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Viel mehr Arbeit für Kölner Feuerwehr375.000 Notrufe gingen 2017 ein – Vier Brandtote

Lesezeit 4 Minuten
Der Buschbrand vor dem Bundesverwaltungsamt in Niehl sorgte jüngst für einen größeren Feuerwehreinsatz.

Der Buschbrand vor dem Bundesverwaltungsamt in Niehl sorgte jüngst für einen größeren Feuerwehreinsatz.

Köln – An einem Novembertag im vergangenen Jahr wurde die Feuerwehr zu einem gynäkologischen Einsatz in Brück gerufen. Ein Routineeinsatz, dachten die Rettungssanitäter der Feuerwehr. Doch als sie am Einsatzort ankamen, hatten die Wehen einer 28-jährigen Frau bereits eingesetzt.

Ein alarmierter Notarzt entschied, dass die Frau per Rettungswagen in ein Krankenhaus gebracht werden sollte – mit Martinshorn und Blaulicht. Das Baby wartete aber nicht solange, bis die Mutter in der Klinik ankam, sondern wurde gesund im Rettungswagen geboren.

Bilanz des vergangenen Jahres

Der Notruf war einer einer von 375.000 Notrufen, die bei der Feuerwehr im vergangenem Jahr eingingen. Die meisten Einsätze (188.000) leistete die Feuerwehr im Rettungsdienst. Zu Bränden wurden die Helfer insgesamt 2108-mal gerufen.

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Im vergangenen Jahr wurden 151 Menschen gerettet, vier starben bei Bränden – eine Zahl, die laut Feuerwehr-Chef Johannes Feyrer leicht unter dem jährlichen Durchschnitt von sechs bis sieben liege. Fast 8000-mal galt es für die Feuerwehr, technische Hilfe zu leisten. Dabei konnten 1334 Menschen aus Zwangssituationen gerettet werden.

Seilbahnunglück gehört zu den größten Einsätzen

Zu den größten Rettungseinsätzen gehörte 2017 das Seilbahnunglück am Rheinufer. Spezialkräfte der Höhenrettungsgruppe konnten mehr als 60 Menschen, darunter 20 Kinder und Jugendliche, aus festsitzenden Gondeln befreien.

Zudem musste die Feuerwehr mehr als in den vergangenen Jahren wegen Schäden durch Sturm und Starkregen ausrücken. Teilweise wurden mehrere hundert Helfer eingesetzt.

Bei einem Einsatz in Südfrankreich kooperierte die Kölner Feuerwehr mit dem Gemeinsamen Zentrum für deutsch-französische Polizei- und Zollzusammenarbeit der Bundespolizei im baden-württembergischen Kehl. Mitte Januar 2017 hatte die Feuerwehr ein Notruf einer Tochter eines Lkw-Fahrers erreicht. Dieser drohte mit Brustschmerzen in Südfrankreich zusammenzubrechen und konnte nur noch eine Kurzmitteilung per Smartphone an seine Tochter abschicken. Französische Kollegen konnten den Mann ausfindig machen und in ein Krankenhaus bringen.

Arbeitsauslastung der Einsatzkräfte

Stadtdirektor Stephan Keller zieht eine positive Gesamtbilanz der Arbeit seiner Einsatzkräfte. „Die Feuerwehr macht in der Breite eine hervorragende Arbeit. Die Stadt ist in sicheren Händen.“

Problematisch ist aber, dass die Einsatzkräfte auch im vergangenem Jahr mehr Hilfe leisten mussten als in den Vorjahren. Binnen Jahresfrist ergab sich ein Plus von vier Prozent. Feyrer begründet die zusätzlichen Einsätze unter anderem damit, dass seit Januar 2017 Heimrauchmelder in Schlaf- und Kinderzimmer gesetzlich vorgeschrieben sind.

