Pseudo-Italiener, Ego-GurusWas Einheimische an Touristen am meisten nervt

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Nervig, diese Touristen. Ständig nutzen sie italienische Gesten falsch, tsss.

Der Tourist an sich hat nicht unbedingt den besten Ruf. Niemand will heute mehr Tourist sein. Das liegt wohl auch daran, wie sich zumindest einige Reisende im Urlaubsland verhalten. Das Wissensportal Quora hat seine Nutzer nun gefragt: „Was sind die nervigsten Dinge, die Ausländer in Euern Ländern machen?“

Die teilweise überraschenden Antworten kommen unter anderem von Menschen aus Italien, Norwegen und Indien. Was Einheimische in ihrem Land an Touristen am meisten nervt – ein Überblick:

„Hört auf mit dem Selbstfindungsgeschwafel“ was Inder nervt

 „Indien ist ein Land, kein Selbsthilfebuch“, schreibt Prachi Vaity. Die Inderin ist genervt von Backpackern, die erzählen, dass sie in Indien sind, „um sich selbst zu finden“. Ihre Empfehlung: Anstatt tausende Dollar auszugeben und um die Welt zu reisen, sollten Menschen mit Selbstfindungs-Ambitionen lieber ganz bei sich bleiben. Sie sollten Zeit zu Hause verbringen, ohne soziale Medien und einfach die Dinge tun, die sie gerne machen.

Die junge Frau aus Mumbai hat überhaupt nichts gegen Indien-Reisende. „Aber lasst Eure ‚Eat-Pray-Love‘-Einstellung zu Hause“, so Vaity. „Dein Selbst wartet nicht auf Dich in einem Ashram in Indien oder in einem Kloster im Himalaya. Sorry.“

 „Hört auf uns zu imitieren und nein, wir sind nicht alle bei der Mafia“ – was Italiener nervt

Wer sich mit den italienischen Gesten nicht auskennt, sollte sie lieber nicht anwenden, findet Gianmarco Prete. Ausländer, und insbesondere Amerikaner, seien überzeugt, dass die Geste, bei der man alle Finger einer Hand zusammenführt und nach oben hält, in jeder Konversation angebracht sei. Der Italiener stellt klar: „Diese Geste heißt ‚Was willst Du?‘ und kann nicht in jedem Gespräch verwendet werden.“ Seine Empfehlung: „Hört auf damit oder Ihr wirkt wie bigotte Idioten.“

Ein Vorurteil, mit dem er auf jeden Fall noch aufräumen möchte: „Nein, wir sind nicht alle in der Mafia. 99,5 Prozent der Italiener haben nichts mit ihr zu tun.“

„Nein, wir sehen nicht alle aus wie Enrique Iglesias“ – was Spanier nervt

Der Flamenco tanzende Torero, der mit seiner olivfarbenen Haut und den schwarzen Haaren aussieht wie Enrique Iglesias – Don García-Galán kann dieses Klischee nicht mehr ertragen. Ständig konfrontierten ihn Touristen, insbesondere Amerikaner und Asiaten, damit, dass er ja gar nicht aussehe wie ein Spanier. „Die meisten Spanier sehen nicht aus wie diese machomäßig gebräunten mediterranen Typen, die ihr im Fernsehen gesehen habt, wie Antiono Banderas und Enrique Iglesias." Er selbst habe helle Haut und bräunliches Haar. Außerdem lehne er Stierkämpfe und Stiertreiben – wie die Mehrheit der Spanier – ab. Flamenco sei nur typisch für Andalusien, also den Süden von Spanien. Und: Die meisten Spanier hielten keine Siesta, so García-Galán. „Kleine Geschäfte haben von 14.30 bis 16.30 oder 17 Uhr geschlossen – als Mittagspause.“

„Seid bitte leise in der Tube“ – was Engländer nervt

In der Londoner Tube sollten Touristen am besten schweigen oder flüstern, findet Simon Millward. Die Fahrt mit der Tube während der Rush Hour sei ohnehin schon eine Höllenfahrt, wähend der man eingepfercht den Schweiß anderer Menschen ertragen müsse. „Wir sind alle müde, weil wir Engländer sind: Das bedeutet, dass fünfzig Prozent von uns noch einen Kater haben. All das zu überstehen und sich aus der Situation wegzudenken, koste sehr viel Willenskraft und Konzentration. „Also bitte, psssst. Seid leise.“

