik so zu beschleunigen, dass sie 50, 60 Meter weit fliegen. „Das Handgelenk gerade und dann aus dem Oberkörper werfen“, rät Trainer Prausse. Klingt machbar, sorgt aber bei mir dafür, dass die Frisbee Himmelsrichtungen ansteuert, mit denen ich nicht so ganz einverstanden bin. „Die Scheibe fliegt dahin, wo du hinschaust“, erklärt mir ein Mannschaftskollege. Vermutlich schiele ich. Vielleicht liegt es aber auch einfach an dem böigen Wind hier auf dem ASV-Sportplatz.

Sprint in die Endzone

Doch beim Ultimate Frisbee geht es längst nicht nur ums Werfen. Definitiv kraftraubender ist das Laufen. „Du bleibst immer zwischen der Scheibe und dem Gegenspieler“, ruft mir der Mannschaftskollege von links zu. Wenn der Gegenspieler „Pille“ heißt, ist das jedoch gar nicht so einfach. Er wirkt mindestens so schnell wie die Frisbee, läuft jedoch hinter meinem Rücken scheinbar in die entgegengesetzte Richtung und sorgt dafür, dass ich nach wenigen Sekunden gar nicht mehr beurteilen kann, wo denn nun die Frisbee fliegt, wo „Pille“ steht und ob ich denn nun ansatzweise zwischen den beiden stehe.

Nun aber steht „Pille“ erst einmal vor mir. Der Zweite von rechts auf der gegenüber liegenden Seite des Spielfelds. Es ist schon dunkel, richtig erkennen kann ich ihn im Schein des Flutlichts nicht. Ist aber auch egal, wir führen 2:1, sind im Angriff, noch ein Punkt bis zum Sieg.

„Jetzt machst du den letzten Punkt, das wäre doch schön“, ruft mir ein Kollege zu. Während ich noch überlege, ob ich das wirklich so schön finde und, ob ich ihm nicht vielleicht sagen sollte, dass ich mir noch nicht so sicher bin, wie ich die Scheibe richtig fangen soll, geht es schon los. Drei schnelle Würfe nach vorne, ein mehr oder weniger zielgerichteter Sprint und plötzlich stehe ich tatsächlich in der Endzone. Die Scheibe fliegt mir auf Brusthöhe entgegen, ich fange, wir haben gewonnen. Nur, wo Pille in der Szene war, ist mir immer noch ein Rätsel.

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Training beim ASV

Der ASV Köln bietet ein Anfänger-Training an. Wer Lust hat, kann hier ohne Anmeldung vorbeikommen. Trainingszeiten sind montags von 19 bis 21 Uhr und mittwochs von 19.30 Uhr bis 21.30 Uhr. Außerdem bietet die DJK Wiking Köln Ultimate Frisbee an (www.djkwiking.com). Doch zum Frisbeespielen braucht man nicht unbedingt einen Verein. Grundsätzlich reichen eine Wiese und acht Hütchen. Beim Anfängertraining des ASV kann jeder vorbeikommen, der mindestens 16 Jahre alt ist. Für Schüler gibt es dienstags zwischen 17.30 und 19.30 Uhr ein Nachwuchstraining. Und auch die DJK hat mehrere Schülergruppen. Stollen- oder Noppenschuhe sind beim Ultimate Frisbee empfehlenswert, wer privat mit Freunden spielt, braucht natürlich eine Frisbee, im Verein ist das erst einmal nicht nötig.

Großen Frisbee-Sport gibt es in Köln am 3. und 4. Juni zu sehen. Bei der elften Auflage der Disc Days Cologne spielen rund 500 Sportler aus Deutschland und dem umliegenden Ausland auf der Stadionwiese. (mo)

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