Flüchtlingshilfe in Brück„Köln ist wie Lothar Matthäus als Stadt“

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Jürgen Becker im Gespräch mit Wolfgang Schmitz,Vorsitzender der Willkommens-Initiative Brück. 

Köln-Brück – Zum Auftakt einer Info-Veranstaltung, der Initiative „Willkommen in Brück“ in der Gaststätte Em Hähnche, bot Kabarettist Jürgen Becker ein 15-Minuten-Programm. Becker beleuchtete das schlechte Image: „Köln steht bundesweit für Inkompetenz und sexuelle Übergriffe. Damit ist Köln so etwas wie Lothar Matthäus als Stadt.“ Während viele Menschen weltweit derzeit einem autoritären Traum nachgehen, den Fremden nur so lange zu achten, wie er in der Fremde bleibt, hieße es in Köln immer noch „Jeder Jeck is anders, oder wie es die Immi-Sitzung formuliert: Jeder Jeck is von woanders“.

Bei dieser Gelegenheit äußerte sich Wolfgang Schmitz, Sprecher der Initiative „Willkommen in Brück“.

Herr Schmitz, braucht man inzwischen schon einen fernseh-bekannten Kabarettisten, um die Leute zu einer Veranstaltung zur Flüchtlingsproblematik anzulocken?

Nein. Das braucht man eigentlich nicht. Unsere Informations-Veranstaltungen sind in der Regel gut besucht. Aber es freut die Menschen doch, wenn sie zwischen den ernsten und schwierigen Themen auch ein bisschen lachen können. Deshalb fand ich es prima, dass Jürgen Becker uns kurzfristig unterstützt hat.

Wie ist denn gegenwärtig die Situation in Brück?

Das Thema ist etwas raus aus den Schlagzeilen. Die Flüchtlinge sind inzwischen Teil unseres Alltags geworden. Anfangs ging es darum, für die Geflüchteten die erste Versorgung vor Ort zu organisieren. Jetzt geht es darum, wie das gelingen kann, was wir alle wollen: Integration.

Wie bekommen Sie das hin?

Da sind zunächst einmal die zuständigen Behörden und die Politik in der Pflicht. Doch das geht nur langsam voran, so funktioniert die Koordination zwischen den beteiligten Ämtern oft nicht. Das ist deutlich verbesserungsbedürftig. Aber ohne die vielen ehrenamtlichen Helfer würden selbst die schönsten Konzept nicht funktionieren.

Die Bürger in Brück und Neubrück sind besonders gefordert.

Das ist richtig, denn während die Zahl der Flüchtlinge in Köln, gesamtstädtisch betrachtet, im allgemeinen weiter sinkt und die Massenunterkünfte in Turnhallen und ehemaligen Baumärkten Zug um Zug geräumt werden, sind die Zahlen bei uns angestiegen. Unter anderem durch die vor einigen Wochen bezogene Unterkunft am Neubrücker Ring. Dort sowie an der Broichstraße und am Rather Kirchweg wohnen inzwischen 350 Menschen aus unterschiedlichsten Ländern, fast 150 davon sind Kinder.

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Bei vielen Helfern ist der Enthusiasmus der Anfangszeit inzwischen etwas verloren gegangen. Wie motiviert man die Ehrenamtler?

Auch wenig hilft viel. Wir sind froh über jeden, der sich ein oder zwei Stunden in der Woche einbringen kann - für Nachhilfeunterricht, Hausaufgabenbetreuung, oder Hilfe bei der Vorbereitungen auf Prüfungen. Zudem ist unser Ansatz, möglichst für jede Familie einen Paten zu finden. Das ist aus unsere Sicht die beste Lösung. Der Pate oder die Patin soll die jeweilige Familie dann bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz, einer Arbeitsstelle oder einer Wohnung begleiten.

Das ist dann doch etwas zeitaufwendiger, oder ?

Das stimmt. Aber die Situation der Familien ist sehr unterschiedlich. Mal muss man zwei Stunden in der Woche einsetzen, dann auch je nach Bedarf mal einen halben Tag. Das lässt sich nicht vorab kalkulieren. Aber man lernt Menschen kennen und bekommt viel Dankbarkeit zurück.

Hat Ihre Initiative konkrete Ideen, wie man die Integration im Veedel mehr fördern und verbessern kann?

Ganz wichtig sind direkten Kontakte zwischen den Flüchtlingen und den alteingesessene Bürgen des Stadtteils. Anfangs hatten wir in der Flehburg ein Café-Angebot. Da funktionierte das. Aber dann wurde die Unterkunft geschlossen und damit war das Café-Thema erst einmal durch. Doch daran wollen wir wieder anschließen.

Gibt es in Brück und/oder Neubrück für solch ein Kontakt-Café überhaupt einen passenden Raum?

Das ist schwierig. In Brück gibt es ja kein Bürgerzentrum und die beiden Pfarrheime sind wohl bereits belegt. Nun denken wir über den „Treff im Pavillon“ in Neubrück nach oder auch erneut über die Flehburg. Anfang des kommenden Jahres wollen wir wieder so ein Café anbieten können.

Bis dahin stehen mit Weihnachten und Karneval ja noch zwei ganz große Feste an.

Und in dem Rahmen passiert auch was. Wir wollen gemeinsame Besuche mit den Flüchtlingen zu den Weihnachtsmärkten organisieren und auch im Karneval können die mitmachen - in Fußgruppen oder auf einem Festwagen beim Brücker Veedelszoch.

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