Sparkassen-ProzessAnkläger fordern Haftstrafe für Ex-Chef Schröder

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Gustav Adolf Schröder

Gustav Adolf Schröder

Köln – Ex-Sparkassen-Chef Gustav Adolf Schröder muss ins Gefängnis, wenn es nach dem Willen der Staatsanwaltschaft geht. Zweieinhalb Jahre Haft haben am Dienstag die Ankläger in dem Prozess gefordert, der gegen ihn, seinen ehemaligen Vorstandskollegen Franz-Josef Schäfer und den Immobilienentwickler Josef Esch vor dem Kölner Landgericht geführt wird. Der 75-Jährige habe sich der Bestechlichkeit, Untreue und Steuerhinterziehung beziehungsweise Beihilfe dazu schuldig gemacht.

Schäfer (68) habe ebenfalls die Plicht, fremdes Vermögen zu betreuen, verletzt und eine Steuerstraftat verübt; er sei mit eineinhalb Jahren auf Bewährung zu bestrafen. Im Fall von Esch (60) habe sich erwiesen, dass er Schröder bestochen, Beihilfe zur Untreue geleistet und auch ein Steuervergehen begangen habe; dafür forderten die Staatsanwälte zwei Jahre Haft auf Bewährung.

Hohe Verluste durch Bau in Ossendorf

Die Vorwürfe haben mit der Entwicklung Kölns zum Standort der Film- und TV-Branche zu tun, die das Land NRW und die Stadt schon in den 1990er Jahren anstrebten. Die Sparkasse war mit dem Ziel der Standort- und Wirtschaftsförderung eng eingebunden. Kernstück der Planungen war die Errichtung des Coloneums in Ossendorf: ein Komplex, der den Studiobetreiber Magic Media Company (MMC) beherbergen sollte. Ergänzend waren Bürobauten am Butzweilerhof geplant. Sämtliche Gebäude sollten von Oppenheim-Esch-Fonds gebaut und vermietet werden; die Sparkasse sicherte das Vermarktungsrisiko mit Mietgarantien ab. Dies soll ihr hohe Verluste eingebrockt haben.

Die Lage wurde noch komplizierter, als RTL 2003 entschied, seinen Hauptsitz doch nicht nach Ossendorf, sondern in die Rheinhallen der Messe nach Deutz zu verlegen. Der betreffende Esch-Fonds wurde umgewidmet. Zugleich wurde ein neuer aufgelegt zu dem Zweck, für die Messe als Ersatz für die wegfallenden Rheinhallen neue Nordhallen zu bauen.

Staatsanwälte halten Plädoyers

Die Staatsanwälte Alexander Fuchs und Christoph Nießen halten es für bewiesen, dass Schröder und Esch 2003 mündlich eine „Unrechtsvereinbarung“ getroffen haben, die Ende 2004 schriftlich fixiert worden sei. Der Bauunternehmer habe dem Sparkassenchef 9,9 Millionen Euro Schmiergeld zukommen lassen, gezahlt vor allem in Form von „Mietzuschüssen“ zur Stützung von zwei Fonds in Ossendorf, bei denen es Vermarktungsprobleme gab.

Anders als von den Angeklagten behauptet, habe es sich nicht um eine rechtmäßige zusätzliche Provision gehandelt, die aus Gründen der „Kulanz“ in einer bewährten Geschäftsbeziehung geflossen sei. Als Gegenleistung habe Schröder sich bei der Stadtspitze dafür stark gemacht, dass bei der Vergabe des Nordhallen-Bauauftrags ein Esch-Fonds zum Zuge käme, und alternative Investorenmodelle beiseite gedrängt, sagte Nießen. Als Amtsträger habe er „sein eigenes Ermessen verkauft“.

Ankläger sehen Vorwurf der Untreue bestätigt

Auch der Vorwurf der Untreue hat sich nach Überzeugung der Ankläger bestätigt. Um den Studiobetreiber MMC vor der Insolvenz zu retten, hatte die Sparkasse, die bereits an ihm beteiligt war, über ihre Tochter SKBB die Zweckgesellschaften „Lana“ und „Projecta“ eingeschaltet und sie mit Kapital ausgestattet. Faktischer Geschäftsführer beider Gesellschaften war ein Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, dem Schröder großes Vertrauen schenkte – bis es erschüttert wurde, weil der Mann begann, das Geld eigenmächtig anders als vorgesehen zu verwenden. Eine vertragliche Fixierung sei „bewusst unterlassen“ worden, um das „Auftragsverhältnis“ zu „verschleiern“, sagte Fuchs.

Das bloße Vertrauen des Sparkassenvorstands in jenen Wirtschaftsprüfer sei „keine ausreichende Grundlage für eine ordnungsgemäße Geschäftsführung“ gewesen. Esch sei der Zweck des Konstrukts bekannt gewesen. Entgegen seiner Beteuerung, er habe die Gesellschaften – die dann außer Kontrolle geraten seien – „rechtlich und wirtschaftlich“ dem Sparkassenkonzern zugeordnet, habe er gewusst, dass es keine Tochterfirmen waren und ein Risiko der Vermögensgefährdung bestanden habe.

Taten liegen lange zurück

Ein weiterer Vorwurf der Untreue betrifft die Bebauung des Butzweilerhofs mit Bürogebäuden, ebenfalls mit Hilfe von Oppenheim-Esch-Fonds. Dafür hatte die SKBB gegenüber der Josef Esch Fonds-Projekt GmbH eine Erstvermietungsgarantie abgegeben. Aus Sicht der Staatsanwälte ist der Finanzgruppe Sparkasse dadurch ein großer „Vermögensnachteil“ entstanden, dass sie zur Verhinderung des Garantiefalls, mit dem wegen des Mangels an Nachfrage zu rechnen gewesen sei, „überdimensionierte“ Büroflächen selber angemietet habe, ohne entsprechenden Platzbedarf zu haben. Eine „sorgfältige Abwägung der Chancen und Risiken“ sei unterblieben. Das „treibende Motiv“ habe in der Hauptverhandlung allerdings nicht ermittelt werden können. Alle Vorwürfe der Umsatzsteuervergehen leiten sich daraus ab, dass die Rechnungen der mutmaßlich unrechtmäßigen Geschäfte dementsprechend unkorrekt gewesen sein sollen.

Zugute hielten die Staatsanwälte den Angeklagten unter anderem, dass die mutmaßlichen Taten lange zurückliegen, die Dauer der Ermittlungen und des Prozesses sie stark belastet und sie sich umfassend eingelassen und so zur Aufklärung beigetragen hätten. Zu berücksichtigen sei, dass die angeklagten Taten in das „Konzept“ der „politisch Verantwortlichen“ zur Standortförderung „eingebettet“ gewesen seien. Am 7. Juni folgen die Plädoyers der Verteidigung.

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