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Pascha-GründerHermann Müller wegen Steuerhinterziehung verurteilt

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Hermann Müller 040917

Hermann Müller

Köln – Hermann Müller, Gründer einer Bordellkette in Deutschland und Österreich, muss wegen langjähriger Steuerhinterziehung ins Gefängnis. Das Augsburger Landgericht hat den 65-Jährigen, der 1996 mit dem Kölner „Pascha“ sein erstes Bordell eröffnete – laut Eigenwerbung „das größte Laufhaus Europas“ –, am Montag zu einer Haftstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt.

Die gleiche Strafe erhielt Leo E.,  einst Betriebsleiter im Münchner „Pascha“. Nach Feststellung des Gerichts haben die beiden Angeklagte den Fiskus um mehr als eine Million Euro geschädigt. Gegenstand des seit März geführten Prozesses war einzig der Bordellbetrieb in der bayerischen Landeshauptstadt. Er wurde, wie im Prozess zur Sprache kam, durch zwei Strohleute geführt, die dafür monatlich 1000 Euro überwiesen bekamen.

Richter von Schuld überzeugt

Müller, so Richter Wolfgang Natale in der Urteilsbegründung, habe den Bordellbetrieb „diktiert und kontrolliert“. Richter Natale: „Wir sind überzeugt, ohne ihn ging es nicht.“ Wer dort gearbeitet habe, sei angewiesen worden, Müllers wahre Rolle nach außen hin zu verschleiern.

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Prostituierte als Zeuginnen gehört

Die im Urteil genannte Schadenssumme beruht auf Schätzungen. Das Gericht hatte in den vergangenen Monaten mehr als 100 Prostituierte als Zeuginnen gehört, um über die Abläufe im Bordell zu erfahren. Wer neu als Prostituierte ins Haus kam und ein Zimmer mietete, wurde von einer „Hausdame“ eingewiesen, die auch die Tarife festlegte, die die  Freier bezahlen mussten.

Dabei gab es Tages- und Nachtschichten. Das Münchner „Pascha“, inzwischen geschlossen, hatte an 365 Tagen im Jahr geöffnet. Das elektronische Kassensystem des Erotikclubs war, wie sich herausstellte, manipulierbar. Tageseinnahmen konnten mit dem „Chefschlüssel“ auf Null gestellt werden. Handschriftliche Notizen des Managers bewiesen, dass die Prostituierten deutlich mehr Umsatz machten, als ausgedruckte Kassenbons ausweisen.

Festnahme bei einer Razzia

Müller war nach einer Razzia Münchner Steuerfahnder in Bordellen in München und Salzburg im vorigen Mai in Österreich festgenommen worden. Nach nur einer Nacht im Gefängnis kam er dank einer Intervention seiner Anwälte wieder frei. Doch das Oberlandesgericht in Linz – Müller wohnt seit 2004 in Salzburg – entschied, er müsse sich deutschen Gerichten stellen. Um nicht in Auslieferungshaft zu kommen, gab Müller seinen Pass ab und  hinterlegte 100.000 Euro als Kaution, doch tauchte dennoch Wochen später ab.

Und er provozierte obendrein die Fahnder: In einem Faccebook-Video dankte er der Justiz für die „bis dahin korrekte Behandlung“. Aufnahmen in österreichischen Spielcasinos zeigten ihn als Teilnehmer in Pokerrunden. Doch das war wohl ein Fehler. Zielfahnder verhafteten ihn  schließlich ausgerechnet in München. Abgehörte Telefonate hatten sie auf seine Spur gebracht.

Bordelle müssen Mehrwertsteuer abführen

Müller und sein Betriebsleiter sind vom Landgericht ausschließlich wegen hinterzogener Umsatzsteuer verurteilt worden. Erstmals hat damit ein deutsches Strafgericht festgestellt, dass Bordelle  von den Einnahmen der bei ihnen tätigen Prostituierten Mehrwertsteuer ans Finanzamt abführen müssen – auch wenn die Frauen  freiberuflich arbeiten und und aus ihren Einnahmen dem Betreiber Zimmermiete zahlen.

Es wird damit gerechnet, dass die Verurteilten, die offenkundig eine so lange Haftstrafe nicht erwartet hatten, das Urteil beim Bundesgerichtshof anfechten. Konkret wollte sich keiner der sechs Anwälte dazu äußern. Der Münchner Strafverteidiger Florian Ufer hatte in seinem Plädoyer darauf hingewiesen, dass die „Pascha“-Bordelle in Köln und in Salzburg von den Steuerbehörden unbeanstandet liefen. Rechnungshof für Tagespauschale

Der Bundesrechnungshof hat die Besteuerung von Prostituierten schon mehrfach kritisiert, zuletzt im Januar 2014. Sie sei „völlig unzureichend“,  heißt es in einem Bericht an den Finanzausschuss des Bundestages. Der Rechnungshof hat errechnet, durch die Einführung einer leicht zu kontrollierenden Tagespauschale von 25 Euro je Prostituierter würde der Staat jährlich rund eine Milliarde Euro kassieren.

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