Bergisch Gladbacher SchulenAm Ahornweg schließen Real- und Hauptschule

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Bevor sie sich bald in unterschiedliche Richtungen  auf den Weg machen, stellen sich die letzten Realschüler noch einmal für ein Foto auf. 

Bergisch Gladbach – Unübersehbar steht über dem Eingang „Hauptschule Ahornweg“ und „Marie Curie-Realschule“. Im nächsten Schuljahr wird über dem Portal des Schulzentrums in Gronau nur noch ein Name zu lesen sein: „Nelson-Mandela-Gesamtschule“. Denn Haupt- und Realschule schließen zum Ende dieses Schuljahres für immer.

So richtig leicht fällt der Abschied wohl nur den Zehntklässlern, wenn am 28. Juni an der Marie-Curie-Realschule der allerletzte Gong ertönt. Nach 45 Jahren ist dann Schluss. Die 37 Absolventen sind die letzten Schüler der traditionsreichen Realschule im Norden der Stadt. Sie gehen danach neue Wege, starten ins Berufsleben oder eine weitere schulische Laufbahn.

Wie eine Familie

„Wir sind wie eine Familie“, berichtet Schüler Tobias Bremm davon, dass eine auslaufende Schule auch Vorteile habe. „Jeder kennt jeden“, bestätigt seine Klassenkameradin Widney Alscher. Die Lehrer hätten den Schülern nie das Gefühl gegeben, „Restschüler“ zu sein. Im Gegenteil: Aufgeteilt auf zwei kleine Klassen sei die Atmosphäre im Unterricht optimal gewesen. Vor allem die Fahrt zur Gedenkstätte in Auschwitz, fester Bestandteil des Schulprogramms, werde allen Schulabgängern in Erinnerung bleiben.

Das Aus für die Schule haben letztendlich die Eltern besiegelt. Zuletzt sanken die Schülerzahlen drastisch. Bitterkeit zum Abschluss möchte die Lehrerschaft nicht aufkommen lassen. „Es gibt schließlich Aussicht auf etwas Neues“, sagt Schulleiter Wolfgang Martin.

In die freiwerdenden Räume der schrumpfenden Realschule ist die Nelson-Mandela-Schule nach und nach eingezogen. Die etwa 20 Lehrer der Marie-Curie-Realschule seien fast alle an ihre Wunschschulen versetzt worden, eine Kollegin sei zur neuen Nelson-Mandela-Gesamtschule gewechselt, berichtet Martin.

Zehn Lehrkräfte sind bis zum Schluss geblieben. Sie arbeiten bereits mit halben Stellen an ihren neuen Schulen und pendeln zwischen beiden Standorten hin und her. „Die letzten Jahre sind nicht einfach gewesen“, gibt Martin zu.

Nach der Realschule in Lohmar und der Overather Realschule ist die Marie-Curie-Realschule die dritte Einrichtung, die der 63-Jährige abwickelt: „Das Thema Loslassen ist mir also bekannt.“ Seine Aufgabe habe darin bestanden, für gute Rahmenbedingungen und Stabilität zu sorgen.

In den nächsten Tagen wird zusammengepackt. Auch die lange Galerie im Flur mit Fotos der Abschlussklassen kommt weg. „Das sind dann schon Momente, wo Wehmut aufkommt“, meint Michael Maaz, Lehrer für mehrere Naturwissenschaften.

23 Jahre hat der 62-Jährige an dieser Realschule verbracht, fast sein ganzes Berufsleben. „Das sagt viel über diese Schule aus“, findet er.

Die Zeit, als der Stadtrat 2012 beschloss, die Schule schrittweise aufzulösen, habe für Unruhe und Nervosität gesorgt – bei Schülern, Eltern und Lehrern, sagt Maaz. Keiner habe gewusst, wie es weitergehen würde.

Befürchtungen bestätigten sich nicht

„Wir haben uns wie ein ungeliebtes Kind gefühlt“, erinnert sich Maaz. Die Befürchtungen, als Auslaufmodell von der Stadt im Stich gelassen zu werden, hätten sich im Nachhinein aber nicht bestätigt. Nach den Sommerferien wird Maaz an der Otto-Hahn-Realschule weiterarbeiten.

Schwerpunkt der Schule waren die Naturwissenschaften: Schon 1982 wurde das Wahlpflichtfach „Informatik“ angeboten. „Wir waren damals absoluter Vorreiter “, erinnert sich Arnold Nelles, Schulleiter von 1988 bis 2009.

Schullandschaft im Umbruch

Im Jahr 2012 erreichte die Diskussion um die Schullandschaft in Bergisch Gladbach ihren Höhepunkt: mit dem Ratsbeschluss, am Standort Ahornweg, eine neue Gesamtschule aufzumachen. Die Marie-Curie-Realschule und die Ganztagshauptschule Ahornweg haben ab 2013 keine neuen Eingangsklassen mehr aufgenommen.

Die neue Nelson-Mandela-Gesamtschule im Gebäude des Schulzentrums am Ahornweg ist inzwischen mit derzeit 562 Schülern bis zum 9. Jahrgang angewachsen und startet somit im Schuljahr 2018/19 mit ihrer ersten Oberstufe.

Die Hauptschule Im Kleefeld ist die einzige verbleibende Hauptschule im Rheinisch-Bergischen Kreis. In ihrem Bestand ist sie nicht gefährdet, laut Auskunft der Stadtverwaltung. In den höheren Jahrgängen wechseln immer mehr Kinder auf diese Schule. In Planung ist deshalb sogar ein Erweiterungsbau für sechs Schulklassen.

Ab Sommer 2018 wird es in der Kreisstadt Bergisch Gladbach 34 Schulen geben: Neben 20 Grundschulen sind dies fünf Gymnasien, zwei Gesamtschulen, vier Realschulen, eine Hauptschule und zwei berufsbildende Schulen. (ub)  

Als Ausbildungsschule für Informatik holte die Realschule Preise bei Wettbewerben wie „Jugend und Technik“ und „Jugend forscht“. Noch gut erinnert sich Nelles aber auch an bauliche Unzulänglichkeiten vor der Generalsanierung 2002. „Bis dahin lag hier überall Teppichboden. Unter den Tafeln, die nass abgewischt werden mussten, blühten die Schimmelpilze.“

Wenn alles aussortiert ist, was nicht mehr gebraucht wird, treffen sich die Lehrer am 30. Juni ein letztes Mal: Zur Abschiedsfeier mit Ex-Kollegen und Vertretern der Stadtverwaltung. „Danach ist hier alles vorbei“, sagt Martin.  

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