Kurse in KölnWie Langlauf auf Rädern – Skiken ist ganzjährig und fast überall möglich

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Erste Roll-Versuche im Workshop

Erste Roll-Versuche im Workshop

Köln – Er taucht auf wie aus dem Nichts an einem noch nicht taghellen Morgen und saust auf einem halb von Büschen verdeckten Weg an mir vorbei. Ich kann auf die Schnelle nur die männlichen Gesichtszüge erkennen, und wäre diese Erscheinung nicht von einem rhythmischen Tack-Tack-Tack begleitet gewesen, hätte ich den Mann kaum wahrgenommen. „Coole Idee, dass man Außerirdische auf Rollen durch die Gegend sausen lässt“, hätte ich wahrscheinlich gesagt, wenn ich die Szene vom Fernsehsessel aus auf einem Bildschirm verfolg hätte.

„Macht super Spaß“

Es sollten noch etliche Monate vergehen bis zur nächsten Begegnung der dritten Art. Diesmal ist es eine Person, die in geringerem Tempo auf dem Fahrradweg parallel zum Militärring auf mich zurollt. „Geht das, dass Sie mal kurz anhalten?“, rufe ich dem Mann zu, kurz bevor er auf meiner Höhe ist. Er beugt die Knie, drückt sein Gesäß ein wenig merkwürdig nach hinten und kommt zum Stehen.

„Wie nennt man das, was Sie da machen?“, frage ich. „Skiken“, entgegnet der Mann. Sein Gesicht wirkt erhitzt, aber seine Augen strahlen. „Ist ziemlich anstrengend, macht aber super Spaß“, sagt er und merkt, wie mein Blick über die Erdspuren am Ärmel seiner Windjacke zu seiner noch stärker verschmutzten Oberschenkelaußenseite wandert. „Hab' mich gerade schon zweimal hingelegt“, meint er grinsend. „Ich mache es heute nämlich zum ersten Mal.“ „Dafür sieht es aber schon recht professionell aus“, stelle ich fest und beobachte, wie er seine langen Stöcke in Position bringt und mit einem rhythmischen Tack-Tack-Tack von dannen rollt.

Noch am selben Tag surfe ich durchs Netz, bis ich auf Marion Meurer stoße. Die 50-jährige medizinische Fachangestellte bringt Leuten bei, was ich nach dieser Begegnung unbedingt auch lernen möchte. Skiken, auch Nordic Skating oder Cross Skating genannt. Treffpunkt für unseren dreistündigen Workshop ist ein Parkplatz am Rande des Beethovenparks.

Blöderweise hat sich der Himmel an diesem Vormittag zu einer fiesen Graufärbung entschlossen und es tröpfelt. Sollte der Regen zunehmen und den Untergrund aufweichen, wären das schlechte Voraussetzungen für die ersten Versuche auf Rollen, weil man auf feuchtem Grund schnell ins Rutschen kommt.

Erfahrung mit Inlinern oder Schlittschuhen sind vorteilhaft

Wie sich zeigt, haben die sechs Kursteilnehmer (zwischen Mitte 40 und Ende 50) bereits Erfahrung mit Inlinern oder Schlittschuhen. „Gute Voraussetzungen sind ein gewisses Bewegungstalent, Koordinationsvermögen und eine sportliche Grundfitness“, betont Claus (49). Er ist Arzt, was ich als Ausgangspunkt für meine ersten Rollübungen beruhigend finde.

Meurer lädt ein halbes Dutzend großer Taschen aus dem Kofferraum und entnimmt jeder ein Paar dieser Geräte, die jeweils mit zwei Reifen bestückt sind. Da diese ähnliche Eigenschaften wie Fahrradreifen haben und sich auch aufpumpen lassen, kann man im Gegensatz zu Inlinern gut damit gut über Waldboden, über Schotter, Rasen und andere Pisten fahren.

Die Bremse passt sich an

„Die Sportart kommt aus Österreich und sei ursprünglich von Biathleten erfunden worden, die nach einer Trainingsmöglichkeit im Sommer suchten“, erklärt die lizensierte Skike-Trainerin, während sie Klaus beim Einstieg in die je nach Schuhgröße verstellbaren Skikes hilft. Drei Bänder mit Klettverschlüssen fixieren den Fuß auf der Schiene. Dann macht sich Meurer an zwei wichtigen Flügelmuttern im Fersenbereich zu schaffen. Damit passt sie die Bremsen gewissermaßen dem Leistungsstand des Fahrers an.

Anders als bei Inlinern reduziert man das Tempo durch Gewichtsverlagerung nach hinten. Wie früh der Unterschenkel die Bremse auslöst, lässt sich variieren. Mittels einer weiteren Korrekturschraube im hinteren Fesselbereich kann man „X-Beine oder O-Beine ein wenig ausgleichen“, erklärt Meurer. „Und zwar für immer“, wirft Klaus ein und lacht.

