Abo

„E-Mails gehen oft unter“Verbraucherberatung verzeichnet wieder mehr Andrang

Lesezeit 4 Minuten
Urlauber, die ihre Reise wegen der Corona-Pandemie stornieren möchten, können sich an verschiedene Stellen wenden.

Urlauber, die ihre Reise wegen der Corona-Pandemie stornieren möchten, können sich an verschiedene Stellen wenden.

  • Andrea Schwahn ist Leiterin der Verbraucherzentrale in Bergheim, Hauptstraße 108.
  • Über den Umgang mit der Corona-Pandemie und Reisewarnungen sprach Niklas Pinner mit ihr.

Frau Schwahn, wie hat Corona die Verbraucherzentrale getroffen? Andrea Schwahn: Wir hatten im März den Lockdown und konnten Beratungen nur noch telefonisch und per E-Mail anbieten. Wir mussten alles schnell umstellen, denn wir haben ja auch kostenpflichtige Beratungen. Dafür haben wir dann Hotlines eingerichtet. Auch eine kostenlose Corona-Hotline. Da waren ganz viele Kollegen aus dem Umkreis beteiligt, weil das allein für unsere Telefonzentrale nicht mehr zu bewältigen war.

Und wie haben Sie das persönlich wahrgenommen?

Es war am Anfang irgendwie ein Schock, wie für alle Leute. Es war erst relativ ruhig, aber Ostern fing es dann an. Viele Leute hatten Urlaub gebucht und wollten verreisen, was dann nicht mehr möglich war. Dann häuften sich die Anfragen, besonders zum Reiserecht und zum Thema Veranstaltungen.

Auch andere wissen Rat

Neben der örtlichen Verbraucherzentrale empfiehlt Andrea Schwahn noch andere Stellen für hilfesuchende Reisende. Wenn es um die Flugpreiserstattung geht, könne man sich an die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personennahverkehr wenden. Die Verbraucherzentrale hat auf ihrer Internetseite diverse Musterschreiben vorbereitet, die Betroffene verwenden können. Das Europäische Verbraucherzentrum berät zum Beispiel in Fällen, in denen Reisen nicht pauschal gebucht worden sind.

Ging es um bereits gebuchte Reisen oder um zukünftige?

Um gebuchte. In den Osterferien wollen viele weg und konnten nicht. Sie wollten dann aus ihren Verträgen raus.

Und wie ist die rechtliche Lage diesbezüglich?

Bei einer Reisewarnung hat man schon die Möglichkeit, eine Reise kostenlos zu stornieren. Es muss dafür aber eine Pauschalreise sein. In vielen Fällen wurden Urlaube aber zum Beispiel beim Vermieter in Holland direkt gebucht. Dort gilt aber EU-Recht. Das ist eine ganz andere Schwierigkeit. Wir können da nicht mehr einschreiten und in die Niederlande schreiben.

Was raten Sie Menschen in einem solchen Fall?

Dranbleiben! Kontakt aufnehmen, immer weiter schreiben. Am besten auch per Post an eine Adresse. Reiseveranstalter kriegen Mails wahrscheinlich kaum abgearbeitet. Ich sehe das an meinem vollen Postfach. Schreibt Briefe an die Postadresse. E-Mails gehen oftmals unter.

Das könnte Sie auch interessieren:

Bekommen Sie mit, wie diese Fälle ausgegangen sind?

Wenn es gut ausgegangen ist, hören wir meistens nichts mehr (lacht). Wir hören öfters noch, dass viele den Angelegenheiten aus dem April noch hinterherlaufen, ihr Geld noch nicht erstattet bekommen haben. Ich denke, das liegt aber am Zeitverzug und nicht an der rechtlichen Lage. Es sind unsichere Zeiten und kompliziert.

Und was ist, wenn man Reisen stornieren möchte in Länder, für die keine Reisewarnung besteht?

Da sieht es schlecht aus, da kann man nicht so einfach stornieren. Es kommt aber immer auf den Einzelfall an. Zum Beispiel Mallorca: Jetzt gibt es da wieder massive Einschränkungen, die Menschen müssen wieder mit Mund-Nasen-Schutz herumlaufen. Vielleicht ist das schon wieder ein Grund, um zu sagen, das ist keine Erholung mehr und ich möchte das stornieren. Ob die Reiseveranstalter das aber mitmachen, ist eine andere Frage.

Also kommt es auf den Reiseveranstalter an?

Na ja, die befinden sich ja auch in Schwierigkeiten und versuchen, noch Geld zu verdienen.

Mussten Sie sich fortbilden?

Ja, ich habe Reiserecht hier vorher gar nicht beraten. Der Kollege in Brühl hat das vorher schon gemacht. Ich musste mich daher fortbilden, natürlich online.

Jetzt ist mit Terminvereinbarung wieder geöffnet: Wie ist der Andrang?

Viele Sachen lassen sich schon am Telefon abklären und so unnötige Kontakte vermeiden. Ich bestelle die Leute fast nur noch hierhin, wenn es auf eine Rechtsvertretung hinausläuft. Der Andrang ist groß, das Telefon klingelt andauernd.

Um welche Themen geht es?

Wieder um die alten Themen. Telekommunikation, Inkassoschreiben – ich habe den Eindruck, das kommt geballt. Vorher war das weg, die Leute haben sich damit nicht beschäftigt.

Wie nehmen Sie die Stimmung der Menschen wahr?

Ich finde die Leute ziemlich gelassen. Natürlich ärgern sie sich über ihre Reisegeschichten, aber ansonsten hab ich den Eindruck, Corona ist aus den Köpfen wieder mehr raus – zumindest im vergangenen Monat.

Was meinen Sie damit?

Vielleicht hat nicht jeder mehr das Verständnis für die Corona-Maßnahmen. Aber die sind ja zu unserem und zu deren Schutz.

KStA abonnieren