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Protest seit 1982Stadt Euskirchen bremst Kuchenheimer bei Westspange aus

Lesezeit 5 Minuten
Bereits 1982 gingen die Kuchenheimer für eine Umgehung auf die Straße. 36 Jahre später hat sich am Status quo nichts geändert. Mehrere Tausend Autos fahren täglich durch den Ort.

Bereits 1982 gingen die Kuchenheimer für eine Umgehung auf die Straße. 36 Jahre später hat sich am Status quo nichts geändert. Mehrere Tausend Autos fahren täglich durch den Ort.

Euskirchen-Kuchenheim – „Wir können davon ausgehen, dass die Westspange nicht kommt“, sagt Fritzi Wartell von der Interessengemeinschaft (IG) Dorferneuerung Kuchenheim. Die Westspange wäre die „kleine Lösung“ im Vergleich zur Ortsumgehung.

In den Augen der Kuchenheimer wäre sie dennoch eine große Erleichterung. Die Trasse soll die B 56 und die K 24 miteinander verbinden und so die Kuchenheimer Straße vom Durchgangsverkehr entlasten.

Vor 36 Jahren protestierten Anwohner schon

Neu sind die Bemühungen um eine Ortsumgehung nicht. Seit 1982 regt sich Widerstand gegen Tausende Autos, die jeden Tag über die B 56 durch Kuchenheim fahren. Bereits vor 36 Jahren gingen die Anwohner auf die Straße und protestierten für eine Umgehungsstraße.

Der Technische Beigeordnete der Stadt, Oliver Knaup, sagte im Ausschuss für Tiefbau und Verkehr, dass die Umsetzung der Westspange daran scheitere, dass es noch nicht gelungen sei, alle Flächen, die für den Bau der Westspange nötig seien, zu erwerben. Es sei zwar möglich, den Grundeigentümer zum Verkauf zu zwingen, doch das Verfahren könne Jahre dauern. Knaup: „Dann wären wir alle zehn Jahre älter als heute.“

So viel Zeit haben die Kuchenheimer nicht. Ans Aufgeben denkt indes keiner: Die IG gibt lieber Gas und hat einen Plan B erarbeitet. Mit dem Kölner Stadtplaner Dieter Beele haben einige Kuchenheimer ein Konzept für die B 56 zu Papier gebracht.

Das sieht vor, die Durchgangsstraße für die Verkehrsteilnehmer möglichst unattraktiv zu machen, damit diese die K 24 nutzen und nicht mehr durch Kuchenheim fahren. Gleichzeitig soll die B 56 und deren Randbereiche so aufgewertet werden, dass das Leben für die Anwohner deutlich attraktiver wird.

Verringerung der Fahrbahnbreite

Vorgesehen in den IG-Plänen sind zwischen der Willi-Graf- und der Carl-Koenen-Straße unter anderem eine deutliche Verringerung der Fahrbahnbreite, zwei Kreisverkehre, zahlreiche Zebrastreifen und die Verlagerung der Bushaltestelle auf die B 56 – also Maßnahmen, die einen Verkehrsfluss behindern.

„Wir hoffen, dass wir den Verkehr durch Kuchenheim deutlich verlangsamen“, berichtet Diplom-Ingenieur Andreas Schmidt von der IG: „Wir haben uns mit der Realität auseinandergesetzt und sind mit den Ideen zufrieden. Westspange und Umgehung bleiben nämlich Fiktion.“

Das erarbeitete Konzept sieht im Bereich des Abzweigs auf die Carl-Koenen-Straße einen überfahrbaren Kreisel vor. „Der Platz ist begrenzt. Busse, Feuerwehrfahrzeuge und Lieferverkehr würde so aber problemlos passieren können“, sagt Schmidt.

Auch im Bereich der Bachstraße ist ein solcher Kreisverkehr vorgesehen. Durch die Kreisel wären zwei Linksabbiegespuren verzichtbar und die Straße ließe sich problemlos verschmälern, so Schmidt.

Stadt will die Pläne der Öffentlichkeit vorstellen

Das IG-Konzept traf nach Aussage von Wartell, Schmidt und ihren Mitstreitern bei den Verantwortlichen der städtischen Verwaltung auf offene Ohren. „Die Mitarbeiter waren so begeistert, dass sie es fast komplett übernommen haben“, sagt Wartell. Der Haken sei aber, dass die Verwaltung im Gespräch mit der IG deutlich gemacht habe, dass das Konzept – ebenso wie die Westspange – in den kommenden Jahren nicht umsetzbar sei. „Uns wurde gesagt, dass es zu viele offene Fragen und schon gar keine personellen Ressourcen für eine konkrete Planung gebe“, sagt IG-Mitglied Britta Meiborg.

