Kunst als Aufputschmittel

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  • Die Sammlerin und Mäzenin Anna Friebe-Reininghaus erhält für ihr Lebenswerk den Ehrenpreis zum Kulturpreis

Es ist jetzt zehn Jahre her, dass sich Anna Friebe-Reininghaus und ihr Ehemann Ulrich Reininghaus von ihrem größten Kunstschatz trennten. Sie stifteten dem Kölner Museum Ludwig sämtliche Grafiken und Editionen von Sigmar Polke, immerhin 180 Werke, die das Ehepaar mühsam zusammengetragen hatte. „Mein Herz hat geblutet“, erinnert sich Friebe-Reininghaus, „und ich habe mich gefragt, ob ich denn verrückt bin, das alles dem Museum zu geben. Aber im Haus kann man es ja gar nicht aufstellen. So muss man es sehen.“

So hat es Anna Friebe-Reininghaus nicht nur einmal gesehen, sondern immer wieder. Nach den Polke-Grafiken schenkte sie dem Museum Ludwig dieses Jahr das komplette grafische Werk Blinky Palermos, und als ob das an guten Werken nicht schon genügte, animiert sie als Kopf der Perlensucher andere Sammler, es ihr und ihrem Mann gleichzutun. Trotzdem sagt Friebe-Reininghaus, sie wisse gar nicht, warum sie „diesen Preis“ bekomme. Die Jury des Kölner Kulturrats wusste es dafür umso besser und verleiht ihr den Ehrenpreis für besondere Verdienste um die Kölner Kultur. Er wird sich gut machen neben dem Bundesverdienstkreuz, das Friebe-Reininghaus im letzten Jahr erhielt.

Als gebürtiger Kölnerin liegen Anna Friebe-Reininghaus die städtischen Museen besonders nah – und nicht allein das Museum Ludwig, wie sie betont. Aber dieses Haus hatte eben einen besonders hartnäckigen Direktor: „Kasper König war sechs Jahre hinter uns her. Man konnte praktisch keinen Tag ohne König oder seine Postkarten leben.“ Schließlich gab die 2008 von König gegründete Stiftung am Museum Ludwig den Ausschlag – und die schönen Polkes waren weg. Wobei: „Wann immer ich meine Stiftungen oder Leihgaben im Museum hängen sehe, geht mir das Herz auf“, sagt Friebe-Reininghaus. Und überhaupt könne man doch „nicht alles zu Hause haben oder den Kindern vererben“. Die Museen, sagt sie, „sind ja auch wie Kinder“.

Anna Friebe-Reininghaus

Anna Friebe-Reininghaus

Unter den neun Kölner Kindern ist Friebe-Reininghaus aber doch das Museum Ludwig eindeutig das liebste. Zuletzt gründete sie zu dessen Gunsten den Alten Ankauf, eine Vereinigung engagierter Bürger, die für die Grafiksammlung des Ludwig zusammenlegen. Die Entstehung dieser Gruppe sagt einiges über das glückliche Zusammenspiel von Eigensinn und Gemeinwohl aus: „Ich bin von Natur eifersüchtig“, so Friebe-Reininghaus, „und war neidisch auf den Jungen Ankauf am Museum Ludwig, in dem sich junge Sammler zusammengefunden hatten.“ Also schlug sie dem damaligen Direktor Philipp Kaiser vor, einen Alten Ankauf zu gründen. „Innerhalb weniger Stunden hatten wir 30 000 Euro zusammen.“ Allerdings konnten sich laut Friebe-Reininghaus vor allem die Männer nicht recht mit dem Namen anfreunden – und so wurde aus dem Alten Ankauf schließlich die Gruppe der Perlensucher am Museum Ludwig. „Mittlerweile sind wir 19 Mitglieder, damit kann man schon was anfangen.“

Zuletzt legten die Perlensucher für den Ankauf von Hans Haackes Serie „Pralinenmeister“ zusammen, einer furchtlosen Abrechnung mit den Geschäftspraktiken des Museumsgründers Peter Ludwig. Mit der Sammelleidenschaft von Peter und Irene Ludwig kann sich Friebe-Reininghaus aber trotzdem gut identifizieren. „Mein Mann und ich haben uns beim Sammeln immer gegenseitig unterstützt. Ich kaufe nichts, wo er sagt, das finde ich aber nicht gut – und umgekehrt.“ Manchmal machen sich die Eheleute auch gegenseitig Konkurrenz: „Anne Imhof habe ich zuerst gekauft“, sagt sie, „dann zog mein Mann nach.“ Gesehen hatte sie Imhofs Werke übrigens bei ihrem Sohn, dem Kölner Galeristen Daniel Buchholz.

Früher hätten sie erworben, was der Geldbeutel hergab, sagt Anna Friebe-Reininghaus. Heute geht es eher darum, etwas zu finden, das zu dem passt, was schon da ist. Aber: „Wir kaufen immer noch Aktuelles.“ Sie sei zwar alt in Zahlen, fühle sich aber nicht so: „Kunst ist ein Aufputschmittel.“

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