Von wegen „hausgemacht“Qualität und Hygiene – so tricksen Eisdielen und Hersteller

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Nelson Müller testet: Wie gut ist Eis in Deutschland?

Eis ist gleich Eis? Dass diese Gleichung nicht aufgeht, zeigt der große Eis-Test mit Sternekoch Nelson Müller, der am Dienstagabend um 20.15 im ZDF und in der Mediathek zu sehen ist.

Gerade bei der Vielfalt hat der Verbraucher häufig das Nachsehen – sowohl bei vielen Eisdielen als auch bei Eissorten aus dem Supermarkt oder Discounter.

Hinter „hausgemachtem Eis“ verbergen sich auch in vielen Eisdielen oft nur Zuckerbasispulver, Milchpulver und Wasser. Das ist sozusagen die Basismischung für Milchspeise-Eis. Fertigpasten mit den Geschmacksrichtungen Ananas oder Amarena sorgen für den Unterschied.

Mehr als die Hälfte deutscher Eisdielen nutzen Fertigmischungen

Besonders erschreckend: Mehr als die Hälfte, nämlich 3800, von insgesamt 7000 Eisdielen in Deutschland werden von demselben Lieferanten von Eisbasis-Mischungen versorgt. Hinzu kommen noch weitere kleinere Lieferanten – bleiben also nicht viele Handwerkseis-Dielen übrig, die ihr Eis täglich mit echter Milch und echtem Zucker selbst frisch zubereiten.

Sommerferien Symbolbild

Zeit für Sommer, Sonne und Eiscreme: Doch halten Eisdielen und Hersteller, was sie versprechen?

Was die Vielfalt angeht, schneidet die Branche mit nur einem von fünf Sternen in der Sendung sehr schlecht ab. Der Rat der Experten: Hat eine Eisdiele sehr viele Sorten im Angebot, sollte das in jedem Fall stutzig machen. Im Zweifel am besten nachfragen, wie das Eis zubereitet wird.

Wie steht es um das Eis beim Discounter und im Supermarkt?

Wie sieht es nun mit dem Eis aus dem Supermarkt und Discounter aus? Insbesondere im Verhältnis zum Preis? Das Erdbeereis von Langnese Cremissimo kommt bei den Testern am besten an. Es schmecke „wie selbst gemacht“ und mit 900 Millilitern für 1,99 Euro liegt es preislich im Mittelfeld. Das 5,99 Euro teure Erdbeereis von Häagen Dasz landet geschmacklich auf dem zweiten Platz vor „Mucci Erdbeer“ von Aldi Nord für 1,49 Euro.

Viele Eispackungen enthalten hauptsächlich Luft

Was den Preis angeht, müssen Verbraucher allerdings genau aufpassen. Denn in vielen Eispackungen befindet sich insbesondere eine Zutat: Luft. Das getestete Vanille-Eis von Rewe beinhaltete 25 Prozent Luft, bei der Edeka-Billigmarke „Gut und günstig“ waren es 44 Prozent. Wer Vanille-Eis bei Aldi (51 Prozent) und Penny (52 Prozent) ersteht, kauft sogar mehr Luft als Eis.

In der Kategorie „Preis“ vergeben Sternekoch Nelson Müller und sein Team nur zwei von fünf Sternen: Es werde zu oft mit zusätzlicher Luft und den Zutaten getrickst.

Milcheis muss siebzig Prozent Milch enthalten

Was die Qualität angeht, muss man als Verbraucher Folgendes wissen: Um sich „Milcheis“ nennen zu dürfen, muss die entsprechende Sorte siebzig Prozent Milch enthalten. Bei „Eiscreme“ ist deutlich weniger vorgeschrieben. Hinter der Bezeichnung „Eis“ dagegen verberge sich häufig nur eine Mischung Pflanzenfett und günstigen Aromen.

Zweifelhafter Genuss? Mindestens mehr als die Hälfte der deutschen Eisdielen verwenden Fertigmischungen.

