BuchDas Verbindende ist die Trennung

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Kinder klettern an der Grenzanlage zwischen Mexiko und den Vereinigten Staaten von Amerika.

Kinder klettern an der Grenzanlage zwischen Mexiko und den Vereinigten Staaten von Amerika.

  • Auslandskorrespondenten reisen weltweit entlang von Mauern, Zäunen und Abgründen

Als die Berliner Mauer fiel, Deutschland wiedervereinigt wurde und der Kalte Krieg endete, schien es, als sei die Ära der Abschottung vorbei. Heute wissen wir, dass dies ein frommer Wunsch war. Überall werden neue Mauern, Zäune und Abgrenzungen gebaut. Zusammengenommen sind sie weltweit 41 000 Kilometer lang. 60 neue Mauern, Zäune und Absperrungen an Grenzen wurden seit 1990 errichtet, geplant oder sind im Bau. Der Traum von einer Welt ohne Grenzen musste der Erkenntnis weichen, dass viele Politiker Wahlen damit gewinnen, die Errichtung von Mauern zu versprechen.

Wo immer Mauern entstehen, werden Menschen ausgegrenzt. Doch was heißt das eigentlich genau? Wie verändert sich das Leben der Bewohner, wenn Grenzen plötzlich unüberwindbar werden, die jahrzehntelang offen waren? Diese Fragen haben sich auch die Weltreporter, ein Netzwerk deutscher Auslandskorrespondenten, gestellt. In ihrem neuen Buch „Ausgeschlossen“ haben sie sich weltweit auf die Suche nach Geschichten gemacht, die an Mauern, Zäunen und Abgründen spielen. „Wir leben in einer Ära der Mauern“, schreibt Herausgeber Marc Engelhardt, der als Korrespondent in Genf arbeitet, in seiner Einleitung. Wer profitiert von dem neuen Mauerboom? Wer sind die Verlierer? Um zu dokumentieren, wie er das Leben der Menschen verändert, sind Engelhardt und seine Kollegen überall auf dem Globus losgezogen. Sie erzählen am Beispiel von Schicksalen einzelner, was es heißt, wenn Abgrenzung zur Maxime der Politik wird.

So lernt der Leser in Kerstin Zilms Beitrag Ramòn kennen. Der Mexikaner lebt in den USA, seit 17 Jahren hat er seine Familie nicht mehr gesehen. Er verdient das Geld, das seine Frau und Kinder über Wasser hält. Manchmal treffen sie sich an der mexikanisch-amerikanischen Grenze, dann sehen sie sich zumindest aus der Ferne. Fabian Kretschmer nimmt den Leser an eine andere berühmt-berüchtigte Grenze mit. Er erzählt die bewegende Lebensgeschichte des Nordkoreaners Kim Shin-jo, der einst ein Elitesoldat war und dann nach Südkorea floh, weil er seine Homosexualität in seiner Heimat verstecken musste. Und auch der Zaun, der Israel und den Gaza-Streifen trennt, spielt eine Rolle in „Ausgeschlossen“.

Es sind aber nicht nur die Zäune und Mauern, die fast täglich für Schlagzeilen sorgen, die die Weltreporter im Blick haben. Kilian Kirchgeßner etwa hat sich angeschaut, wie die Slowakei ihre 97,9 Kilometer lange Grenze mit der Ukraine – und damit eine Außengrenze der EU – abschottet. Dabei sind die Slowaken so erfolgreich, dass mittlerweile Sicherheitsbeamte aus ganz Europa, Polizeipräsidenten und selbst Vertreter arabischer Staaten zur Begutachtung in die Region kommen. Und auch die Grenze zwischen Kenia und Somalia, die Bettina Rühl besucht hat, erfährt sonst in der Weltöffentlichkeit wenig Beachtung. Virtuelle Mauern, etwa die Internetzensur in China und anderen Ländern, finden ebenfalls Beachtung.

„Ausgeschlossen“ bietet spannende, unerwartete, manchmal aufwühlende Einblicke – und eine traurige Erkenntnis: So unterschiedlich die vorgestellten Regionen und Geschichten sind, eint sie doch der Glaube der Herrschenden, dass Abgrenzung Probleme lösen könne.

REPORTER AM TELEFON

Die Weltreporter

Drei der Weltreporter beantworten im Rahmen einer Telefonaktion am Freitag, 14. September, ihre Fragen. Von 11 bis 13 Uhr können Sie mit Stefan Scholl, Russland-Korrespondent, Gerd Braune, Kanada-Korrespondent und Autor im Buch sowie Marc Engelhardt, Herausgeber des Buchs „Ausgeschlossen“ und Korrespondent bei den UN, sprechen (Vorwahl 02 21).

777 003 2851 Gerd Braune,

777 003 2852 Marc Engelhardt,

777 003 2853 Stefan Scholl,

Präsentation des Buches in Köln

Die Weltreporter stellen ihr neues Buch „Ausgeschlossen – Eine Weltreise entlang Mauern, Zäunen und Abgründen“ (DVA, 288 Seiten, 18 Euro, erscheint am 17. September) am Freitag, 14. September, 19.30 Uhr, im Hotel Excelsior Ernst in Köln vor. Die Veranstaltung ist kostenlos. Spenden sind erwünscht.

Die gemeinsame Veranstaltung von Kölner Presseclub und Weltreporter.net werden Peter Pauls, Chefautor des „Kölner Stadt-Anzeiger“ und Vorstandsmitglied des Presseclubs, und Marc Engelhardt, Korrespondent in Genf und Herausgeber des Buches, moderieren. Sie sprechen unter anderem mit den Korrespondenten Stefan Scholl (Russland) und Gerd Braune (Kanada).

Weltreporter.net ist ein Netzwerk deutscher Auslandskorrespondenten.

Anmeldungen bitte unter

info@koelner-presseclub.de

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