Klaus Dieter KraselBechener hat ein ganzen Dorf für das Laufen begeistert

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Klaus Dieter Krasel vor der Galerie seiner internationalen Laufmedaillen.

Klaus Dieter Krasel vor der Galerie seiner internationalen Laufmedaillen.

Kürten – Von dieser Medaillengalerie träumt jeder Hobbyläufer: die Marathonmedaillen aus Hamburg, Frankfurt, Duisburg, Steinfurt, Hannover, München, Monschau und Berlin. Jahr um Jahr in der Schauvitrine aufgefädelt, akkurat mit Metallschildchen versehen. Daneben allerlei glitzernde Schätze aus den USA: Laufmedaillen aus Las Vegas, New York, Honolulu, Chicago.

Natürlich auch Erinnerungsstücke an den „Hunderter“ von Biel und den Swiss Alpine von Davos, an den Comrades-Ultra in Südafrika und den 75-Kilometer-Rennsteiglauf quer durch den Thüringer Wald. „130 Medaillen werden es schon sein“, schätzt Klaus Dieter Krasel. An allen wesentlichen Lauforten dieser Welt hat er sich in die Ergebnislisten eingetragen, für jeden Marathon eine Souvenirgabe erhalten. Krasels Medaillensammlung ist ziemlich einmalig, die Zahl seiner Marathonläufe ist es auch.

Mit 25 Läufern in die USA

Was aber bei allem Besonderen noch dazu kommt: Krasel hat das Dorf Bechen ans Laufen gebracht. „Jeder Hundertste im Ort wird hier wegen mir einen Marathon gelaufen sein“, rechnet der heute 75-Jährige hoch.

In den 80er- und 90er-Jahren war es Krasel, der eine Gruppe von rund 25 Laufkameraden um sich scharte. Mit ihnen flog er zu den ganz großen Marathonläufen in die USA und bereiste die deutschen Stadtmarathons, er bereitete die Reisen vor, unterstützte Trainingspläne, er motivierte die Kameraden und baute sie auf, um an den Wettläufen teilzunehmen. Höhepunkt war wohl eine Tour zum Hawaii-Marathon, mit 25 Lauffreunden.

„Laufen muss Spaß machen“, sagt Krasel zu seinem Credo. Diesen Spaß habe er mit der Bechener Laufbewegung zu vermitteln versucht. „Das ist wohl einmalig, dass dank mir so viele aus einem Ort zum Marathonlauf gekommen sind.“

Tipps für Einsteiger

Wer im Herbst die Teilnahme an einem Marathonlauf plant, hat eine große Auswahl. Populär ist der Lauf in Köln (1. Oktober), am Baldeneysee in Essen (8. Oktober) und in Frankfurt (29. Oktober) gibt es weitere Veranstaltungen. Beim Marathonlauf in Berlin werden seit einigen Jahren die Startplätze per Losverfahren ermittelt, der Lauf ist ausgebucht.

Interessierte, die erst einmal mit einem Halbmarathon beginnen möchten, können ebenfalls in Köln starten (1. Oktober). Auch beim Refrather Herbstlauf (22. Oktober) wird ein Halbmarathon angeboten, dazu Läufe über fünf und zehn Kilometer. Stimmungsvoll ist der Gummersbacher Stadtlauf am 24. September (10 km) und der Bensberger Martinilauf am 5. November (Zehn Kilometer). Als reiner Naturlauf empfiehlt sich der Röntgenlauf in Remscheid mit Strecken über 21 und 42 Kilometer und sogar 63 Kilometer.

Ratgeberbuch für Anfänger und Fortgeschrittene: Manfred Steffny, Marathon-Training, 15. Auflage, 19,80 Euro.

Es sind schöne Erinnerungen, die er beim Blick auf seine Läuferkarriere hat, und missen möchte er keine seiner Läufe. Viele Jahre war er Mitglied des Lauftreffs Paffrath in Bergisch Gladbach. „Von Bechen nach Paffrath bin ich gelaufen, dann habe ich eine Runde am Kombibad trainiert und bin wieder zurück nach Bechen gelaufen. Das waren so rund 30 Kilometer“, berichtet er. In seinen besten Laufzeiten kam er auf bis zu 140 Laufkilometer in der Woche. 

Immer habe er sich beim Training ans gewünschte Lauftempo gehalten, gerne im flotten Fünf-Minuten-Schnitt für den Kilometer; fehlten unterwegs Sekunden, legte er Geschwindigkeit zu. Auch im Wettbewerb waren die strikten Zeitvorgaben Krasels Richtschnur. Wie ein Uhrwerk absolvierte er seine Läufe.