Zweifelhafter Genuss? Mindestens mehr als die Hälfte der deutschen Eisdielen verwenden Fertigmischungen.

Die Eismacherin Monika Reinhardt, die in ihrer Essener Eisdiele Kika’s täglich frisches Eis zubereitet, testet für Nelson Müller in der Sendung verschiedene Schokoeissorten aus Supermarkt und Discounter. Ihr Favorit: Langnese Cremissimo Schoko für 3,29 Euro, das sie als „cremig“ bezeichnet. Auch die Schokoraspeln überzeugen die Expertin. „Rewe Choco Chip“ für 1,99 Euro sei ihr ein „bisschen zu fluffig“ und im Nachgeschmack „ein bisschen zu flach“. Das Rewe-Eis schneidet also mittelmäßig ab.

Edelmarke Mövenpick schneidet schlecht ab

Erstaunlich: Über die Sorte der Edelmarke Mövenpick für 3,79 Euro sagt die Expertin: „Das würde ich nicht aufessen“. Das Eis löse sich auf der Zunge nach einer Sekunde in Wasser auf. Auch Aldi Nords Version „Mucci“ für 1,49 Euro fällt bei ihr durch: „zu wässrig“.

Generell könne man sagen, halten die Experten fest: Je kürzer die Zutatenliste, umso hochwertiger das Eis. In der Kategorie „Qualität“ gibt es drei von fünf Sternen.

Alarmierende Ergebnisse bei der Hygiene in deutschen Eisdielen

Wie steht es aber um die Hygiene in deutschen Eisdielen? Hier sind die Ergebnisse der Sendung ziemlich alarmierend: In vier von sieben Stichproben findet Lebensmittelchemiker Dr. Ulrich Nehring erhöhte Keimzahlen.

Wissenschaftler entdecken Enterobakterien, die Durchfall auslösen

Die Wissenschaftler entdecken Enterobakterien, die Übelkeit, Durchfall und Erbrechen auslösen können. Bei zwei Proben ist der Richtwert überschritten, bei zwei weiteren sogar der gesetzliche Warnwert. Heißt: „Das Eis hätte so nicht verkauft werde dürfen“, so Nehring. Wahrscheinlich sei bei der Herstellung des Eises etwas schiefgelaufen und zum Beispiel die Eismaschine oder ein Werkzeug nicht richtig gereinigt worden.

Positiv dagegen: Die Softeis-Proben von Burger King, McDonalds und Ikea schneiden im Labor gut ab. Hier gebe es keine Hygiene-Probleme. In Sachen Gesundheit benoten die ZDF-Tester mit drei von fünf Sternen.

Kriterium Geschmack: Tester können Originale nicht von Nachahmern unterscheiden

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Eis am Stiel - beliebt bei groß und klein.

Bleibt noch der Geschmack als Kriterium: Hier fällt auf, dass die Tester den Unterschied zwischen Marken und Nachahmern in der Regel gar nicht oder kaum wahrnehmen. Das Original Calippo Cola von Langnese können sie nicht vom Nachahmer Pianola vom Discounter Lidl auseinanderhalten. Ähnlich ist es beim „Big Sandwich“ von Schöller und dem Nachahmer von Aldi.

Wer kann Magnum das Wasser reichen?

Das beliebteste Eis am Stiel der Deutschen ist allerdings Magnum von Langnese, von dem täglich drei Millionen Exemplare hergestellt werden. Gleichzeitig ist es auch das am meisten kopierte Eis. Bei der Blindverkostung favorisieren hier tatsächlich die meisten Tester das Original. Mithalten können die Varianten von Milka und Lidl. Penny schneidet mit seinem Produkt dagegen schlecht ab.

Die Tester sind überzeugt: Beim Geschmack liegt die Eisbranche in Deutschland insgesamt weit vorne: fünf von fünf Sternen. (rer)

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