Mit 90 Jahren gestorbenKreis Euskirchen trauert um Alt-Landrat Josef Linden

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Josef Linden.

Kreis Euskirchen – Sein Vater habe keine Schmerzen gehabt, das sei ein Trost, sagt Karl-Josef Linden. Er sei in der Nacht zum Donnerstag gegen 1 Uhr friedlich eingeschlafen.

Josef Linden, der Altlandrat des Kreises Euskirchen, ist tot. Er wurde 90 Jahre alt. Am Ende sei es eine Erlösung für ihn gewesen. Die Demenzerkrankung sei schon weit vorangeschritten. „Dabei hatte er einen Körper, mit dem man auch hätte 100 Jahre alt werden können“, so Karl-Josef Linden. Zuletzt aber habe der Vater zwei Schlaganfälle erlitten.

„Das macht mich sehr betroffen“

Die Nachricht vom Tod des ehemaligen Landrats, der von 1976 bis 1994 erster Bürger des Kreises war, machte am Donnerstag rasch die Runde.

„Das macht mich sehr betroffen“, sagt der ehemalige Oberkreisdirektor Dr. Karl-Heinz Decker, der fast zeitgleich zur Amtszeit Lindens Chef der Kreisverwaltung (1973 bis 1993) war.

Er habe einen verlässlichen Freund verloren: „Wir waren ehrlich bis auf die Knochen zueinander“, erinnert sich Decker: „Er war nie hinterlistig und kein Trickser – auch nicht dem politischen Gegner gegenüber.“ Als Landrat habe Linden zum Zusammenwachsen des Kreises nach der kommunalen Neugliederung von 1972 beigetragen. „Als Integrationskraft“, so Decker, „erfreute sich Josef Linden auch auf dem Gebiet des Altkreises Schleiden großer Beliebtheit.“

In Köln erfuhr der ehemalige Regierungspräsident Dr. Franz-Josef Antwerpes durch diese Zeitung vom Tod seines Freundes. „Das macht mich sehr traurig“, war seine erste Reaktion: „Er war ein guter Mensch.“ Erst in der vorigen Woche habe er Linden angerufen, so Antwerpes, doch ein Gespräch sei wegen dessen Erkrankung nicht mehr möglich gewesen.

Zahlreiche Wanderungen hatten die beiden unternommen. Dr. Karl-Heinz Decker komplettierte das Wandertrio. Rund 20 Jahre lang trafen sie sich einmal jährlich Ende September, um vier Tage in der Natur zu verbringen. „Einmal hatten wir uns total verlaufen“, erinnert sich Antwerpes. Ein Ortsvorsteher habe sie dann mit dem Auto kurz vor Einbruch der Dunkelheit aufgelesen.

Dass der Christdemokrat Linden mit ihm, dem Sozialdemokraten, regelmäßig gewandert sei, hätten nicht alle CDU-Mitglieder kritiklos hingenommen, blickt Antwerpes zurück: „Was für ein Quatsch, aber damals sah man das noch enger.“

Abhalten ließen sich beiden dadurch nicht. Linden und Antwerpen hätten sich gut verstanden, bestätigt der Schleidener Altbürgermeister und ehemalige CDU-Kreisvorsitzende Alois Sommer – trotz oder gerade wegen ihrer unterschiedlichen Charaktere. „Antwerpes immer für eine kleine Stichelei zu haben, Linden der Ausgleichende“, so beschreibt Sommer die beiden.

„Mit seiner ruhigen Art hat Josef Linden gemeinsam mit OKD Decker den Kreis Euskirchen sehr gut geführt“, würdigt Sommer seinen Weggefährten: „Josef Linden war ein guter Mensch.“

Von einem beliebten und bürgerlichen Landrat weiß auch Lindens Nachfolger auf dem Landratsposten, Günter Rosenke, zu berichten, der seinen Vorgänger 2016 anlässlich des 90. Geburtstages im Seniorenheim in Berg besucht hatte.

Als ruhig und gelassen, aber zielstrebig und souverän habe er Linden kennengelernt und geschätzt – daran habe er sich ein Beispiel genommen und sei damit immer gut gefahren. „Als ich 1994 Landrat und damit sein Nachfolger wurde, hat er mich an seinem reichen Erfahrungsschatz teilhaben lassen. Dafür bin ich ihm sehr dankbar“, so Rosenke: „Josef Linden hat sich große Verdienste um unseren Kreis Euskirchen erworben.“

Bis Linden vor etwas mehr als einem Jahr in das Seniorenheim in Berg zog, lebte er seit seiner Geburt in Obergartzem. „Der Doppelort Obergartzem/Firmenich hat ihm immer sehr am Herzen gelegen“, sagt Mechernichs Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick. Man könne ihn durchaus als den „geistigen Vater des Gewerbegebietes“ bezeichnen, erklärt Schick.

Auch um die Realisierung der damals langersehnten Ortsumgehung habe sich Linden verdient gemacht. „Ich hatte viele nette Gespräche mit Josef Linden und so manchen guten Ratschlag von ihm erhalten“, so Schick – wobei „nett“ nicht bedeute, dass man immer einer Meinung gewesen sei: „Aber das waren immer offene und gute Gespräche.“

Auch Schick gehörte zu den Gratulanten, die Linden anlässlich seines 90. Geburtstages im September 2016 im Seniorenheim besuchten. Dass es Josef Linden in seinem Leben nicht immer leicht gehabt habe, machte sein Sohn Karl-Josef damals deutlich: „Das Klischee vom allzeit strahlenden Landrat trügt. Der Vater hatte ein ganz schön schweres Leben.“

In jeder Generation habe er einen nahen Verwandten verloren. „Das fing schon mit seiner Mutter, Elisabeth Linden, an, die 1959, uns Enkelkinder an der Hand, beim Autohaus Krings von einem Moped angefahren und getötet wurde.“ Josef Lindens Sohn Willi verunglückte 1991 bei einem Verkehrsunfall tödlich, 2012 erlag ein Urenkelkind einer Krankheit und 2015 starb Lindens Ehefrau Helene, mit der er knapp 65 Jahre verheiratet war. Nun trauern sein Sohn, seine Tochter sowie sieben Enkel und sechs Urenkel um ihren Vater, Opa und Uropa – und mit ihnen eine große Anzahl von Weggefährten.

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