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Kölner RheinAufregend oder nervtötend – Am Jetski-Fahren scheiden sich die Geister

Lesezeit 5 Minuten
Mehr als 100 Stundenkilometer können die Jetski-Fahrer auf dem Wasser erreichen.

Mehr als 100 Stundenkilometer können die Jetski-Fahrer auf dem Wasser erreichen.

Köln – Wenn Michael Nilgen seinen Jetski zu Wasser lässt – im Fachjargon „slippen“ genannt – und den Motor startet, steigen erst Benzindämpfe aus dem brodelnden Wasser am Heck des Fahrzeugs. Dann tuckert der 300-PS-Motor hörbar und lässt schon ahnen, dass das Kraft- und Lärmpotenzial im Leerlauf noch lange nicht erreicht ist.

Richtig laut wird der Motor dann, wenn der Pulheimer vom Sürther Ufer aus die Strommitte des Rheins ansteuert, um dann mit einer beeindruckenden Wasserfontäne und aufjaulendem Motor den Fluss entlang rast. Spätestens dann schaut jeder dem Fahrer hinterher. Die einen kopfschüttelnd, die anderen beeindruckt. Denn so viel ist klar: Am Jetski-Fahren auf dem Rhein scheiden sich die Geister.

Dagmar Braun ist seit vielen Jahren Mitglied im Kanu-Verein Grün-Gelb in Rodenkirchen. Sie stört sich „am Krach der Dinger“ und findet Jetskis umweltbelastend. „Hier haben wenige Spaß auf Kosten vieler“, sagt die Rodenkirchenerin.

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Eine ähnliche Meinung vertritt auch Johannes Groener, der regelmäßig mit seinem Hund am Rhein spazieren geht. „Jetskis sind nervig und laut“, sagt er und ergänzt: „Aus meiner Sicht ist das ökologischer Schwachsinn. Man tut alles, um den Rhein für Mensch und Tier lebenswerter zu machen, und dann kommen diese Jetski-Fahrer mit ihrem aggressiven Fahrstil und zerstören mit dem Lärm die Idylle.“ Er bezweifelt sogar, dass dies rechtens sei.

Tatsächlich gelten für das Fahren mit Jetskis strenge gesetzliche Regeln. Kersten Klophaus, Erster Polizei-Hauptkommissar und seit 2011 Dienstellenleiter der Kölner Wasserschutzpolizei, verweist auf die entsprechende „Verordnung über das Fahren mit Wassermotorrädern (Jetskis) auf Binnenschifffahrtsstraßen“.

Immer stärkere Motorleistung

Diese verkürzt „Wassermotorräder-Verordnung“ genannte Rechts-Vorschrift gilt auch für das Fahren mit Jetskis auf dem Rhein. Klophaus: „Erst letztes Jahr dachte man darüber nach, das Fahren von Jetskis auf Bundeswasserstraßen grundsätzlich zu verbieten“. Grund für die Überlegungen waren wiederholte Verstöße von Jetski-Fahrern, die immer stärkere Motorleistung – und damit höhere Schnelligkeit – der Gefährte und die damit einhergehende Beeinträchtigung der Berufsschifffahrt.

Man habe es dann aber bei der Verschärfung einzelner Auflagen belassen. Diese Verschärfungen betreffen vor allem sogenannte Wanderfahrten, bei denen man mit dem Jetski von A nach B fährt. Hierbei muss ein erkennbarer Geradeauskurs und eine Pause am Zielort von einer Stunde eingehalten werden – um die Lärmbelästigung zu verringern.

Außerdem sind nur bestimmte Bereiche im Rhein für Jetski-Fahrer freigegeben – auf seinem Weg dorthin muss der Jetski-Fahrer den kürzesten Weg einhalten. Sinnloses Hin- und Herfahren ist also nicht erlaubt und wird auch geahndet.