Überlastung im Rettungsdienst

Die Überstunden führten in der Vergangenheit zu einigem Unmut unter den Feuerwehrleuten. Mehr als 250 von ihnen sollen sich über die Überlastung im Rettungsdienst, intransparente Entscheidungen und einen autoritären Führungsstil beschwert haben. Stadtdirektor Keller hatte auf die Vorwürfe reagiert und eine Ombudsstelle für Feuerwehrleute eingerichtet.

Hier sollen zahlreiche Gespräche mit betroffenen Feuerwehrleuten geführt worden sein. Die Stelle solle bis auf weiteres geöffnet bleiben, betonte Keller. Zudem soll während eines zweitägigen internen Workshops vor allem über den Führungsstil, neues Personal und die Arbeitsbelastung diskutiert werden. Ungefähr 400 Feuerwehrleute wurden zu den beiden Veranstaltungen eingeladen.

Feyrer räumt ein, dass von 1000 Stellen im Einsatzbereich 50 unbesetzt sind. Die Fehlstellen will die Feuerwehr vor allem durch eine Ausbildungsoffensive reduzieren, weil es auf dem Arbeitsmarkt „keine arbeitslosen Feuerwehrleute gibt“, wie Keller sagt. Zudem sollen mit der Umsetzung des Rettungsdienstbedarfplans die Einsätze der Feuerwehr in diesem Bereich verringert werden.

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Die Feuerwehr will ihren Anteil an den Rettungseinsätzen von mehr als 50 Prozent auf 43 Prozent verringern. Den Rest übernehmen die Hilfsorganisationen Malteser, Arbeiter-Samariter-Bund, Deutsches Rotes Kreuz und die Johanniter-Unfallhilfe sowie der private Dienstleiter Falck.

Suche nach neuem Feuerwehrchef

Derzeit sucht die Stadt zudem einen neuen Feuerwehrchef. Um den Posten neu zu besetzen, sei eine Head-Hunting-Agentur eingeschaltet worden, die bundesweit nach einem Nachfolger für Feyrer fahndet. Dieser geht wie geplant im Frühjahr 2019 in Ruhestand. Feyrers Nachfolger soll möglichst einige Monate mit ihm zusammen an der Spitze der Feuerwehr arbeiten.

Softwareprobleme in der Leitstelle

Gelöst werden müssen auch noch die Probleme mit der Software der Feuerwehr-Leitstelle. Weil die bisher verwendete Software von Siemens in die Jahre gekommen ist, will die Stadt per Kooperationsvertrag die Technik der Stadt Berlin mitnutzen.

Andere Software-Firmen haben aber nun geklagt, weil sie der Ansicht sind, die Stadt hätte den Auftrag ausschreiben müssen. Nun liegt dem Oberlandesgericht ein Beschwerdeverfahren gegen die Stadt Köln vor. Mit einer Entscheidung rechnet Feyrer im September. Für einen Übergangszeitraum könne die Stadt auch weiterhin die Siemens-Software nutzen. „In der Leitstelle geht auf keinen Fall das Licht aus“, sagte Feyrer.

Diskussion um Landeplatz am Kalkberg

Die Rettungshubschrauber Christoph und Christoph Rheinland hoben 2017 zu 2176 Einsätzen ab. Derzeit starten sie vom Flughafen Köln/Bonn. Unklar bleibt, wo sie künftig stationiert werden, nachdem es Hinweise gibt, dass weitere giftige Substanzen im Kalkberg vorhanden sind. Feyrer nannte den Kalkberg selbst einen „einsatztaktisch guten Standort“. Ob hier aber der Landeplatz tatsächlich entstehe, müsse die Politik entscheiden.

Rettung von Tieren 

Zu den Aufgaben der Feuerwehr gehört auch die Rettung von Tieren. 2017 wurden 1739 Tiere transportiert. Aus Notlagen befreit wurden vor allem Hunde (525), Katzen (317), Fische (100) und Enten (70). Unter den geretteten Tieren waren aber auch ein Chinchilla, eine Ziege und elf Brieftauben.

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