Inzwischen haben auch Ingo und Ulrike ihre Skikes angeschnallt, stellen sich auf Meurers Kommando im Kreis auf und absolvieren ein paar Aufwärmübungen, indem sie abwechselnd die Beine heben. Danach geht es auch schon auf die Strecke.

Es rumpelt unter den Füßen, und jeder Schotterstein erscheint im ersten Moment wie ein unüberwindbares Hindernis. Bei Bernd hingegen wirken schon die ersten Bewegungen so fließend, als habe sich der Mittvierziger schon oft auf diese Weise fortbewegt. „Ich fahre nächstes Jahr die Vierschanzen-Tournee mit“, witzelt er, derweil auch Ingo sich „wie auf dem Weg zur Piste“ fühlt. „Wir stehen tief, locker in den Knien, den Oberkörper leicht vorgebeugt, die Schulter gibt die Richtung vor“, instruiert Meurer und fährt im eleganten Schwung voraus. „Schöne lange Bewegungen wie beim Walzer“, ruft sie uns zu. Alles klar.

Mein rechter Fuß schmerzt, als komme ein Krampf, was meinem Walzerbestreben zuwiderläuft. Das sei am Anfang ganz normal beruhig Meurer. „Man versucht, die Skikes mit den Zehen festzuhalten, aber das müssen wir nicht.“ Ich versuche zu entspannen – und schon geht es spürbar besser voran.

Er habe beim Joggen immer mehr mehr Kniebeschwerden bekommen und deshalb nach einer alternativen Sportart gesucht, erklärt Ingo. Die Belastungsintensität für die Gelenke sei hierbei deutlich geringer, als beim Joggen“, bestätigt Claus, der Mediziner.

Jeder findet seinen Rhythmus

Nachdem wir einigermaßen fließend geradeaus fahren und bremsen können, verteilt Meurer die Stöcke. „Was, so lang sind die?“, frage ich ungläubig und schaue auf den in Kinnhöhe sitzenden Griff. „Zwischen Schulter und maximal Stirnhöhe“, erläutert Meurer und fügt hinzu, dass „die Stockhöhe jedoch nicht ganz so wichtig“ ist wie beim Nordic Walking.

Dann fährt sie voraus. Tack, Tack, Tack macht es, wenn sie die Bajonettespitze in den Boden stößt. Es dauert ein wenig, bis jeder von uns seinen Rhythmus gefunden hat, aber irgendwie verleiht das lange Gerät in den Händen auch ein Gefühl von mehr Stabilität und Sicherheit.

Ich werde weitermachen

„Wichtig ist, dass wir die Stöcke beim Bremsen oben lassen“, ruft Meurer, sonst falle man unter Umständen auf den Rücken. Apropos Fallen: „Ihr sollten beim Skiken schon Helm tragen“, empfiehlt die Trainerin. Knieschoner hätten indes keinen Sinn, „weil man ,wenn, zur Seite falle.

Nach zwei Stunden kommen wir auf der Ebene schon ganz gut voran. „Ein bisschen mehr aus der Schulter heraus“, korrigiert Meurer Ulrikes Stockeinsatz und rät Klaus, seine „minimal länger am Boden zu lassen“. Ich merke meinen Puls und stelle fest, dass die ganze Arm- und Oberkörpermuskulatur involviert ist.

„Vorne an der Kreuzung geht es bergab“, ruft Meurer und bereitet uns auf unsere letzte Übung vor: Kontrolliert bremsen am Hang.

Claus beugt die Knie und nimmt den Hang wie ein geübter Schussfahrer - die Stöcke unter die Arme geklemmt. Ich bin beeindruckt, brauche aber wesentlich länger, um die Scheu vorm Gefälle zu überwinden. Unten angekommen und dann – ähnlich wie auf der Skipiste – wieder hochgeklettert, steht für mich jedoch fest: Ich werde weitermachen. So schnell wie der Typ damals im Halbdunkel muss ich ja nicht werden.

Skike-Kurse in Köln im September

Marion Meurer bietet am 10. September wieder einen Skike-Kurs (60 Euro für drei Stunden) in Köln an. Anmelden kann man sich auf ihrer Homepage. Willkommen sind Anfänger oder Leute, die auffrischen möchten. Die Ausrüstung für den Kurs wird gestellt. Weitere Termine auf Anfrage.

Mehr Informationen über diese junge Ganzkörpersportart sowie über Routen bietet auch die Websiten:

www.cross-skating-rhein-ruhr.de

www.nws-team.de

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