Peruanisch essen im Belgischen ViertelKreative und ambitionierte Küche im Tigermilch

Lesezeit 3 Minuten
080819Floss-schmeckts03

Die Zielrichtung ist klar: modernes Peru. Klares Design trifft auf punktuelle, grelle Folklore-Elemente.

Köln – „Mein Vater war noch nie am Machu Picchu.“ Chefin Anna  schüttelt lachend den Kopf. Zusammen mit ihrem Bruder Fabian eröffnete sie im Dezember ihr modernes, peruanisches Restaurant. „Die Leute haben so ein bestimmtes Bild von Peru: Folklore, Inkas und Alpakahirten. Wir möchten die Vielfalt abbilden.“ Damit hat sich das halbperuanische Geschwisterpaar eine beträchtliche Aufgabe gesetzt. Peru hat drei Klimazonen: eine wüstenartige Küste, das Andenhochland und  subtropische Regenwälder – mehr Biodiversität ist kaum möglich. 

Wer bei der Landesküche ausschließlich an Ceviche, Meerschweinchen und Reis mit Bohnen denkt, muss von deutscher Küche Weißwürste und Brezeln erwarten. Das Land zählt allein über 4000 Kartoffelsorten. Die unfassbare  Produktvielfalt wird von den verschiedenen Landesküchen ins Unzählbare multipliziert. Jede Einwanderungswelle hat auf der peruanische Speisekarte ihre Fußabdrücke hinterlassen. Nikkei ist beispielsweise die japanisch beeinflusste Küchenrichtung, Chifa die chinesische.

080819Floss-schmeckts08

Ein Stück peruanische Kultur

Vor knapp zehn Jahren begann in Peru die kulinarische Revolution mit Gastón Acurio. Er war derjenige, der erst seinen Landsleuten und anschließend dem Rest der foodinteressierten Welt, die Vielfalt und Schönheit der peruanischen Küche veranschaulichte. Die Nachfolgergeneration, allen voran Virgillio Martinez, kocht   an der Weltspitze. Die Geschwister wollen diese Entwicklung  nach Köln bringen.

Appetitliche Kunstwerke

Sowohl das Sharing-Konzept, als auch die Begeisterung liest man  bereits auf der Karte.  Gleich die erste Seite klärt anfängliche Produktfragen, der nette Service alle anderen. Die Teller sind liebevoll gestaltete, appetitliche Kunstwerke.

Vegetarierer haben in peruanischen Restaurants häufig die Wahl zwischen  frittiertem Maniok  und frittiertem Maniok. Die Tigermilch serviert wunderbare Gemüse-Alternativen: Ceviche aus Kräuterseitlingen und Süßkartoffeln, Quinoa-Zucchini-Kroketten, Causa mit Avocado und roter Bete.  Küchenchef Philipp Alber schreibt kreativ und sehr ambitioniert, die Umsetzung ist noch ein bisschen unausgewogen. Dem Nikkei-Ceviche fehlt das Tigerstyle-Selbstbewusstsein.

Der Fisch auf beiden Tellern ist  hervorragend, jedoch bekommt der  eine ein verrückt gutes Feuerwerk aus Chili, Wassermelone  und (ausgerechnet) Kiwi und der andere relativ neutralen Algensalat  und  dezent aromatisierte Sojasauce. Der gegrillte Oktopus  ist köstlich und präzise gegart, die Rinderherzen ausbaufähig.    Das ist Meckern auf hohem Niveau, zumal die Schwierigkeit der Produktbeschaffung eingerechnet werden muss. Das junge Team  macht sehr viel richtig und meistert seine  Mammutaufgabe. Gastón Acurio hat die peruanische Küche auch nicht an einem Wochenende revolutioniert.

Tigermilch Ceviche Floss Racoczy

Ceviche Tigerstyle mit Kiwi, Melonen und Aji Amarillo

Probiertes

Ceviche Nikkei // Adlerfisch, rote Zwiebel, Algensalat, Sesam, Ingwer-Maracuja-Sojasauce, Aji Rocoto // 13 Euro Anticuchos Classico // Rinderherzspieße, Kartoffel, Aji Panca, Salsa de Rocoto, Huancaina // 7 Euro Pulpo a la Plancha // gegrillter Oktopus, Parmesanpolenta, Paprika-Safran-Creme, Oliventapenade // 12,50 Euro Croquetas de Quinoa // Quinoa-Zucchini-Kroketten mit drei hausgemachten Saucen // 4,50 Euro

Tigermilch Brüsseler Str. 12 0221/75985821 Öffnungszeiten: Di-So 18-23 Uhr

Das könnte Sie auch interessieren:

KStA abonnieren