VortragDer Rhein liefert Trinkwasser

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In den riesigen Tanks lagert im Wasserwerk ein Trinkwasservorrat von acht Stunden.

In den riesigen Tanks lagert im Wasserwerk ein Trinkwasservorrat von acht Stunden.

  • Experte verweist auf Bedeutung von Klimaschutz und Nachhaltigkeit

Volkhoven/Weiler –  Anfang des Jahres hätten ihn Medienberichte aufgeschreckt, dass sich Mikroplastik im Meersalz nachweisen lasse, erzählte ein Zuhörer bei einem Vortrag über nachhaltige Wasserwirtschaft im Wasserwerk Weiler. Dazu hatte die Rhein-Energie eingeladen. Referent war Carsten Schmidt, promovierter Wasserbau-Ingenieur. An der Veranstaltung, bei der auch das Wasserwerk besichtigt wurde, nahmen Vertreter von Institutionen teil, die sich Klimaschutz und Nachhaltigkeit auf die Fahnen geschrieben haben: unter anderem die Stadt Köln, Industrie- und Handelskammer (IHK), Handwerkskammer, Verbraucherzentrale NRW, Netzwerk Köln aus Bilderstöckchen und Energieagentur NRW mit Sitz in Düsseldorf. -> Mikroplastik "Mikroplastik ist ubiquitär, überall zu finden, nicht nur im Wasser, auch in der Luft", bestätigte Schmidt. Es handelt sich dabei um winzige Kunststoffkügelchen, die in der Kosmetik- und Waschmittelindustrie extra hergestellt werden, um sie etwa Peeling-Produkten oder Waschpulver zuzusetzen. Mikroplastik entsteht aber auch als Folge des Zerfalls von Kunststoffen, zum Beispiel im Straßenverkehr, wenn Autoreifen über den Asphalt rollen, oder beim Fußballspielen auf Kunstrasen. Die natürliche Abbauzeit beträgt mehr als 100 Jahre. Schmidt empfahl, körnige Duschgels links liegen zu lassen, auch in Kartons oder Pet-Flaschen abgepackte Getränke zu meiden - um wenigstens einen kleinen Anteil zum Schutz von Gewässern zu leisten. Zudem solle man statt Streusalz Sand verwenden und auch keine Pestizide versprühen. -> Das Uferfiltrat des Rheins Der Strom ist nicht nur eine bedeutende Verkehrsader, sondern spendet auch Trinkwasser, in der Fachsprache Uferfiltrat genannt. Das Kölner Wasser sei eine Mixtur aus Grundwasser und Uferfiltrat, erklärte Schmidt. Letzteres habe im Gegensatz zu Grundwasser den Nachteil, dass es unter anderem mit Arzneimittel-Rückständen belastet ist. Um das Flusswasser genießbar zu machen, wird es zunächst über einen längeren Zeitraum durch unterirdische Geröllschichten geschickt, was eine natürliche Reinigung zur Folge hat. Anschließend wird es nach oben gepumpt und dabei mit Aktivkohle gefiltert.

Das Wasserwerk in Weiler ist eines von insgesamt acht in Köln. Auf dem Terrain befinden sich tief unter der Erde 31 Brunnen. Die Anlage wurde in den 1920er Jahren errichtet, das Gebäude steht unter Denkmalschutz. Die Halle beherbergt riesige Behälter mit einem Trinkwasservorrat, der für acht Stunden hält.

Ursprünglich ein Fluss, der sich in Schleifenform mäandernd durch die Landschaft grub, wurde der Rhein Anfang des 19. Jahrhunderts begradigt. Verantwortlich war Johann Gottfried Tulla, ein aus Karlsruhe stammender Ingenieur. Mit der Regulierung wollte Tulla Siedlungsflächen vor Überflutung schützen, auch Krankheiten wie Malaria zurückdrängen. Weiteres Argument: Die bessere Schiffbarkeit. Mit der Industrialisierung ab Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Strom dann immer mehr auch zum Abwasserkanal und war in den 1970er/ 80er Jahren derart verschmutzt, dass er stank, so Schmidt. Der Wendepunkt kam mit einem Störfall im Chemiewerk Sandoz in Basel am 1. November 1986. Eine Lagerhalle war in Brand geraten. Über das Löschwasser gelangten Giftstoffe in den Rhein, er färbte sich rot, es kam zum Fischsterben. "Damals hatte man große Angst ums Trinkwasser, die Anrainer sind alle aufgewacht", sagte Schmidt. Seitdem sei viel geschehen: "Die Wasserqualität hat sich deutlich verbessert, wir betreiben heute naturbasiertes Abwassermanagement." -> Die Nitratbelastung im Erdboden Auch dieses Problem habe man in Köln im Griff, so Schmidt. Seit 1987 besteht im Stadtbezirk Chorweiler der Arbeitskreis Ackerbau und Wasser im linksrheinischen Kölner Norden, hier kooperieren die ortsansässigen Landwirte und die Rhein-Energie. Die Bauern werden angeleitet, ihre Felder so wenig wie möglich zu düngen. "Sie haben auch einen wirtschaftlichen Vorteil dabei, Düngemittel gehen ins Geld", sagte Schmidt. "Der Wasserbedarf wird weltweit stark steigen", prognostizierte er. Die klimatischen Bedingungen jedoch beurteilte der Experte wegen der Klima-Erwärmung eher düster: "Die Extreme werden weiter zunehmen, die sowieso trockenen Gegenden weiter austrocknen, in den feuchteren wird es noch mehr Überschwemmungen geben." Das betreffe auch die Industriestaaten, schon jetzt sei es etwa in Las Vegas normal, im Sommer das Wasser zu rationieren. Auch in Deutschland gebe es von Wasserknappheit bedrohte Regionen, etwa die Uckermark.

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"Wie Wasser sparen"?, lautete eine Frage aus dem Publikum. Auf globaler Ebene helfe nur, wenn die Menschen ihr Konsumverhalten überdenken, erklärte Schmidt und empfahl: "Weniger Fleisch essen, regional einkaufen." Eine Sparvorrichtung in der Toilettenspülung einzubauen, bringe kaum etwas; die Ersparnis sei minimal. Enormer Wasserverbrauch dagegen entstehe schon beim Verzehr eines einzigen Hamburgers. Für die Produktion müssten 2400 Liter Trinkwasser aufgewendet werden.

Besichtigungen möglich

Interessierte Bürger haben die Möglichkeit, das Wasserwerk in Weiler zu besichtigen. Voraussetzung ist, dass sich eine Gruppe von mindestens 15 Personen findet, Einzelpersonen können sich anschließen. Ansprechpartner bei der Rhein-Energie ist Frank Straube, telefonisch ist er unter der Nummer 0221/178-46 60 zu erreichen oder per E-Mail. Im Internet findet man außerdem ein Anmeldeformular. (kaw) betriebsbesichtigung@rheinenergie.com https://www.rheinenergie.com/de/privatkunden

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