"Die Liebe zur Natur hat schon früh angefangen"

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Herr Böckmann, warum tun Sie sich das an?

Was denn?

Sie sind der Pate der Paten. Es kümmern sich rund 300 Menschen im Rechtsrheinischen um die sogenannten Baumscheiben, die kleinen Beete rings um die städtischen Bäume am Straßenrand. Und Sie sind deren Pate, der Pate der Baumscheibenpaten. Dabei sind Sie eigentlich Rentner. Sind Sie nicht gern daheim?

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Doch, klar! Schon, weil ich eine wunderbare Frau habe. Aber jeder, der mich kennt, weiß: Lange auf dem Sofa sitzen konnte ich noch nie.

Die Pflanzen sind Ihnen lieber als die Couch?

Auf jeden Fall. Diese Liebe zur Natur hat schon früh bei mir angefangen. Ich bin auf dem Land aufgewachsen in Dabringhausen, einem Stadtteil von Wermelskirchen im Bergischen. Da bin ich mit 14 in die Lehre als Landwirt gegangen.

Mit nur 14 Jahren?

Ja, klar, ich bin Jahrgang 1948, das war damals üblich so. Da hatten wir noch nicht die Maschinen, über die moderne Landwirte verfügen. Damit mein Chef mit der Erntemaschine aufs 15-Hektar-Feld kommen konnte, musste ich vorarbeiten und mit der Sense den Rand herunterschneiden. Ich sag Ihnen: An den Tagen, an denen ich das gemacht habe, wusste ich abends, was ich geleistet hatte.

Da war die Couch okay?

Dann ja (lacht). Na ja, und als ich mit der Lehre fertig war, hat mich ein Garten- und Landschaftsbauer gefragt, ob ich bei ihm anfange möchte. Da bin ich in den Garten- und Landschaftsbau gewechselt. Die Firma hat zum Beispiel eine Grünanlage angelegt auf dem Gelände, auf dem der alte Klingelpütz gestanden hatte.

Ach, den Klingelpützpark?

Genau, in der Altstadt. Und obgleich mir die Arbeit sehr viel Freude bereitet hat, sind mir nach einigen Jahren doch Zweifel gekommen; denn ich war ja ungelernt.

Sie waren doch Landwirt.

Das zählt aber im Garten- und Landschaftsbau nichts. Darum dachte ich mir: Es wäre besser, wenn ich den Beruf von der Pike auf lerne. Und da hatte ich Glück: Ich war einem Gärtnermeister der Stadt aufgefallen, und der hat mich gefragt, ob ich nicht die Stelle wechseln und bei ihm den Beruf lernen möchte. So bin ich zum Botanischen Garten gekommen, in die Flora.

Davon träumen vermutlich viele, die Gärtner werden möchten.

Verständlich, ich bin bis heute dankbar für die Zeit. Was ich da alles gelernt habe! Als Lehrling, als Geselle, während der Meisterschule, später auch in leitender Funktion. Vor allem die Heilkräuter, die Giftpflanzen und die Farne hatten es mir angetan.

Farne sind grün. Und sonst?

Die gibt's nicht nur in Grün, die gibt's in verschiedenen Farben. Und jeder Farn hat eine unterschiedliche Struktur und Textur, das fasziniert mich bis heute.

Wie lange waren Sie da?

31 Jahre lang. Bis 1999. Dann hat sich mir die Möglichkeit geboten, die Stadtgärtnerei in Poll zu leiten. Eine Herausforderung!

Was haben Sie da gemacht?

Die Stadtgärtnerei ist Ausbildungsbetrieb im Blumen- und Zierpflanzenbau, sie ist die Kinderstube aller städtischen Pflanzen. Und ich war unter anderem noch verantwortlich für das sogenannte mobile Grün. Das war klasse. Wir haben zum Beispiel die Schildergasse mit Blumenkübeln bestückt, vielleicht erinnert sich der ein oder andere an die wunderbaren Kanarischen Dattelpalmen.