Dennoch will die Stadt die Pläne der IG am Dienstag der Öffentlichkeit vorstellen, um sie – so skizziert es zumindest die IG – anschließend sofort wieder in der Schublade verschwinden zu lassen. „Es kann nicht sein, dass die Verantwortlichen sich immer wieder den Schwarzen Peter und die Verantwortung zuschieben“, ärgert sich Schmidt.

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Dem widerspricht Knaup: „Wir haben bereits Kontakt mit dem Landesbetrieb Straßen aufgenommen, der das Konzept wohlwollend zur Kenntnis genommen hat.“ Er sagt aber auch: „In welchen Details die endgültige Fassung von dem jetzigen Konzept abweichen wird, steht noch nicht fest.“ Fest stehe auch noch nicht, wann die Verkehrsberuhigung angegangen werde.

„Ich kann versichern, dass sie kommen wird. Wann das der Fall sein wird, aber nicht. Es gibt einen groben Zeitplan, der jährlich auf die sich ändernden Rahmenbedingungen und neuen Erkenntnisse angepasst wird. Die Umgestaltung ist nach derzeitigem Plan ab 2022 geplant“, so der Technische Beigeordnete. Von einer Soforthilfe kann also keine Rede sein. Das Konzept der IG sehe Aufwendungen in Höhe von knapp 1,1 Millionen Euro vor.

„Wir machen uns unglaubwürdig“

Knaup warnte davor, nun alles dem Verkehrskonzept unterzuordnen: „Wir haben einen klaren Auftrag der Politik. Wir machen uns unglaubwürdig – auch bei der Bezirksregierung –, wenn wir von den aktuell geplanten Projekten zurückrudern würden.“ Tatenlos möchte die Stadt in der Zwischenzeit indes nicht sein.

Deshalb soll bald mit dem ersten Schritt des Integrierten Handlungskonzepts (IHK) begonnen werden: also der Umgestaltung des Kirchenumfelds. Ziel des IHK ist es neben der verkehrlichen Verbesserung, den historischen Kuchenheimer Ortskern aufzuwerten und wiederzubeleben.

Das stößt bei IG-Mitglied Wartell wiederum auf Kritik: „Wenn weder unser Konzept noch eine Westspange oder Umgehung in den kommenden Jahren realisiert werden kann, ist das Ziel des IHK schon jetzt verfehlt.“ Die angestrebte verkehrliche Verbesserung werde schlichtweg ignoriert.

Die Umgestaltung des Kirchenumfelds stößt bei vielen Kuchenheimern auf Ablehnung. „Wir haben eigentlich gedacht, dass dieses Thema zunächst einmal vom Tisch ist. Wir haben in Kuchenheim größere Probleme“, ärgert sich Wartell: „Aber wann immer die Stadt nicht weiter weiß, fängt sie mit dem Thema an. Frei nach dem Motto ,Wir tun doch was für den Ort.’“

Runder Tisch für das Verkerhskonzept

Zwischen der Stadt und vielen Kuchenheimern war wegen des Kirchenumfelds ein Streit entbrannt. Die Bürger sind, etwa wegen der Kosten, nicht einverstanden mit den Plänen für die Umgestaltung im Bereich von St. Nikolaus. Sie überreichten Bürgermeister Dr. Uwe Friedl (CDU) eine Unterschriftenliste, die knapp 1100 Bürger unterschrieben haben, die sich gegen die Umgestaltung aussprechen.

Um beim Thema Verkehrskonzept möglicherweise doch schneller voranzukommen, hat die IG einen runden Tisch angeregt. An dem sollen Vertreter des Kreises, der Stadt und des Landesbetriebs sitzen. „Das Interesse ist da. Ob es wirklich dazu kommt, steht in den Sternen“, so Schmidt.

Nicht in den Sternen stehen die weiteren Projekte für Kuchenheim. „2018 sollen die Planungen für die Buschstraße, die Tomberger Mühle, den Schwarzen Weg und die Obere Burg vorgenommen werden“, berichtet Knaup. Das sei allerdings angesichts der Verzögerung der Erneuerung des Kirchenumfeldes sehr ambitioniert.

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