Programm gescheitertUmbau der Rüstungsindistrie steht bevor

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Maschinengewehre wie das MG4 der Firma Heckler & Koch wurden 2016 viel ins Ausland exportiert.

Berlin – Es klang wie ein hehres Ziel, mit dem die Bundesregierung vor drei Jahren ein Förderprogramm auflegte, das einen alten Traum der Friedensbewegung umzusetzen schien: Schwerter zu Pflugscharen. Oder, wie das „Innovationsprogramm“ des Wirtschaftsministerium offiziell hieß: Unterstützung von Diversifizierungsstrategien von Unternehmen der Verteidigungsindustrie in zivile Sicherheitstechnologien, kurz DIVERS.

Die Idee: Wenn die Regierung doch eine „zurückhaltende Rüstungsexportpolitik“ betreibt, also möglichst wenig Waffenausfuhren genehmigt, wie ja gebetsmühlenartig heißt, dann erschwert man den deutschen Rüstungsfirmen ja das Geschäft – und will deshalb im Gegenzug helfen, wenn sie auf zivile Güter umsteigen, um die derzeit rund 65.000 direkt und 45.000 indirekt in der Branche Beschäftigten zu schützen.

Nach nur drei Jahren steht nun jedoch fest: Das Programm ist gescheitert und wird zum 1. Januar 2019 eingestellt. Das schreibt das Ministerium in einer Antwort auf Anfrage der Linksfraktion, die dieser Zeitung vorab vorliegt.

Linken-Sprecherin kritisiert Bundesregierung

Laut Wirtschaftsministerium ist der Grund die „vergleichsweise geringe Anzahl an eingegangenen Projektanträgen“. Für die Bundestagsabgeordnete und friedenspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Kathrin Vogler, die die Anfrage gestellt hat, mangelt es dagegen bei der Bundesregierung und mehr noch bei den Firmen am Willen zum Umbau der Produktion.

Tatsächlich wurden im Bundeshaushalt zwar zunächst 5 Millionen Euro für das Programm bereitgestellt, in den Folgejahren mehr als neun (2016) und 7,4 Millionen Euro (2017).

Doch obwohl laut Förderrichtlinie jedes Einzelprojekt von allen „Verteidigungsunternehmen, die über eine Betriebsstätte oder Niederlassung  in Deutschland verfügen“, antragsberechtigt ist und es keine weiteren Hürden gab, ja nicht einmal eine „ausschließlich zivile Nutzbarkeit“ Bedingung einer Projektförderung war: Das Interesse an den Staatshilfen war und blieb gering.

Nur ein einziges Projekt gefördert

Nur ein einziges Projekt wurde aus dem Topf gefördert. Dabei soll eine „militärische Trainingsplattform zum Umgang mit psychischen Belastungen“ so angepasst werden, dass sie auch im „zivilen Markt (Feuerwehr, Polizei, sonstige Einsatzkräfte)“ eingesetzt werden kann. Im laufenden Jahr werde das Projekt noch nicht abgeschlossen. Das geförderte Unternehmen wird nicht genannt.

Bevor das Programm gestrichen wird, können noch Antrage auf die für 2019 eingestellten 3,81 Millionen Euro gestellt werden. Zudem ist die Rede davon, dass 2018 noch weitere bezuschusste Projekte hinzukommen. Weitere Programme oder auch nur Überlegungen zur Konversion gebe es nicht, auch Forschung in dem Bereich werde hinaus nicht gefördert.

So beträgt die Summe, mit der der Bund bislang die Umwandlung der Rüstungsproduktion gefördert hat: 410.000 Euro – ein Bruchteil der bereitgestellten Millionen und kaum erwähnenswert im Vergleich zur Förderung von echten Rüstungsprojekten. So gibt das Verteidigungsministerium allein für Rüstungsforschung an öffentlichen Hochschulen nur in diesem Jahr 47 Millionen Euro für 190 Forschungsvorhaben aus. Im Vorjahr flossen knapp 79 Millionen Euro Staatsgeld, 2016 rund 53 Millionen.

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Hat die Bundesregierung kein Interesse an der Umwandlung von Rüstungsbetrieben?

Für die Linken-Abgeordnete Vogler zeigt der Vergleich, dass die Bundesregierung „keinerlei Interesse hat an der Umwandlung von Rüstungsbetrieben in Betriebe, die gesellschaftlich nützliche Produkte herstellen“. Die Koalition interessiere sich nicht für Erkenntnisse oder gar eigene Forschung dazu, „geschweige denn ein nachhaltiges Konzept“, sagte Vogler dieser Zeitung.

Dass das Interesse der Unternehmen noch geringer sei, liege auf der Hand: „Eine Rüstungsexportpolitik, die ihre Profite gefährden könnte, müssen sie von dieser Bundesregierung nicht befürchten“, so Vogler.

Tatsächlich ging der Umfang der Waffenausfuhren, die der Bund laut aktuellem Exportbericht genehmigte, 2017 zwar gegenüber 2016 leicht auf rund 6,24 Milliarden Euro zurück. Damit ist es dennoch die bisher drittgrößte Menge genehmigter Rüstungslieferungen in der Geschichte der Bundesrepublik, von der zudem der größte Teil an Drittstaaten außerhalb von EU und Nato ging.

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