Dahlemer WindparkMassiver Finanzschaden durch Baustopp

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Weithin sichtbar sind die Stümpfe der Windräder im Windpark Dahlem IV, die vorerst nicht weitergebaut werden können.

Weithin sichtbar sind die Stümpfe der Windräder im Windpark Dahlem IV, die vorerst nicht weitergebaut werden können.

Dahlem – Weithin sichtbar ragen die Stümpfe der im Wald errichteten Windräder in den Himmel. Doch auf der Baustelle ruhen die Arbeiten. Nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen wurde ein Baustopp angeordnet. Die sechste Kammer des Gerichts hatte moniert, dass der Kreisverwaltung Euskirchen beim Genehmigungsverfahren ein Fehler unterlaufen sei (siehe „Die Justiz“). Zum Zeitpunkt des Urteils waren für alle fünf Windräder bereits die Fundamente errichtet, mit dem Bau einiger Türme war begonnen worden.

Die Justiz

Das Verwaltungsgericht Aachen hatte im Juli die vom Kreis Euskirchen erteilte Genehmigung zur Errichtung der fünf Windräder im Windpark Dahlem IV durch einen Eilbeschluss aufgehoben, obwohl die Firma Dunoair bereits fleißig baute. Das Gericht monierte, dass der Kreisverwaltung Euskirchen ein „beachtlicher Verfahrensfehler“ unterlaufen sei. Sie habe im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung angegeben, es seien keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf den Schwarzstorch zu erwarten. Doch ihre Untersuchungsmethode sei fehlerhaft gewesen.

Beschwerde gegen die Entscheidung des Gerichts haben inzwischen sowohl der Kreis als auch das Unternehmen Dunoair eingelegt. Damit wird für die juristische Prüfung des Falls der Zeitpunkt der Genehmigung im Jahr 2016 zugrunde gelegt. Die Möglichkeit einer neuen Umweltverträglichkeitsprüfung wurde also verworfen. Maßgeblich wäre dabei der Zeitpunkt einer neuen Überprüfung gewesen. (pe)

Bei der Firma Dunoair, die Inhaber und Betreiber des Windparks ist, geht man davon aus, dass die Baustelle nun ein Jahr lang ruhen wird. So lange dürfte es ihrer Einschätzung nach bis zur endgültigen juristischen Klärung dauern. Und sollte der Windpark dann nicht errichtet werden, drohe der Firma ein Schaden in zweistelliger Millionenhöhe.

Projektleiter Thilo Wemmer-Geist hat dieser Zeitung nun erläutert, welche Konsequenzen die Entscheidung für sein Unternehmen hat und wie dieses das Votum des Gerichts beurteilt: „Wir und der Kreis Euskirchen konnten das Urteil des Gerichts überhaupt nicht nachvollziehen. Das hat uns extrem überrascht.“ Die Gerichtsentscheidung bedeute, dass sein Unternehmen großen finanziellen Schaden davontragen werde.

Baustelle wird stillgelegt

„Die Baustelle wird derzeit stillgelegt“, sagt Wemmer-Geist. Aktuell würden letzte Arbeiten durchgeführt, um die Baustelle in einen Zustand zu versetzen, in dem man sie sich selbst überlassen könne: „Die Türme dürfen bei Sturm nicht umkippen, gefährliche Gegenstände nicht herumliegen. Gleichzeitig befinden sich bereits Anlagenteile wie Gondel, Flügel und Generator, auf der Baustelle.“ Die müssten bewacht werden. Es entstehen laut Wemmer-Geist nicht nur Einnahmenverluste, sondern auch Überwachungskosten.

Sowohl Dunoair als auch der Kreis als Beklagter haben Beschwerde gegen das Urteil eingelegt. Das Aachener Gericht habe das Verfahren ans Oberverwaltungsgericht Münster verwiesen. „Dunoair ist nicht Beklagter, sondern Leidtragender“, so Wemmer-Geist. Sein Unternehmen sei jedoch weit davon entfernt, zu überlegen, wer wem gegenüber später schadensersatzpflichtig sein könnte. „Wir arbeiten eng mit dem Kreis Euskirchen zusammen. Gemeinsam sind wir der festen Überzeugung, im Vorfeld umfangreich den Artenschutz untersucht zu haben“, so der Projektleiter. Nun verfolge man das Ziel, dass die Genehmigung wieder in Kraft gesetzt werde, um den Windpark zu Ende bauen zu können. Die durchgeführten Artenschutz-Untersuchungen sind seiner Ansicht nach regelkonform.

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Das Gericht habe darauf hingewiesen, dass das Rotbachtal dem Schwarzstorch im Oberlauf als essenzielles Nahrungshabitat diene und moniert, dass durch den Windpark der Bestand gefährdet sei. Wemmer-Geist: „Selbst wenn es zu einem Verlust dieses Nahrungshabitats käme, kann mir keiner erzählen, dass das dazu führt, dass die komplette Schwarzstorch-Population im Kreis kaputt geht.“

„Das ist ein Verfahren, bei dem letztlich niemand gewinnen wird“, konstatiert er. Zwar gingen Dunoair und Kreis davon aus, alles richtig gemacht zu haben. Der Kreis sei schließlich keine Behörde, die es einem Unternehmen in Sachen Windkraft besonders leicht mache. „Der Artenschutz wird aber auch nicht gewinnen. Denn wir werden nun mit den Bauarbeiten mindestens in eine zweite Reproduktionsphase kommen“, erläutert er. Dies ist der Zeitraum, in dem sich ein Lebewesen fortpflanzen kann. Man habe vorgehabt, mit den Bauarbeiten vor dem Frühling fertig zu sein, so dass weitere Störungen im Wald unterblieben. Bei der Fortsetzung der Arbeiten würden die Arten länger gestört.

70 Windräder gebaut

Dunoair hat knapp 70 Windräder in 13 Windparks in Rheinland-Pfalz, NRW, Niedersachsen und derzeit im Saarland gebaut. Außerdem läuft gerade für ein Projekt in Irland das Genehmigungsverfahren. „Ein solcher Baustopp wie in Dahlem ist uns noch nie passiert“, so Wemmer-Geist. Zwar sei im Vorfeld gegen Windräder im Baasemer Wald geklagt worden, doch die Klage sei zurückgezogen worden, so dass gebaut werden konnte.

Das „Worst-Case-Szenario“, dass der Windpark Dahlem IV endgültig nicht gebaut werden darf und alles wieder abgebaut werden muss, hält Wemmer-Geist für unwahrscheinlich. „Wir sind überzeugt, dass das Projekt kommen wird, denn wir haben alles richtig gemacht“, glaubt er.

Im Übrigen seien für die juristische Bewertung nur Erkenntnisse interessant, die bis zum Zeitpunkt der Genehmigung vorgelegen hätten. Alles, was sich im Nachgang ergebe, sei also irrelevant. Dazu gehört nach Ansicht Wemmer-Geists die aktuelle Sichtung eines Rotmilans in dem Gebiet.

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