Bio-Fleisch im Online-HandelWenn das Schwein per Post kommt

Lesezeit 4 Minuten
Schweinderl

Bio-Schweinefleisch können sich Kunden nun auch direkt nach Hause schicken lassen.

München – Das Internet ist auch für fleischliche Gelüste ein Marktplatz. Auf seine Weise unterstreicht das der Pionier des Internetschlachtens Crowdbutching.com GmbH im fränkischen Aub. „Bislang wurden etwa 25 Schweine verkauft“, sagt Marketingchefin Dorit Sonnert. Rund sechs Wochen ist es her, seit die Internetseite „Kaufeinschwein.de“ online gegangen ist.

Wer Anfang der Woche die Internetseite aufgerufen hat, sah dort, dass die Biosau mit der Nummer 3845 vom Mariaberg Hof des Bauern Hans Hübner aus dem baden-württembergischen Gammertingen zu drei Vierteln verkauft wurde. Ist auch der Rest bei einem heimischen Endverbraucher losgeschlagen, wird das Tier geschlachtet, in haushaltsgerechte Portionen zerlegt und gekühlt an seine Käufer versendet.

Mittlerweile gibt es Bio-Kühe

Auf dem Land erfolgt so etwas traditionell auf Zuruf und per Mundpropaganda. Großstadtbewohner haben das Internet. Die von Niederländern nach Deutschland gebrachte Idee gibt es hierzulande als „kaufnekuh.de“ seit zwei Jahren. Damals sind die Online-Fleischhändlern mit dem Verkauf von Kühen aus traditioneller Landwirtschaft gestartet. Mittlerweile werden auch Bio-Kühe angeboten. Weil das Kuh-Geschäft so gut ankommt, dass es sich binnen Jahresfrist auf 141 per Internet verkaufte Tiere verdoppelt hat, geht es nun Schweinen an den Kragen.

Es gibt zwar auch andere Onlineversender für Fleisch, aber das eigene Konzept halten die Gemeinschaftsschlächter aus Franken weiter für einzigartig. Zum einen sind Kuh- und Schweinefleisch, das Verbraucher über sie beziehen, bis zum Bauernhof rückverfolgbar. „Wenn der Kunde im Supermarkt Biofleisch kauft, weiß er nicht, von welchem Bauern es stammt“, betont Sonnert.

Zum anderen würden Crowdbutching-Tiere von der Schnauze bis zum Schwanz komplett vermarktet und nichts weggeworfen. Die Haut gehe an Gerbereien und nicht verarbeitbares Restfleisch an Hersteller von Tierfutter.

Fleisch im Internet ist billiger als im stationären Bio-Fachhandel

Kuh romantisch

Viele Kunden möchten Fleisch aus artgerechter Tierhaltung essen.

Dazu komme der Preis. Beim eigenen Bio-Schweinefleisch sei der um rund ein Zehntel niedriger als im stationären Bio-Fachhandel, sagt Sonnert. Da eine Zwischenhandelsebene wegfalle, erhalte auch der Bauer einen besseren Preis. Bei Kühen kassiere er über kaufnekuh.de zehn bis 20 Prozent mehr, bestätigt Bauer Hübner.

Bei Schweinen sei der Aufschlag derzeit nur marginal, weil dieses Neugeschäft erst im Aufbau sei und auch er bei der Marge in Vorleistung gehe. Bio-Schweinefleisch sei in Deutschland allgemein schwerer zu verkaufen als Bio-Rind, weil Verbraucher Schweine immer noch als billiges Massenprodukt wahrnehmen.

Fleisch wird paketweise verkauft

Auch unabhängige Experten loben das Schlachten auf Abruf. „Das ist ein seriöses Angebot“, urteilt Michael Dreyer. Er ist Chef des Aktionsbündnisses Bioschweinehalter Deutschland (ABD). Schweinefleischlieferant Hübner sei Bioland-zertifiziert und erfülle damit strengere Bionormen als lediglich nach EU-Standard arbeitende Betriebe. Preislich sei das Bio-Schweinefleisch aus Verbrauchersicht günstig, überschlägt Experte Dreyer.

Für Laien ist das nicht ohne weiteres ersichtlich, weil Kaufeinschwein.de seine Ware paketweise verkauft. 3,6 Kilogramm, verteilt auf Steaks, Geschnetzeltes, Speck, Gulasch und mehrere Arten Würste kosten beispielsweise inklusive Versand 66 Euro.

Geflügel ist im Gespräch

„Die meisten Kunden stammen aus Städten und Ballungsgebieten“, verrät Sonnert. Sonst gebe es keinen typischen Käufertypus, außer dass allen Tierwohl wichtig sei. Während die Nachfrage anzieht und auch eine Ausweitung des Angebots auf Geflügel in Überlegung sei, habe man lieferantenseitig allerdings noch Bedarf.

Crowdbutching.com arbeitet zwar mit 15 Bauern zusammen. Bei Bio-Schweinefleisch war Bauer Hübner anfangs allein. Das ändere sich aber gerade, weil biobäuerliche Mitstreiter bereit stünden. Anziehender Hunger nach Bio-Schwein könne also gestillt werden.

Lust auf Fleisch – Zahlen und Fakten

Steak dpa

Viele Verbraucher wollen wissen, wo ihr Steak herkommt.

In deutschen Schlachthöfen wurden 2015 insgesamt 8,2 Millionen Tonnen Fleisch erzeugt. Im ersten Halbjahr 2016 waren es knapp 4,1 Millionen Tonnen. Dafür starben etwa 29,2 Millionen Schweine, 1,7 Millionen Rinder sowie 349 Millionen Hühner, Puten, Enten und anderes Geflügel.

Schweinefleisch machte mehr als zwei Drittel (67,6 Prozent) der Gesamtproduktion aus. Es folgten Geflügelfleisch mit 18,6 Prozent und Rindfleisch mit 13,5 Prozent. Schaf-, Ziegen- und Pferdefleisch hatten zusammen lediglich einen Anteil von 0,3 Prozent an der gesamten Herstellung.

2015 wurden knapp 4 Millionen Tonnen Fleisch und Fleischwaren exportiert und etwa 2,4 Millionen Tonnen importiert. Im Vergleich zu 2014 sank der durchschnittliche Fleischkonsum in Deutschland pro Kopf um ein Kilogramm auf 59,9 Kilogramm. (dpa)

KStA abonnieren