Kölner Polizei nutzt Lock-FahrräderGeklautes Rad nach drei Monaten in Essen entdeckt

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Christoph Schumacher vom Gymnasium Rodenkirchen hat sein Rad zurückbekommen.

Christoph Schumacher vom Gymnasium Rodenkirchen hat sein Rad zurückbekommen.

Köln-Rodenkirchen – Ein oder zwei Kratzer im Lack, aber davon abgesehen hat Christophs neues Trekking-Bike den Diebstahl schadlos überstanden. Anfang Juli haben Diebe dem Elfjährigen sein Fahrrad in der Schule gestohlen, es war mit einem Zahlenschloss an einem Metallgitter befestigt, gleich unterhalb eines Klassenraums am Gymnasium Rodenkirchen. Um 10 Uhr hatte Christoph Schumacher es zum letzten Mal gesehen, um 13.20 Uhr war es weg.

„Die Hoffnung, das Rad noch mal wiederzusehen, ging gegen Null“, sagt sein Vater Maik. Inzwischen wisse er auch, dass ein Zahlenschloss nicht unbedingt die sicherste Wahl sei. „Aber wer sowas nicht der Polizei meldet, hat noch weniger Chancen.“ Also erstatteten die Schumachers Strafanzeige. „Zum Glück hatten wir einen Fahrradpass mit der Rahmennummer.“

Ein lauter Freudenschrei

Eine Woche später ruft ein Ermittler der Kripo Essen bei der Familie an: „Wir haben das Fahrrad sichergestellt“, sagt ein Beamter. Christoph ist da gerade bei Oma und Opa. Als sein Vater ihm die Nachricht am Telefon berichtet, hört er als Antwort nur einen lauten Freudenschrei.

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Das 600 Euro teure und gerade mal fünf Monate alte Fahrrad war in Essen-Nord wieder aufgetaucht, auf dem Flohmarkt am Autokino – offenbar ein Hotspot für den Handel mit gestohlenen Fahrrädern. Immer wieder wird die Essener Polizei dort bei Razzien fündig. Nicht immer gelingt es allerdings, die Besitzer ausfindig zu machen. Denn viele Opfer kennen die Rahmennummer ihres Fahrrads nicht, was eine spätere Zuordnung erschwert, wenn es gefunden wird. Andere zeigen einen Diebstahl gar nicht erst an.

Grober Fehler viele Radbesitzer

Ein grober Fehler, wie auch die Polizei in Köln betont. Mühsam versucht die neu gegründete „Ermittlungsgruppe Fahrrad“ seit einigen Tagen, die unbekannten Eigentümer sichergestellter Fahrräder über das Internet zu finden. Auf der Homepage der Behörde sind derzeit 90 Fotos teils hochwertiger Räder eingestellt.

Schon im Frühjahr, bei der Vorstellung der Kriminalstatistik für 2017, hatte Kripochef Stephan Becker von Gruppen oder Banden berichtet, die in Köln unterwegs seien und planvoll und organisiert Räder stehlen. „Sie fahren gut ausgerüstet mit Kleintransportern durch die Stadt, knacken Schlösser mit einem Bolzenschneider, laden die Räder ein und verschwinden.“ Verwertbare Spuren für die Polizei: so gut wie keine. Die Aufklärungsquote dümpelt bei ungefähr fünf Prozent.

Ein Großteil der Beute – zunehmend auch E-Bikes – wird schnell über die Grenze gebracht, vorwiegend Richtung Osten. Andere, wie auch das von Christoph Schumacher, werden jenseits der Stadtgrenze auf Floh- und Fahrradgebrauchtmärkten weiterverkauft.

Depot am Escher See ausgehoben

Erst vorige Woche war es Fahndern gelungen, am Escher See ein Depot mit gestohlenen Rädern auszuheben. In einem Kiosk am Eigelstein hatten Zivilpolizisten den Ankauf von Fahrrädern beobachtet. Sie waren dem Lieferwagen der Täter bis nach Esch gefolgt.

Aufgabe der kürzlich gegründeten sechsköpfigen Ermittlungsgruppe ist es unter anderem, Zusammenhänge zu erkennen, die Strukturen weiter zu erhellen und Täter auf frischer Tat zu fassen. Dazu setzen die Ermittler mitunter auch „Lock-Fahrräder“ in der Stadt ab, die mit Trackern ausgestattet sind und bei der Ortung helfen.

Laut einer Untersuchung der Generali-Versicherung wird jeder elfte Kölner innerhalb von zehn Jahren Opfer eines Fahrraddiebstahls. 8200 waren es im Vorjahr, genau 1026 allein im Juli dieses Jahr, Tendenz seit Jahren steigend.

Den Schumachers wurden bisher schon drei Räder gestohlen. Immerhin eines haben sie jetzt zurückbekommen. Und das schließt Christoph ab sofort mit einem hochwertigen, stabilen Schloss ab.

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