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KunstSegen von höchster Stelle

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Gruppenbild mit Jesuskind: Reinhold Neven Du Mont, Hedwig Neven DuMont, Isabella Neven DuMont, Martin Hoernes, Markus Hilgert, Henriette Reker und Marcus Dekiert (v. l. n. r.)

Gruppenbild mit Jesuskind: Reinhold Neven Du Mont, Hedwig Neven DuMont, Isabella Neven DuMont, Martin Hoernes, Markus Hilgert, Henriette Reker und Marcus Dekiert (v. l. n. r.)

  • Die Stadt Köln erwirbt eine „Thronende Madonna mit dem Kind“ für das Wallraf-Richartz-Museum

Kurzfristig war auch Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker hinübergeeilt, um, wie sie sagte, „diesem ganz besonderen Augenblick“ beizuwohnen. Im Mittelaltersaal des Wallraf-Richartz-Museums wurde eine Neuerwerbung des städtischen Museums vorgestellt, die eine alte Bekannte ist: Seit 1968 befindet sich die „Thronende Madonna mit dem Kind“ als Leihgabe der Familie Neven DuMont im Wallraf. Es ist das älteste Bild, das dort präsentiert wird, und, so Wallraf-Direktor Marcus Dekiert, „ganz ohne Frage eines der wichtigsten Werke unserer Sammlung“. Jetzt hat die Stadt Köln das Gemälde mit finanzieller Hilfe zweier Stiftungen – der Kulturstiftung der Länder und der Ernst von Siemens Stiftung – zu zwei Vierteln für das Wallraf-Richartz-Museum angekauft. Und da nicht zu erwarten ist, dass die Madonna eines Tages salomonisch in zwei geteilt wird, dürfte es, eine weitere Investition vorausgesetzt, auf Ewigkeit im Haus verbleiben.

Roland Krischel, Leiter der Mittelalter-Abteilung am Wallraf, war es vorbehalten, die Bedeutung der Thronenden Madonna am Gemälde selbst zu erläutern. Das vermutlich um 1260 bei Lucca in der Toskana entstandene Bild sei eines der frühesten Zeugnisse einer neuen Weise, die Muttergottes darzustellen, so Krischel. Auf dem Gemälde seien zwei traditionelle byzantinische Figurentypen, die sitzende und die stehende Madonna mit Jesuskind, kombiniert worden, eine Darstellung, die später italienische Meister wie Giotto, aber auch Stefan Lochner, den bedeutendsten Vertreter der Kölner Malerschule, inspirierte.

Die neuartige Bildkomposition, so Krischel, forderte vom damaligen Betrachter Ehrfurcht ein. Der Blick werde von der Muttergottes aufgefangen und durch eine Geste der Hand an das Jesuskind weitergegeben; letzteres spende den Segen als Fleisch gewordenes Wort. Es sei zudem wahrscheinlich, so Krischel, dass vor dem Gemälde öffentlich Opfergaben dargebracht wurden. Mit der reichen Verzierung von Mantel und Hintergrund habe der mittelalterliche Meister zudem die andächtige Versenkung ins Bild ermöglicht.

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Für Krischel ist die „Thronende Madonna“ ein „Schlüsselwerk der frühen europäischen Tafelbildmalerei“ und somit auch „eine Art Gründungswerk“ für die Wallraf-Sammlung. Insbesondere dank dieses Bildes lasse sich die kölnische Malerei des Mittelalters in den gesamteuropäischen Rahmen einordnen. Man sehe, dass auch in Köln das byzantinische Erbe fortlebte, sagte Krischel.

Gut zwei Jahre wurde der Ankauf des Gemäldes angebahnt und pünktlich zum 50. Jahrestag der Leihgabe vollzogen. Gabriele Neven DuMont hatte das aus dem Nachlass ihres Vaters, des Malerfürsten Franz von Lenbach, stammende Werk ans Wallraf verliehen, nach ihrem Tod im Jahr 1987 erbten ihre vier Kinder Silvia Schlagintweit, Mariella Brücher sowie Reinhold Neven Du Mont und Alfred Neven DuMont das Gemälde zu gleichen Teilen. Zunächst übertrugen die Erben von Schlagintweit und Brücher ihre Anteile an der Madonna auf Reinhold Neven Du Mont sowie Hedwig und Isabella Neven DuMont. In einem zweiten Schritt verkauften die drei Besitzer das Werk für 1,15 Millionen Euro zur Hälfte an die Stadt Köln sowie an die genannten Stiftungen. Schließlich kam man unter den alten und neuen Mitbesitzern überein, das Gemälde als Dauerleihgabe im Museum zu belassen. Für die verbleibenden zwei Viertel des Werks besitzt die Stadt Köln ein Vorkaufsrecht.

Die komplexe Vorgeschichte des Ankaufs verdeutlicht die Bedeutung des Gemäldes. Ein vergleichbares Werk gebe es nirgendwo sonst in Deutschland, sagte etwa Markus Hilgert, Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder. Martin Hoernes von der Ernst von Siemens Stiftung nannte den Ankauf einen „Glücksfall“ und lobte sowohl das „Bekenntnis“ der Familie DuMont zur Stadt Köln als auch das „tolle Engagement“ der Stadt für die Kunst. Bei dieser Gelegenheit verriet Hoernes, dass ein weiteren städtischer Ankauf mit Unterstützung der Siemens Stiftung bereits „in Arbeit“ sei.

So waren im Wallraf-Richartz-Museum zur Mittagsstunde lauter glückliche Menschen versammelt. Im Namen der Familie Neven DuMont gab Reinhold Neven Du Mont der Hoffnung Ausdruck, dass die Madonna auch zukünftig ihren besonderen Platz als „Willkommensgruß“ der Mittelalterabteilung behalten werde. Das Jesuskind gab, wenn der Eindruck nicht täuschte, seinen Segen dazu.

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