Kriminalität in KölnAuto-Diebe spezialisieren sich auf teure Innenraum-Teile

Lesezeit 3 Minuten
Carsten Anders wurde mehrfach das Lenkrad und die digitale Armatur aus dem BMW gestohlen.

Carsten Anders wurde mehrfach das Lenkrad und die digitale Armatur aus dem BMW gestohlen.

Köln – Ein viertes Mal soll es nicht geben, deshalb parkt Christoph M. seinen BMW Cabrio nur noch im Hof, abgeschottet durch ein aufbruchsicheres Tor. Dreimal wurde der Dachdeckermeister aus dem Kölner Süden Opfer von Autoknackern, jedes Mal stand sein Wagen nachts vor der Haustür an der Straße.

Beim ersten Mal vor dreieinhalb Jahren brachen die Täter das Schloss auf. Sie wollten den 3er BMW Cabrio offenbar kurzschließen, um ihn komplett zu stehlen, hatten bereits die Elektrik zerstört, kamen aber nicht weiter und ergriffen die Flucht. Schaden: 9000 Euro, dreieinhalb Jahre ist das her.

Vor einem Jahr entfernten bis heute unbekannte Täter den Schließzylinder der Fahrertür von M.s 4er BMW Cabrio, wollten das Lenkrad samt Airbag ausbauen, wurden gestört und flüchteten. Schaden: 2000 Euro.

Alles zum Thema Polizei Köln

Wahre Verwüstung

Nur vier Monate später schlugen erneut Profis zu, diesmal richteten sie eine wahre Verwüstung an: „Sie haben die hintere Heckscheibe eingeschlagen, das Auto aufgemacht und komplett ausgeräumt“, erzählt Christoph M. „Mein erster Gedanke war: Bitte nicht schon wieder.“ Das Lenkrad samt Airbag, der Schaltknüppel, die gesamte Mittelkonsole mit Klimaanlage und Navigationsgerät – alles weg. Schaden: fast 19.000 Euro.

Auch Carsten Anders aus Weiß ist Wiederholungsopfer: innerhalb von 14 Tagen wurden gleich zweimal Lenkrad und Armatur aus seinem BMW ausgebaut. Beim zweiten Mal stand der Wagen direkt in der Hauseinfahrt, unter dem Fenster, hinter dem die Kinder schliefen. „Keine zwei Minuten“, so schätzt der Streifenpolizist am nächsten Morgen, hätten die Täter vermutlich für den Ausbau benötigt. Einbruchspuren am Wagen sind nicht zu sehen, der Schaden dürfte trotzdem mehr als 7500 Euro betragen

262 Navis gestohlen

Allein 262 fest installierte Navis wurden im ersten Halbjahr in Köln aus Autos gestohlen, dazu 175 Lenkräder mit Airbags – macht zwei bis drei Teile pro Tag. Insgesamt seien die Zahlen von Navi- und Lenkraddiebstählen in Köln nach Jahren immer neuer Rekordwerte zuletzt zwar rückläufig, berichtet eine Polizeisprecherin. Aber das Niveau bleibt im bundesweiten Vergleich mit anderen Städten hoch, die Aufklärungsquote bescheiden: Nur ungefähr jede 15. Tat wird geklärt.

Das könnte Sie auch interessieren:

Etwa 80 Prozent aller Taten gingen auf das Konto von professionellen litauischen Banden, weiß die Polizei. In Zweierteams ziehen sie nachts los: Einer steht Schmiere, der andere bricht die Autos auf und baut die Navis aus. Höchstens vier Minuten benötigt er dafür. Die Einbrecher reisen eigens aus Litauen an, schlafen hier bei einheimischen Komplizen oder in billigen Hotels oder Jugendherbergen. Kuriere bringen die Beute zumeist mit Fernbussen nach Osteuropa, wo sie auf Märkten angeboten werden.

Ein Teil landet auch auf Verkaufsplattformen im Internet. Dort bieten die Täter die gestohlene Ware an, meistens deutlich unter dem tatsächlichen Wert. Navigationsgeräte samt Display sind oft für weniger als 500 Euro zu haben – ein Schnäppchen, wenn auch ein illegales. Wer es kauft, muss mit einem Strafverfahren wegen Hehlerei rechnen.

Für Dachdeckermeister Christoph M. sind alle drei Fälle relativ glimpflich ausgegangen. Seine Vollkaskoversicherung hat jedes Mal bezahlt, M. blieb jeweils auf 150 Euro Selbstbeteiligung sitzen. „Wer eine Garage hat, sollte sie unbedingt nutzen“, empfiehlt die Polizei. Es seien kaum Fälle bekannt, in denen Garagen aufgebrochen wurden. Die Ermittler sehen aber auch die Autoindustrie in der Pflicht, für besseren Diebstahlsschutz so sorgen. Ein erfahrener Beamter sagt: „Da ist bei einigen Herstellern noch Luft nach oben.“

KStA abonnieren