Auch bei den Schiffern sind die Jetski-Fahrer unbeliebt: Manche Binnenschiffer melden der Wasserschutzpolizei Jetski-Fahrer, die die im Fahrwasser der Schiffe entstehenden Wellen gerne für Sprünge und enge Kreisfahrten nutzen. „Das geht den Binnenschiffern nicht nur auf die Nerven, es ist auch verboten“, sagt Klophaus und ergänzt: „Zumal die Jetski-Fahrer anderen Wasserfahrzeugen – aber auch der Ufervegetation – nicht näher als zehn Meter kommen dürfen.“

Abgesehen von den Binnenschiffern seien Beschwerden über Jetski-Fahrer aber eher selten. „Hier hilft auch unsere Präventions-Arbeit“ sagt Klophaus. „Wir sind immer wieder an Einsetzstellen der Jetskis und rufen den Fahrern die gesetzlichen Rahmenbedingungen in Erinnerung“. Bei Verstößen drohen happige Bußgelder, die zwischen 150 und 300 Euro liegen können.

Schmunzelnd erzählt Klophaus aber auch von der Aktion Kölner Jetski-Fahrer, die in den vergangenen zwei Jahren am 6. Dezember in Nikolaus-Kostümen auf dem Rhein fuhren. „Ist die erforderliche Schwimmweste dabei, ist gegen die Kostümierung nichts einzuwenden“, sagt Klophaus, der privat selbst gerne Sportboot fährt.

Reiz des Jetski-Fahrens

Worin liegt nun der Reiz des Jetski-Fahrens? Für Michael Nilgen ist es schön, Teil einer Jetski-Gemeinschaft von rund 50 Fahrern zu sein. Man kenne sich untereinander, erzählt er. Er fährt seit drei Jahren Jetski auf dem Rhein und bezeichnet sich als Jetski-süchtig – aber auch als umsichtig und vorausschauend, was für das Jetski-Fahren aufgrund des hohen Tempos auch extrem wichtig sei. Den für das Jetski-Fahren benötigten Sportbootführerschein besitzt er seit fünf Jahren. „Wobei Sportbootfahren eher langweilig ist“, findet er.

Jetski-Fahren sei völlig anders: „Es ist schon extrem aufregend, ein so wendiges, leichtes und schnelles Fahrzeug über den Rhein zu bewegen“, sagt Nilgen. „Außerdem haben wir mit den Jetskis schon zwei Schwimmer vor dem Ertrinken im Rhein gerettet“.

Auch Myriam „Myri“ Lang aus Weiß findet Jetski-Fahren toll und gehört zur Kölner Szene. Heute hat sie ihr nagelneues Gefährt bei einem Kölner Händler abgeholt.

„Der schafft fast 130 Kilometer pro Stunde“ sagt sie stolz. Angesprochen auf die wahrnehmbare Kritik am Sport räumt sie ein: „Es gibt immer ein paar Doofe, die uns mit ihrem Verhalten in Misskredit bringen. Aber mit etwas Rücksicht gibt es keine Probleme“.

Jetskifahren: Das ist erlaubt

Auf dem Rhein ist Jetski-Fahren grundsätzlich erlaubt – aber nach festen Regeln. Rechtsgrundlage ist die Wassermotorräder-Verordnung des Bundesverkehrsministeriums. Gefahren werden darf demnach dort, wo das blaue Schild E.22 der Binnenschifffahrtsverordnung das erlaubt. Das ist auf dem Rhein etwa im Bereich Wesseling der Fall. Außerhalb dieser Flächen darf gefahren werden, um zu diesen Bereichen zu gelangen. Hierzu muss aber durch den Jetski-Fahrer ein klar erkennbarer Geradeauskurs eingehalten werden.

Zudem sind sogenannte Wanderfahrten zulässig, bei denen auch erkennbar geradeaus gefahren werden muss. Hierbei darf der Jetski, um Lärmbelästigungen zu verringern, erst nach mindestens einer Stunde wieder in die entgegengesetzte Richtung unterwegs sein. Der Jetski-Fahrer und eine eventuelle Begleitperson müssen zudem eine Schwimmweste tragen. (mul)

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