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Sanfte Heilkraft aus der Natur

Lesezeit 4 Minuten

von sieglinde neumann Bronchitis, Schnupfen, Magen-Darm-Probleme. Wiederkehrende Blasenentzündungen, Ohrenschmerzen bei Kindern – die  Hochsaison für Infekte beginnt. Ärzte verschreiben dann nach wie vor massenhaft Antibiotika. Und das obwohl die gegen Viren nichts nützen. Obwohl die einstige Wunderwaffe durch übermäßigen Einsatz als Medikament und in der Tiermast stumpf geworden ist – Stichwort Resistenzen. Und obwohl Penicillin und Co. auch gute, die Immunabwehr stützende Bakterien zerstören.   Dabei gibt es  natürliche Alternativen, um nicht lebensbedrohliche bakterielle und virusbedingte Infektionen effektiv zu behandeln – von der Halsentzündung bis zu Akne und kranken Nägeln (siehe Kästen). Auch immer mehr Schulmediziner setzen auf sogenannte pflanzliche Antibiotika, um die „echten“ pharmazeutischen Mittel sparsamer einsetzen zu können. Professor Ruth-Kirschner Hermann von der Uni Bonn behandelt mit den scharfen Senfölen der Kapuzinerkresse   hartnäckige Harnwegsinfekte. Sie kehren nachweislich seltener wieder. „Wir halten – bildlich gesprochen – den Rasen nur klein und der Körper muss selber sehen, dass er mit den Bakterien fertig wird“, sagt sie. Großer Vorteil: Die pflanzlichen Antibiotika greifen die Immunhelfer in der Flora von Darm und Blase nicht auch noch an. Eine sanfte, gleichzeitig nachhaltigere Heilkraft. „Pflanzen müssen sich laufend gegen Bakterien verteidigen, Fressfeinde und Schädlinge abwehren. Dafür speichern sie ein ganzes Bündel antibakteriell und antiviral wirksamer Stoffe“, erklärt der Berliner Phytologe und Heilpraktiker Sebastian Vigl. Da sie diese nur bei Angriffen freisetzen, überstehen sie Hitze, Kälte, lassen sich vorzüglich für Tees, Extrakte, Tinkturen trocknen. Das Erfahrungswissen, welche Pflanze wogegen hilft, ist oft uralt. „Wenn vor 3000 Jahren einer in Griechenland Bronchitis hatte, gab man dagegen auch schon Meerrettich“, sagt Vigl. Die Chemie der Wirkung ist dagegen erst ansatzweise erforscht. Kein Wunder bei bis zu 50 miteinander verflochtenen Substanzen in einer einzigen Pflanze. Akne Apfelessig fördert das Austrocknen der Pickel, wirkt gleichzeitig antibakteriell. Für Waschungen 1 EL in ein Glas lauwarmes Wasser geben. Alternativ: Einzelne Pickel mit einem in puren Apfelessig getauchten Wattestäbchen abtupfen.

Binmdehautentzündung

Bei eitriger Bindehautentzündung Calendula-Augentropfen z.B. von Weleda nutzen, 1 bis 5 Mal täglich 1 Tropfen. Eher schwach antibiotisch. Entzündungshemmend wirkt ein aufs Auge gelegter abgekühlter Teebeutel schwarzen Tees.

Blasenentzündung

Harnwegsinfekte bremst ein Blasen- und Nierentee u.a. mit Löwenzahn, Goldrute, Kapuzinerkresse, Schafgarbe. 3 bis 4 Mal täglich 1 EL mit 1/4 Liter Wasser brühen. 15 Minuten ziehen lassen. Wirkt antibakteriell und entzündungshemmend.

Bronchitis

„Angocin Anti-Infekt-Kapseln“ mit Meerrettich und Kapuzinerkresse können helfen. Die scharfen Senföle wirken nachweislich antibakteriell und antiviral.

