HochrechnungSPD bei Wahl in Niedersachsen stärkste Kraft – AfD knapp im Landtag

Lesezeit 3 Minuten
GYI_861640778

Anhänger der SPD, unter ihnen die Landtagsabgeordnete Doris Schröder-Köpf (l) reagieren auf die erste Prognose zur Landtagswahl in Niedersachsen auf der Wahlparty der FDP in Hannover (Niedersachsen).

Hannover – Drei Wochen nach der Bundestagswahl hat die SPD ihre Niederlagen-Serie vorerst gestoppt. Nach einer rasanten Aufholjagd über die letzten Wochen wurden die Sozialdemokraten mit ihrem Ministerpräsidenten Stephan Weil bei der niedersächsischen Landtagswahl am Sonntag stärkste Kraft – erstmals seit 1998. SPD-Chef Martin Schulz darf sich gestärkt und in seiner klaren Ablehnung einer erneuten großen Koalition mit der Union im Bund bestätigt fühlen.

Er kommentierte den Wahlausgang sichtlich erleichtert. „Wir sind nicht nur dankbar, sondern stolz und froh“, sagte er am frühen Abend. Damit wächst der Druck auf Union, FDP und Grüne zur Bildung einer Jamaika-Koalition. Die Sondierungsverhandlungen dafür beginnen am Mittwoch – wegen einer selbstverordneten Pause aufgrund der Landtagswahl, aber auch weil sich zunächst CDU und CSU noch über die Flüchtlingspolitik hatten einigen müssen.

Dämpfer für Merkel und ihre Kämpfer

Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihre CDU erlitten in Niedersachsen mit Spitzenkandidat Bernd Althusmann wenige Tage vor Beginn der Sondierungsgespräche einen Dämpfer. In der Union waren die Erwartungen schon vor der Wahl niedrig gehängt worden – offenkundig auch, um Auswirkungen auf den Bund zu dämpfen. Parteichefin Angela Merkel steht parteiintern wegen des schlechten Bundestagswahlergebnisses in der Kritik.

Alles zum Thema Angela Merkel

Ein erneuter Kampf zwischen CDU und CSU scheint allerdings möglich: CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer allerdings bezeichnete das Wahlergebnis als Warnsignal für die Union. CDU-Generalsekretär Peter Tauber sagte, in Niedersachsen habe es keine Wechselstimmung gegeben. In der Union wird außerdem der Wahlkampf Althusmanns als Grund für die Niederlage genannt, weil er zu wenig offensiv gewesen sei. Außerdem habe der Wechsel der Landtagsabgeordneten Elke Twesten von den Grünen zur CDU, der die vorgezogene Neuwahl ausgelöst hatte, der SPD in Form eines Mitleideffekts genutzt.

VW-Affäre überschattet Wahlkampf

Noch im Sommer hatte die SPD in Niedersachsen weit hinter der Union gelegen, die Fortsetzung der Pechsträhne nach den drei Landtagswahl-Niederlagen im Saarland, in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen schien vorgezeichnet. Überschattet wurde der Wahlkampf im Sommer auch von neuen Enthüllungen in der VW-Affäre um Betrügereien bei Abgaswerten. Der Autokonzern hat seinen Stammsitz in Niedersachsen, die Landesregierung sitzt als Anteilseigner im Aufsichtsrat. Vorwürfe gegen die SPD fielen allerdings zum Teil auch auf die CDU zurück, die das Land zuvor zehn Jahre regiert hatte.

Ob Weil nun weiter mit den Grünen regieren kann, blieb zunächst offen. Die Union zeigte sich am Abend bereit für eine große Koalition. Althusmann sagte, die CDU habe „einen klaren Gestaltungsauftrag für Niedersachsen“. Eine Ampel-Koalition mit SPD und Grünen schloss die FDP erneut aus: FDP-Vizechef Wolfgang Kubicki bekräftigte am Abend: „Es wird dabei bleiben, es wird mit den Freien Demokraten keine Ampel geben.“

Eine Jamaika-Koalition mit FDP und Grünen unter Leitung der Union ist ließen die Grünen offen. Die Regierungsübernahme durch die zweitstärkste Partei wäre nicht neu: 2013 war die SPD hinter der CDU gelandet und hatte dann mit den Grünen die Regierung übernommen.

Linke schafft es nicht ins Parlament

Die Linke schaffte erneut nicht den Einzug ins Parlament nicht. Grüne und FDP verloren an Zustimmung. Erstmals im niedersächsischen Landtag sitzen wird die AfD, die sich nach dem Erfolg bei der Bundestagswahlen vor allem mit Personalstreitereien und dem Austritt ihrer Parteichefin Frauke Petry beschäftigt hatte. Allerdings konnte sie die Fünfprozenthürde nur knapp überspringen.

KStA abonnieren