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Christopher Street DayHunderttausende bei CSD-Parade in Kölner Innenstadt

Lesezeit 4 Minuten
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Die Kölner Innenstadt war ein einziges buntes Menschenmeer.

Köln – Hunderttausende Besucher besuchten in diesem Jahr die CSD-Parade, deren Teilnehmer von der Deutzer Brücke durch die Innenstadt zum Dom zogen. „Es ist die größte Parade aller Zeiten“, sagte Jens Pielhaus vom Veranstalter Cologne Pride. 166 Gruppen seien 2018 dabei, 40 Prozent mehr als noch im Vorjahr.

Mit Konfettikanonen, Schampus, Regenbogenfahnen und politischen Transparenten demonstrierten die oft bunt kostümierten Teilnehmer gegen die Diskriminierung von Schwulen, Lesben, Bi-, Trans- und Intersexuellen. Besonders die zahlreichen Drag-Queens, die mit aufwendig gestalteten Kostümen die Straßen zierten, fielen auf. Die bunte Party hat freilich einen ernsten Hintergrund, der sich im Motto „Coming-out in Deinem Style“ zeigte. Denn immer noch begingen dreimal so viel homosexuelle Jugendliche im Vergleich zu anderen Jugendlichen Selbstmord. Ein Zeichen dafür, wie schwer es immer noch ist, sich zu seiner sexuellen Orientierung zu bekennen.

Das hat auch David Geske (39) erlebt, der sich als Künstler Rosa La Lopez nennt. Er hatte sein Coming-out mit 17 Jahren, zog mit 19 mit seinem Freund zusammen und löste so einen Eklat in seinem Dorf aus. „Ich komme aus einer kleinen Stadt im Emsland und da war das sehr schwierig.“ Zu viele Katholiken, zu viele konservative Bauern. Seine Mutter habe den Kontakt zu ihm abgebrochen, irgendjemand aus dem Dorf habe sogar das Haus angezündet, in dem Paar lebte.

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Zahlreiche Prominente kamen zur Eröffnung der Parade auf die Deutzer Brücke. Die Vizepräsidentin des Deutschen Bundetags, Claudia Roth forderte, Bundeskanzlerin Angela Merkel auf, sich eine CSD-Parade anzusehen, damit die Community das Gefühl habe, sie sei auch ihre Kanzlerin.

Parade sei Signal für Community

Oberbürgermeisterin Henriette Reker betonte ihre Solidarität mit den Homosexuellen in den Kölner Partnerstädten, wo es teils regide Bestimmungen gegen Homosexuelle gäbe. So wurde in Istanbul die Gay-Pride-Parade erneut verboten, in Tunis steht Homosexualität unter Strafe von bis zu drei Jahren. In Rio de Janeiro werden Homosexuelle sogar zu Dutzende pro Jahr ermordet.

Volker Beck sagte, die Parade sei ein Signal für die Community: „Wir wollen nicht anständig sein, wir wollen leben.“

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Im Vorfeld der CSD-Parade dominierten bei politischem Empfang, Gottesdienst und Schweigeminute die nachdenklichen Töne.

Drei Personen sorgten am Samstagmittag im Gürzenich für stehende Ovationen und minutenlangen Applaus. Die etwa 600 Gäste des CSD-Empfangs zollten ihren Respekt für den Sieg in einem jahrelangen Rechtsstreit. Nach Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts muss bis 2019 im Personenstandsrecht neben den Geschlechtern männlich und weiblich eine weitere Kategorie zugelassen werden oder die Einordnung ganz entfallen – ein Meilenstein für die Queer-Bewegung. Für ihren Einsatz wurde die treibenden Kräfte hinter der Kampagne „Dritte Option“, der Beschwerdeführende Vanja und sein Team Mika Schäfer, Moritz Prasse und Louis Kasten vom Schwulen Netzwerks NRW und der Aidshilfe NRW mit der diesjährigen „Kompassnadel“ geehrt. „Sie haben ein Bewusstsein in der Gesellschaft dafür geschaffen, dass innergeschlechtliche Menschen nicht länger pathologisiert und unsichtbar gemacht werden dürfen“, sagte Bundestagsabgeordneter Sven Lehmann von den Grünen.

Auch die Christuskirche am Stadtgarten war in den Farben der Regenbogenfahne dekoriert. Die Evangelische Kirche und der Jugendtreff Anyway hatte am Samstag zu einem Jugendgottesdienst geladen. Die Jugendlichen gaben jeder Farbe der Regenbogenfahne in eigenen Statements persönliche Bedeutung. Ihre Botschaft: Liebe ist Liebe. Selbst an buntes Esspapier zum Abendmahl hatten die Jugendlichen gedacht. „Wir haben von vielen gehört, dass sie nicht mehr in die Kirche gehen, wegen ihrer Sexualität“, so Jugendleiterin Franziska Froböse. Dagegen wolle man ein Zeichen setzen.

Nach einem Tag mit Bühnenprogramm, Musik und Straßenfesttrubel legte sich am Samstagabend bedächtige Stille über den Heumarkt. Tausende Pride-Besucher versammelten sich zu einer Schweigeminute, um an Freunde zu gedenken, die an den Auswirkungen von Aids und HIV gestorben sind. Die alljährliche Einladung zum „Kerzenlicht gegen das Vergessen“ der Organisatoren vom Kölner Lesben- und Schwulentag und der Aidshilfe ist mittlerweile Pride-Tradition. Die Teilnehmer zündeten Kerzen, während Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpes Namen der Verstorbenen auf der Bühne vorlas.

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