Ja, wo sind die hin?

Das mobile Grün musste eingespart werden, schon, weil die Sommerblumen gerne mal Beine bekamen.

Wie - einfach geklaut?

Ja, und wenn wir mal einen erwischt haben, haben wir uns Sachen angehört wie: Ich zahle doch Steuern, da darf ich mir auch mal eine der Blumen mitnehmen, die ich mitfinanziere. Na ja, und von 2005 an habe ich dann den Rheinpark zusätzlich zur Stadtgärtnerei geleitet. Das war eine spannende Zeit.

Warum?

Der Rheinpark hatte lange einen Dornröschenschlaf geführt, es hatten nur wenige Mittel zur Verfügung gestanden. Aber für die 50-Jahr-Feier des Parks im Jahre 2007, also 50 Jahre nach der Bundesgartenschau 1957, da wurden Mittel frei. Damit haben wir unter anderem den Rosengarten, die Spielelandschaft und die Staudenbeete neu angelegt. Und wir haben Skulpturen wiederentdeckt.

Was heißt wiederentdeckt?

Die Windspielharfen waren überwuchert. Wir konnten sie freilegen und aufwendig sanieren lassen. Tja, und wenn Sie so viel mit der Natur erlebt haben, können Sie einfach nicht davon lassen, verstehen Sie?

Hauptsache, Ihre Frau versteht das.

Ich denke schon. Sie spricht mich immerhin noch beim Vornamen an.

Zur Person

Gerhard Böckmann (69) ist ausgebildeter Landwirt und Gärtnermeister. Er hat bis zu seinem Ruhestand den Deutzer Rheinpark sowie die Stadtgärtnerei in Poll geleitet. Seither berät er ehrenamtlich alle, die im Rechtsrheinischen sogenannte Baumscheibenpatenschaften übernehmen. Mit seiner Frau lebt Böckmann in Flittard. (vek)

STECKBRIEF

Was mir in Flittard gut gefällt: Die dörfliche Gemeinschaft in Flittard ist sehr ausgeprägt, das gefällt mir. Ich bin ja eigentlich auf dem Land aufgewachsen. Flittard erinnert mich daran, wie es auf dem Dorf war. Schon wegen der tollen Nachbarschaft: Wir leben nicht anonym, hier kennen sich die Nachbarn und helfen in der Not einander. Mein liebster Platz: ist der Damm am Binnenwasser in der Flittarder Rheinaue. Da blicke ich auf den Rhein, auf die Pappeln, die Getreidefelder und Wiesen. Das ist Natur pur, das liebe ich. Mein Lieblingslokal: Das ist das Eiscafé an der Evergerstraße. Das Straciatella-Eis ist unglaublich. Was im Veedel verbesserungswürdig ist: Das ist in Flittard wie in ganz Köln: Ich wünschte mir eine saubere Stadt und ein sauberes Viertel. Ich verstehe die Aktion "Kölle putzmunter" nicht: Da wird einmal im Jahr die Rheinaue gesäubert, und ich frage mich dann immer: Warum nimmt denn nicht einfach jeder seinen Dreck wieder mit nach Hause, statt ihn achtlos wegzuwerfen? Dann wären solche Aktionen gar nicht erst nötig, die Stadt wäre aber trotzdem sauber. Da hätten wir alles was von. (vek)

Baumscheibenpaten

Jeder kann ehrenamtlicher Baumscheiben- oder Grünflächenpate werden. In Köln haben sich stadtweit bereits 1200 Menschen angemeldet. Wer Interesse hat, kann sich bei Sandra Winter vom Amt für Landschaftspflege und Grünflächen unter der Telefonnummer 0221/ 2 21-2 76 07 melden. Wer sich um ein Beet im Rechtsrheinischen kümmert, wird beraten von Gerhard Böckmann, der das selbst ehrenamtlich macht. (vek)

67-Ehrenamt@Stadt-Koeln.de www.stadt-koeln.de/ mitgestalten

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