 „Kommt uns nicht zu nahe und macht keine Witze über Übergewichtige“ – was Amerikaner nervt

Alice Vickerman stammt aus dem Mittleren Westen der USA und wurde anscheinend schon häufig mit nervigen Marotten von Touristen konfrontiert. Ihre Liste jedenfalls, was Reisende besser nicht tun, ist lang. Ein Punkt: Bitte nicht zu nahe kommen. „Amerikaner brauchen ihren persönlichen Raum.“ Ihr Rat: „Wenn sie einen Schritt zurückgehen, ist das ein Zeichen dafür, dass sie mehr Abstand brauchen.“

Außerdem, so Vickerman, sollten Touristen sich nicht über Übergewichtige lustig machen. „Armut ist der Hauptgrund für Übergewicht in den USA.“

„Passt an gefährlichen Stellen selbst auf“ – Was Norweger nervt 

Für Amerikaner ist das sicher ein wichtiger Hinweis: Arve Løken warnt, dass nicht jede gefährliche Stelle in Norwegen eingezäunt ist. Wer also durch  die schöne norwegische Landschaft wandern will, sollte an brenzligen Stellen nicht überall Warnschilder oder Zäune erwarten und stattdessen auf den gesunden Menschenverstand vertrauen. „Wenn ein Naturschauplatz in Norwegen aber eingezäunt ist, heißt es, dass er viel gefährlicher ist, als ihr es erahnen könnt.“ Also: Niemals über den Zaun klettern, wenn die Norweger tatsächlich mal einen aufgestellt haben.

 „Bitte macht keine Selfies vor dem Holocaust-Mahnmal“ – was Deutsche nervt

Genervt von Touristen? Sind die Deutschen nicht. Es sei sehr schwer, die Deutschen als Tourist überhaupt zu nerven, findet Sarah Freytag aus Berlin. Nur zwei Dinge seien absolute No-gos: Erstens sollten Touristen auf keinen Fall Selfies am Holocaust-Mahnmal in Berlin, in ehemaligen Konzentrationslagern oder anderen Gedenkstätten für die Opfer des Zweiten Weltkriegs machen. Insbesondere nicht, wenn sie dabei witzige Posen und Victory-Zeichen machen oder gar Hitler imitieren.

Zweitens, erklärt Freytag, sei es natürlich verboten, den Hitlergruß zu machen. Auch wenn es sich nur um ein Spiel unter Betrunkenen handele. Touristen, die die deutsche Sprache in Nazi-Manier nachahmen, sagt Freytag Folgendes: „Wisst Ihr, Deutsch mag sich für ungeübte Ohren sehr hart anhören – aber wir sind in der Lage, fein zu betonen und zu flüstern.“ Deutsch habe eine generelle Melodie der Wörter und Sätze und könne auch weich ausgesprochen werden.

„Hört auf uns für Eure Weltreise anzubetteln“ – was Indonesier nervt

Es ist schlimm genug, wenn Touristen in unterentwickelten Länder „Slum-Touren“ buchen und Fotos von Bettlern machen, aber wenn sie sich ihnen anschließen, damit sie ihren Urlaub bezahlen können, gehen sie mit ihrem Privileg einen Schritt zu weit“, findet Nariswari Khairanisa Nurjaman. Die Indonesierin ist genervt von „Begpacking“, bei dem westliche Backpcker Einheimische um Almosen für ihre Weiterreise anbetteln. Gerade in südostasiatischen Ländern ist der umstrittene Trend verbreitet.

„Wir Indonesier haben es sehr schwer, uns für ein Visum zu bewerben. Wir müssen mindestens 50 Euro zahlen, dann Wochen lang warten und uns sorgen, ob wir überhaupt ein Visum bekommen“, so die junge Frau. „Und dann kommen da unverantwortliche Ausländer, die das Privileg genießen, mit weniger Mühe reisen zu dürfen. Sie haben es viel leichter hierherzureisen und dann betrügen sie hier die weniger Privilegierten.“

(rer)

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