Bezahlbarer WohnraumInteressenten für Grundstücke stehen in Nettersheim Schlange

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Mit schweren Maschinen werden die Erschließungsarbeiten im Baugebiet „Brotkiste“ in Nettersheim vorangetrieben.

Mit schweren Maschinen werden die Erschließungsarbeiten im Baugebiet „Brotkiste“ in Nettersheim vorangetrieben.

Nettersheim – Seit Wochen wühlen sich die schweren Maschinen durch den Boden in Nettersheim und Zingsheim. Damit werden die Erschließungsarbeiten in den Baugebieten „Auf Graben“ und „Brotkiste“ in Nettersheim sowie „Altes Pastorat“ in Zingsheim vorangetrieben. Auch in Marmagen wartet das Baugebiet „Die acht Morgen“ auf die Erschließungsarbeiten, die noch in diesem Jahr stattfinden sollen.

Während in den Ballungszentren die Mietkosten immer weiter in die Höhe schießen, geht in den ländlichen Gebieten immer weiter das Gespenst des Demografischen Wandels um. Die Menschen verlassen die strukturschwache Eifel, um in den Metropolen ihr Glück zu suchen. Vor allem gilt das für junge Leute, die zur Ausbildung in die Städte ziehen und viel zu selten wieder zurückkommen.

Preisgefälle zeigt Wirkung

Doch das Preisgefälle im Wohnbereich zwischen Stadtgebieten und dem Land beginnt Wirkung zu zeigen. Immer weiter ziehen die Wohnungssuchenden den Radius um die Städte herum, um bezahlbaren Wohnraum zu finden. „Die Großstädte brauchen Unterstützung, da in der Stadt das Wohnen einfach nicht mehr zu bezahlen ist“, sagte Nettersheims Bürgermeister Wilfried Pracht.

Seit zwei Jahren betreibt er die Ausweisung der Baugebiete. Zum einen wollte er damit Tatsachen schaffen, bevor die Festlegungen des Regionalplans weitere bauliche Entwicklungen unmöglich machten. Zum anderen war deutlich, dass zwar Anfragen nach Bauland eingingen, doch Besitzer von Grundstücken nicht bereit waren, diese zu verkaufen. „Es ist zurzeit angesichts der niedrigen Zinsen attraktiver, Land zu besitzen, als das zu Geld zu machen“, so Pracht. Deshalb könne Bauland nur von der Kommune kommen.

Der Erfolg gibt ihm recht. Denn ohne dass die Gemeinde groß um die Interessenten wirbt, werden nach Schätzung des Gemeindeoberhaupts bis zum Jahresende wohl mehr als die anvisierten 35 Grundstücke verkauft worden sein. „Wahrscheinlich werden wir bei 50 landen“, vermutet Pracht.

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Kitas und Schulen auf Zuzug vorbereiten

Mehr sollten es allerdings nicht sein, denn die neuen Mitbürger verlangen auch eine Infrastruktur. „Wir rechnen bei einer Familie, die nach Nettersheim kommt, mit 0,5 Kindern“, erläutert Pracht.

Das heißt, das bei 50 Grundstücken 25 Kinder einen Platz in der Schule oder im Kindergarten erwarten. „Deshalb werden in Zingsheim in diesem und in Nettersheim im nächsten Jahr neue Gruppen eingerichtet werden“, kündigt Pracht an. „Das ist eine tolle Entwicklung“, freut er sich. Denn es sei nicht üblich, dass die Grundstücksinteressenten Schlange stehen, bevor überhaupt die Erschließungsstraßen erkennbar sind. So sind die ersten Bauanträge für die Nettersheimer Baugebiete schon da, so dass zeitgleich mit dem Bau der Straßen in „Auf Graben“ und „Brotkiste“ die ersten Häuser gebaut werden.

140 Grundstücke in insgesamt vier Baugebieten

Insgesamt 140 Grundstücke hält Nettersheim in den vier Baugebieten vor. In Nettersheim allein sind es 90. In Marmagen sind 40 vorgesehen, während es in Zingsheim zehn sind. „In Zingsheim gibt es für ungefähr die Hälfte der Grundstücke bereits feste Interessenten“, so Pracht. 67 Euro kostet der Quadratmeter Bauland bei der Gemeinde, dazu gibt es noch eine Bauberatung. „Wenn die Interessenten den Vertrag unterschreiben, dann haben die bereits alle notwendigen Informationen“, beschreibt Pracht das Vorgehen.

Und so wird die Gemeinde in diesem Jahr darauf verzichten, sich auf der Immobilienmesse in Köln zu präsentieren. „Wir müssen erst die Nachfrage abarbeiten“, so Pracht.

Regelung der Zufahrten

Diskussionen gab es über die Erschließungswege der neuen Baugebiete. So protestierten die Bewohner der „Klosterquelle“ erfolgreich dagegen, dass die Baufahrzeuge den Zugang zu dem Gebiet durch ihre Straßen nehmen. In einem Anwohnertermin wurde vereinbart, dass die Zugänge verschlossen werden und die Zufahrt zu den neuen Baugebieten vom Ortseingang aus erfolgt.

Ähnliche Überlegungen herrschten in Marmagen. Das Baugebiet „An den acht Morgen“ soll nicht von der nahen Landstraße nach Urft aus erschlossen werden. „Es besteht die Sorge, dass dann eine Abkürzung durch das Wohngebiet nach Marmagen genommen wird“, erläuterte Bürgermeister Wilfried Pracht. Der Bauverkehr wird nicht über die Jahnstraße fahren, sondern vor dem Ortsrand über eine Baustraße an die Landstraße angeschlossen. (sev)

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