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„Wirklich das Letzte“Falscher Wasserwerker muss ins Gefängnis – Senioren ausgeraubt

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Der Angeklagte Richard K. (r.) und sein Verteidiger Oliver B. Gaertner im Kölner Landgericht.

Der Angeklagte Richard K. (r.) und sein Verteidiger Oliver B. Gaertner im Kölner Landgericht.

Köln – Seine Opfer waren alt, gebrechlich, standen teilweise sogar unter Betreuung: So hatte Richard K. (37, Name geändert) leichtes Spiel, als er an der Haustür der 80-Jährigen klingelte und als angeblicher Mitarbeiter der Kölner Wasserwerke nach dem Rechten sehen wollte, um Schlimmeres zu vermeiden.

„Bei ihrem Nachbarn kommt schon das Wasser von der Decke“, lautete sein Standardsatz, mit dem er bei den Senioren auf bereitwillige Mithilfe stieß. Während er seine Opfer anwies, im Badezimmer Wasserhähne und Toilettenspülung zu betätigen, sah er sich unbeobachtet in der Wohnung nach Bargeld und Wertsachen um.

In mindestens elf Fällen erbeutete er Schmuck und insgesamt rund 3000 Euro Bargeld, bis die Polizei ihm im Mai 2016 per Handy-Ortung auf die Spur kam. K. hatte seine Opfer aus dem Telefonbuch ausgewählt, dabei stets auf für ältere Semester typische Vornamen geachtet und die Senioren stets vorher angerufen, um sicherzustellen, dass sie zu Hause waren.

Fünf Jahre für den falschen Wasserwerker

Der mehrfache Familienvater wurde am Dienstag vor dem Landgericht wegen gewerbsmäßigen und besonders schweren Diebstahls für fünf Jahre hinter Gitter geschickt. Zuvor muss der alkohol- und drogenabhängige Angeklagte für zehn Monate in eine Entzugsklinik.

Die Anklägerin hatte eine sechsjährige Haftstrafe gefordert und dem Angeklagten trotz seiner Suchtproblematik volle Schuldfähigkeit attestiert. Zu zielgerichtet und geplant habe K. die Taten begangen, um von einer strafmildernd zu wertenden Steuerungsunfähigkeit beeinträchtigt gewesen zu sein.

„Es ist wirklich das Letzte, was Sie den Opfern angetan haben“, sagte der Vorsitzende Richter in der Urteilsbegründung mit Blick auf die Auswahl der Opfer, die überwiegend in eher ärmlichen Verhältnissen lebten: „Für die ist der Verlust von 100 Euro immens, eine existenzielle Bedrohung.“ Eine Seniorin war beispielsweise neben ihrer kleinen Rente auf Sozialleistungen angewiesen.

Sie musste nach dem Überfall vom Roten Kreuz mit Lebensmittel-Paketen unterstützt werden, weil das Geld nicht mehr zum Leben reichte. Zudem habe der Angeklagte den Senioren Erbstücke von unwiederbringlichem immateriellen Wert gestohlen, beispielsweise den Ehering des verstorbenen Ehemanns oder ein eisernes Kreuz zweiter Klasse. Auch die erheblichen psychischen Folgen für die Opfer wertete das Gericht strafschärfend.

Viele Senioren extrem verängstigt

So waren die meisten Senioren nach der Tat extrem verängstigt, brachen jegliche soziale Kontakte ab und lassen bis heute nur noch Familienmitglieder ins Haus. In einem Fall hatte eine Seniorin sogar der Putzhilfe gekündigt, um keine Fremden mehr die Wohnung betreten zu lassen.

Eine andere Geschädigte zog trotz des hohen Alters in eine andere Wohnung in den fünften Stock, obwohl sie mit dem Rollator im Aufzug nur bis zur vierten Etage fahren kann. Aber ein Verbleib in der ebenerdigen Wohnung kam für die extrem verängstige Frau nicht mehr infrage.

Angeklagter leistet Widerstand

Bei der Festnahme hatte der Angeklagte in seiner Wohnung erheblichen Widerstand geleistet, so dass die Polizei Pfefferspray einsetzte. Das geschah vor den Augen seiner beiden kleinen Kinder, die nach dem Vorfall „traumatisiert“ seien, wie sich Richard K. im Prozess beschwerte. „So verhält man sich nicht, das haben Sie sich selbst zuzuschreiben“, begegnete der Richter dem Vorwurf.

Die Art und Weise, wie K. seine Opfer überrumpelt und „schamlos ihre Hilflosigkeit ausgenutzt“ habe, sei ein weiteres strafschärfendes Argument, hieß es im Urteil. Ebenso wie das erhebliche Vorstrafenregister: Wegen exakt identischer Vorgehensweise war K. schon mehrfach verurteilt worden. Einzig die Tatsache, dass er mit seinem „umfassenden und rückhaltlosen Geständnis“ den Opfern eine Konfrontation und Aussage im Gerichtssaal ersparte, ließ das Urteil ein wenig milder als gefordert ausfallen.

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