Vieles steht auf der Kippe

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Sie arbeiten für und sprechen über Kultur (v. l.): Katharina Meierjohann (Künstlerbunker), Petra Clemens (Junges Theater, KAW), Britta Meyer (Kunstverein), Moderatorin Claudia Waiblinger, Anke Holgersson (Kultur-Stadt-Lev), Tobias Sauter (Jazz Lev)

Sie arbeiten für und sprechen über Kultur (v. l.): Katharina Meierjohann (Künstlerbunker), Petra Clemens (Junges Theater, KAW), Britta Meyer (Kunstverein), Moderatorin Claudia Waiblinger, Anke Holgersson (Kultur-Stadt-Lev), Tobias Sauter (Jazz Lev)

  • Diskussion über Zukunft der Leverkusener Kultur – Akteure der freien Szene vermissen Wertschätzung

Wie eine Idealsituation für die Kulturschaffenden in der Stadt aussehe, das konnte Petra Clemens ebenso eindeutig wie simpel beschreiben: „Ich habe ein Anliegen und benötige Hilfe. Also klopfe ich an die Türe des Oberbürgermeisters, trage mein Anliegen vor – und er bringt es dann sofort in Politik und Verwaltung ein.“

Doch in Leverkusen sind Kulturschaffende wie Entscheider an der Stadtspitze weit von Ideallösungen entfernt. Wäre das anders, bräuchte es auch keine Podiumsdiskussionen wie diese in der Galerie des Kunstvereins zum Thema „Zukunft Kultur in Leverkusen“. Es war das zweite Treffen von vier, die der Verein organisiert.

Reichlich Kritik

Das KAW ist als selbstverwaltetes Kulturzentrum erfolgreich. Diejenigen, die es am Laufen halten, erfahren jedoch nur selten Wertschätzung. Ähnlich geht es anderen Akteuren der freien Szene.

Das KAW ist als selbstverwaltetes Kulturzentrum erfolgreich. Diejenigen, die es am Laufen halten, erfahren jedoch nur selten Wertschätzung. Ähnlich geht es anderen Akteuren der freien Szene.

Neben Clemens, die abseits ihres Berufs als Regisseurin vor allem für ihr konsequentes Engagement im Jungen Theater Leverkusen und dem Kulturausbesserungswerk (KAW) bekannt ist, nahmen Oberbürgermeister Uwe Richrath, Katharina Meierjohann vom Verein „Künstlerbunker“, Musiker Tobias Sauter („Jazz Lev“) und Anke Holgersson von „Kultur-Stadt-Lev“ (KSL) teil. Das Ziel der Diskussion vor knapp 40 Gästen war, Wege aufzuzeigen, wie die Kultur in der Stadt – über das stets im Mittelpunkt der Diskussion stehende Museum hinaus – vorangebracht werden könnte.

Während die einen vor allem lobten, was in der freien Szene seit Jahren auf ehrenamtlicher Basis geleistet werde, wurde aus dem Publikum auf Kritik laut. Es wurde etwa der fehlende Mut für große, mehrere Akteure verbindende Kulturprojekte bemängelt, aber auch das Fehlen eines Vermarktungskonzepts der Stadt für ihr Kulturangebot. Auch der nicht vorhandenen Mut, Geld in die Hand zu nehmen, wurde angesprochen.

Ein Zuhörer sagte, dass die Bedachung des Busbahnhofs in Wiesdorf auf einmal knapp zwei Millionen Euro teurer werde – und diese sofort „aus dem Etat rausgepresst“ würden. Bei der Kultur werde indes immer erst einmal überlegt. Dabei sei doch eines unablässig: „Ich muss den politischen Willen haben, die Kultur zu unterstützen.“

Clemens lobte den OB zwar dafür, dass er sich der Kultur konsequenter annehme als sein Vorgänger Reinhard Buchhorn: „Ich habe seit einiger Zeit durchaus das Gefühl, einen Dialog führen zu können.“ Gleichwohl stellte sie aber auch hörbar aufgebracht klar: „Es sterben Dinge. Alles steht auf der Kippe.“ Alle, die sich in der freien Szene für Kultur engagierten, müssten nach wie vor um die Existenz ihrer Einrichtungen kämpfen. „Es ist alles sehr fragil.“ Die Kulturangebote, über die ja stets sehr gerne voller Lob geredet werde, müssten endlich gestärkt werden.

Richrath betonte: „Ob wir etwas bewegen, hängt nicht alleine von der Politik und davon ab, wie wir im Haushalt das Geld verteilen.“ Vielmehr sei es wichtig, auch einen großen eigenständigen Akteur wie Bayer und die Bayer-Kultur ins Boot zu holen. „Das geht schon zu lange getrennt. Wir dürfen das aber nicht mehr getrennt betrachten.“ Daher stehe er im steten Austausch mit den Bayer-Verantwortlichen. Zudem gehe es darum, der Kultur eine „eigene Handschrift“ zu verleihen, und zwar am besten – hier stimmte er den Zuschauern im Raum zu – tatsächlich mit einem eigenen Vermarktungskonzept.

In den vergangenen Jahrzehnten seien ohne Konzept zu viele Chancen ungenutzt geblieben, räumte Richrath ein. Zeugnis davon lege etwa der Platz vor dem Forum ab, der trotz einmaliger Lage ungenutzt und leer bleibe. Und: Die Kultur sei zu „kleinteilig“. Sie müsse – ausgehend von den Stadtteilen – gebündelt und mehr miteinander verknüpft werden. Er wolle alles dafür tun, dieses Ziel zu erreichen. „Daran lasse ich mich messen“, sagte er.

Die Reihe der Podiumsdiskussionen wird fortgesetzt, zunächst mit Jugendlichen als Gesprächsgästen im Herbst, dann mit Vertretern der Leverkusener Wirtschaft.

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