Leichtsinnige Zusage

Dabei ist der Bechener ein Spätstarter, was das Laufen angeht. Beruflich bei der Bundeswehr, war der Mittvierziger eher ein unsportlicher Mensch. „Hast Du nicht mal Lust, mit uns nach München zu fahren?“, sprachen ihm im Frühjahr 1985 zwei Kameraden an. In München fand Ende April 1985 der sogenannte Olympic-City-Marathon statt, die entsprechende Medaille hat er in seiner Vitrine sofort zur Hand. Krasel, damals 43, sagte leichtsinnig zu und sah sich plötzlich an der Startlinie eines Marathonlaufs stehen.

Klaus Dieter Krasel vor der Galerie seiner internationalen Laufmedaillen.

Klaus Dieter Krasel vor der Galerie seiner internationalen Laufmedaillen.

„Erfahrung null“, erinnert er sich. Heute kann er über die Strapazen dieses ersten Marathonlaufs hinweglächeln. „Damals bin ich aber tausend Tode gestorben.“ In München pfiff ein Schneesturm durch die Straße, Krasel kämpfte gegen den Wind und gegen die scheinbar immer länger werdenden Kilometer an. Irgendwann, nach über viereinhalb Stunden, erreichte er das Ziel im Olympiastadion. „Sollen wir eine Vermisstenmeldung aufgeben?’, haben mich meine beiden Freunde aufgezogen.“ Der Suchhubschrauber sei schon aufgestiegen (tatsächlich machte er Aufnahmen fürs Fernsehen).

Heimliches Training

Eigentlich wäre das Thema Marathon damit für Krasel beendet gewesen. Aber einfach so abhaken wollte er die Sache nicht. Heimlich begann er zu trainieren, mit dem Marathon-Ratgeberbuch von Lauf-Ass Manfred Steffny als Grundlage. Und was passierte? Beim Berlin-Marathon, ein halbes Jahr später, versenkte er seine Lauffreunde und kam nach sehr guten 3:11 std. ins Ziel. Später verbesserte er seine Marathonzeit bis auf 2:57:47 std., 1987 beim Hamburg-Marathon gelaufen; viele weitere Zeiten unter drei Stunden kann er vorweisen. Den Marathonlauf in Hamburg hat Krasel sagenhafte 25-mal erfolgreich absolviert. „Mein absoluter Lieblingslauf ist das.“ Strecke, Zuschauer und Organisation seien „einfach top“. Krasel: „Jedem neuen Marathoni empfehle ich Hamburg als Einstieg.“ Die Stimmung an den Landungsbrücken sei phänomenal, die Hamburger zu Zehntausenden an der Strecke.

Wenn Krasel vom Lauf in Hamburg erzählt, bekommen auch die Zuhörer Gänsehaut. Seinen einhundertsten Marathonlauf ist der Bechener in Hamburg gelaufen. Natürlich, möchte man sagen. Bei einem Lauf in den USA war es der große Muhammad Ali, der den Startschuss gab. Im Hotel, in dem Krasel eingescheckt hatte, stand ihm plötzlich der Profiboxer gegenüber. „Ich habe mich zehn Minuten lang mit ihm unterhalten können. Das hat Eindruck hinterlassen.“

Im Tempo der Gattin

Nach einigen Jahren fand auch Ehefrau Marita Gefallen am Laufsport. Und fortan war das Paar gemeinsam auf den Laufstrecken unterwegs. Im Tempo der Gattin, versteht sich. Denn Klaus Dieter Krasel mochte nicht (wie es bei vielen Laufpaaren passiert) alleine voraus laufen. Zu zweit mache die Teilnahme an den Marathons „doch viel mehr Spaß“. Rund 50 Läufe beendeten Klaus Dieter und Marita Krasel gemeinsam, viele davon in den Vereinigten Staaten.

Zieleinlauf 1996 beim Swiss Alpine-Lauf in Davos, gemeinsam mit Ehefrau Marita.

Zieleinlauf 1996 beim Swiss Alpine-Lauf in Davos, gemeinsam mit Ehefrau Marita.

Heute lässt es der Bechener ruhig angehen. Gesundheitliche Gründe zwangen ihn vor etwa einem Jahr, vom Sport Abstand zu nehmen. Das nimmt er gelassen. „Irgendwann ist Schluss, des Alters wegen.“ 2014, mit 73 Jahren, lief Krasel seinen letzten Marathon. Natürlich in Hamburg. Sich mühsam über den Kurs schleppen zu müssen, sei seine Sache nicht. „Die Marathonzeit war schön. Aber jetzt ist sie vorbei.“ Was bleibe, sei die erfüllende Erinnerung, ein Dorf ans Laufen gebracht zu haben.

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