Durchfall

Bei „normalem“ Durchfall: Möhrensuppe nach Moro (Heidelberger Kinderarzt). Das Rezept ist 100 Jahre alt. 500 g Möhren 1 Stunde in 1 Liter Wasser kochen, pürieren, 3 g Salz dazu. Mehrmals täglich eine Tasse. Die langkettigen Zucker der Möhre binden Bakterien im Darm, machen Durchfallerreger unschädlich. Bei Antibiotika-assoziiertem Durchfall: Gerbsäurehaltige Tees. Schwarzer/grüner Tee. Oder 1 Teil Gänsefingerkraut, 1 Teil Brombeerblätter. Gerbsäuren schädigen Eiweißbestandteile der Bakterien- Zellwände.

Fieber

„Schwitztee“ aus einem Teil Holunderblüten und einem Teil Lindenblüten herstellen. Bei Kopfschmerzen ergänzt mit „Mädesüß“, einer  grünen Quelle für natürliche Salicylsäure  (= Aspirin).

Halsweh/Mandelentzündung

Gurgeln mit Salbeisud: 1 EL Salbeiblätter mit 1/4 Liter siedendem Wasser übergießen, abgekühlt mehrmals täglich anwenden. Der Fülle an ätherischen Ölen, Gerbsäuren, Flavonoiden und deren Zusammenspiel haben Bakterien und Viren nichts entgegenzusetzen.

Heiserkeit

Mehrmals täglich 1 TL kalt geschleuderten Honig langsam auf der  Zunge zergehen lassen. Das Naturprodukt, dessen Ausgangsstoff Blütenpollen sind, hemmt Viren, Bakterien und Entzündungen.

Magenschleimhautentzündung

Rollkur mit Schafgarbentee (1 EL Schafgarbenkraut auf 1/4 Liter Wasser). Trinken Sie zwei große Schluck Tee, legen Sie sich auf den Boden, rollen sich langsam aus Rückenlage über die Seiten- und Bauchlage zurück. Wiederholen. Das verteilt den antibakteriellen, krampflösenden Pflanzenstoff gleichmäßig im Magen.

Mittelohrentzündung

„Zwiebel-Socke“ fürs kranke Ohr: Zwiebel fein hacken, auf einem Teller über einem Wasserbad  erwärmen und in eine Baumwollsocke füllen. Zuknoten. Mit Mütze oder Schal am be- troffenen Ohr fixieren.

Nagelbettentzündung

Klar, Kamillentee ist Mamas Klassiker bei Magenschmerzen und Fieber. Seine antibakterielle Wirkung beweist die Allerweltsblume aber auch bei rissiger, entzündeter Haut um Zehen- und Fußnägel: 1 TL Kamilleblüten mit 1/8 Liter siedendem Wasser übergießen. Betroffenen Nagel im abgekühlten Sud baden.

Nasennebenhöhlenentzündung

Die ätherischen Öle des Eukalyptus wirken antibakteriell und schleimlösend. Tee bei Nasennebenhöhlenentzündung: Je 1 Teil Eukalyptusblätter, Majoran, Kapuzinerkresse, Efeublätter, 1/2 Teil Schlüsselblumenblüten in Apothekenqualität aufbrühen. 3-4 Mal täglich trinken.

Schnupfen

Majoran gilt seit Jahrtausenden als Befreier der Atemwege. Majoranbutter wirkt bei jedem Atemzug, wenn Sie sie auf die Oberlippe unter der Nase auftragen. Rezept: 100 g Butter schmelzen, Schaum abschöpfen. Handvoll frischen oder getrockneten Gartenmajoran (Origanum majorana) zufügen. 30 Minuten im heißen Wasserbad erwärmen. Flüssige Masse durch ein Tuch in ein Schraubglas abfüllen, etwas ätherisches Majoranöl zufügen. Hält im Kühlschrank ein halbes Jahr.

Wunden

Rezept für ein Wundöl bei schlecht heilenden Wunden: 15 Tropfen Teebaumöl, 15 Tropfen ätherisches Lavendelöl, 50 ml Johanniskrautöl (Rotöl) mischen und mehrmals täglich vorsichtig auf die Wunde auftragen. Entzündungshemmend, wundheilend und antibakteriell.

Zahnfleischentzündung

Viele Bakterien in der Mundhöhle schützen sich durch eine eigene Schleimschicht. Eine Öldusche löst den Biofilm auf. Täglich z.B. morgens beim Duschen 1 EL Sonnenblumenöl in den Mund nehmen. Möglichst 15 Minuten durch die Zähne ziehen und ausspucken.

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