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Interview zur Woelki-Hochschule„Lügen, falsches Spiel und Etikettenschwindel“

Lesezeit 6 Minuten
Protestaktion vor der Kölner Hochschule für Katholische Theologie (Archivbild)

Protestaktion vor der Kölner Hochschule für Katholische Theologie (Archivbild)

  • Am 9. November befassen sich die Finanz-Aufsichtsgremien des Erzbistums Köln erneut mit Kardinal Woelkis Theologischer Hochschule.
  • Der Rektor der Vorgänger-Einrichtung, Professor Peter Ramers, schildert deren „feindliche Übernahme“.
  • Er kann anhand von Dokumenten nachweisen, dass die Bistumsleitung die Gremien bewusst überging.

Herr Professor Ramers, Kardinal Rainer Woelki sagt zu seinem Engagement für die „Kölner Hochschule für Katholische Theologie“ (KHKT), es sei ihm darum gegangen, die Philosophisch-Theologische Hochschule (PTH) der Steyler Missionare unter die Arme zu greifen und als theologische Ausbildungsstätte zu retten. Sie waren damals der Rektor. Wie stellt sich das für Sie dar? Peter Ramers: Seit 2015 war klar, dass die Steyler Missionare ihre Hochschule in Sankt Augustin aufgeben wollten. Wir haben in den folgenden Jahren als Professorenkollegium sozusagen auf eigene Faust versucht, die PTH zu retten, und kamen Anfang 2018 mit dem Erzbistum Köln ins Gespräch.

Generalvikar Markus Hofmann signalisierte damals unter anderem in einer E-Mail an mich das Interesse des Erzbistums, „die Ausbildung von Theologen an der PTH St. Augustin mit dem missionstheologischen und interreligiösen Schwerpunkt“ weiter zu ermöglichen und „in einer Weise fortzuentwickeln, dass die Hochschule eine Zukunft hat“.

Das lag doch in Ihrem Interesse?

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Wir dachten in unserer Naivität, das Erzbistum wolle uns mit seinem Know-how bei der Suche nach Sponsoren helfen, und die zugesagte Co-Finanzierung von etwa 15 Prozent, was einer niedrigen sechsstelligen Summe entsprach, sei eine generöse Geste. Der rechtliche Status und der Standort der Hochschule standen für uns nie in Frage. Eine Pressemitteilung des Erzbistums von Ende 2018 bestätigte uns in dieser Annahme. Noch im Mai 2019 suggerierten uns die Kanzlerin in spe, Martina Köppen, und der Baudezernent des Erzbistums bei einer Begehung des Campus wegen Brandschutzbedenken sogar einen Bibliotheksneubau in Sankt Augustin. Im Hintergrund gab es aber zu diesem Zeitpunkt längst Überlegungen zum Aufbau einer „katholisch-theologischen Hochschule Köln“. Ganz offensichtlich wurde hier seit 2018 falsch gespielt.

Woher wollen Sie das so genau wissen?

Dazu liegt mir eine E-Mail von Frau Köppen an den jetzigen Hochschulrektor Christoph Ohly vom April 2019 vor, in der es um die geplante Übernahme der Hochschule zum 1. Oktober ging. Als Anhang fand sich der Entwurf zu einer „Grundordnung der Katholisch-Theologischen Hochschule in Köln“ vom November 2018, verfasst von einem Professor Thomas Würtenberger. Involviert war auch die Bildungskongregation in Rom mit einer in Köln bestens vernetzten Mitarbeiterin. Verfolgt wurde meiner Meinung nach schon damals das Ziel, die katholisch-theologische Fakultät an der Universität Bonn zu schwächen und zu schädigen. Und das alles lief völlig hinter den Kulissen.

Sie erwähnten aber doch die öffentliche Erklärung zum Einstieg des Erzbistums von 2018.

Nur stand darin kein Wort von den eigentlichen Absichten. In der besagten E-Mail vom April 2019 heißt es unter dem Stichwort „Kommunikation“ wörtlich: „Weder die Übernahme der Hochschule noch der Standortwechsel sind bisher in der Öffentlichkeit und den Gremien des Erzbistums kommuniziert.“ Das heißt: Die künftige KHKT war ohne Befassung der Gremien beschlossene Sache. Im selben Dokument wird sogar ein Hochschulneubau in Köln erwogen, ein weiterer erheblicher Kostenfaktor.

Wie ging es weiter?

Den Gremien der Hochschule wurde trotz mehrmaliger Aufforderung zu keinem Zeitpunkt weder durch die Erzdiözese noch durch die Leitung der Steyler Missionare Einsicht in den Stand der Verhandlungen gewährt. Schließlich bekamen wir als damalige Hochschulleitung im Juli 2019 eine Neufassung der Statuten nur noch per Ultimatum zur Absegnung durch den Senat der Hochschule vorgelegt – mit einer Fristsetzung von zwei Wochen und ohne jede Mitsprachemöglichkeit. Unsere erheblichen sachlichen und rechtlichen Bedenken, die wir gerne in Ruhe in entsprechenden Arbeitsgruppen mit dem Erzbistum diskutiert hätten, fanden kein Gehör. Ein Unding.

Was passierte stattdessen?

Ich wurde am Oktober 2019 im Schulterschluss zwischen Erzbistum, der Bildungskongregation und den Steyler Missionaren „aus gegebenem Anlass“, wie es im offiziellen römischen Dokument hieß, freundlich entlassen. Dabei war ich vom Senat der PTH am 13. Mai 2019 fast einstimmig zum neuen Rektor der Hochschule für die Amtszeit von 2019 von 2022 postuliert worden. Das neue Statut wurde noch im Oktober unter meinem Nachfolger Christoph Ohly mehr oder weniger durchgedrückt. Das Ganze war in meinen Augen nichts anderes als eine feindliche Übernahme.

An der Ihr Nachfolger beteiligt war? 

Er hatte mir gesagt, er habe von der ganzen Angelegenheit erst wenige Wochen vor seiner Ernennung zum Rektor im Oktober 2019 erfahren. Wie sich gezeigt hat, war das gelogen.

Nun hat das Erzbistum Ihre alte Hochschule „fortentwickelt“: Es gibt die KHKT, und das Erzbistum spricht von einer prosperierenden Entwicklung. Freut Sie das nicht wenigstens im Ergebnis?

Mein Herz schlägt für eine Hochschule mit der theologischen Offenheit, wie wir sie damals geführt haben. Inzwischen haben viele Kolleginnen und Kollegen, die dieses Ideal mitgetragen haben, die Segel gestrichen. Vom seither eingetretenen theologischen Paradigmenwechsel kann sich jeder leicht auf Plattformen wie k.tv, radio horeb oder EWTN überzeugen, wenn er die dortigen Auftritte von Herrn Ohly und Kollegen verfolgt.

Und das Profil „Mission, Kulturen und Religionen“ der PTH?

Auch hier hat leider eine Reihe wichtiger Kollegen, die dieses Profil federführend in Forschung und Lehre umgesetzt haben, die Hochschule verlassen. Von daher steht die Arbeit meines Kollegen Klaus von Stosch und seines Teams am Lehrstuhl für Systematische Theologie der Bonner Universität für mich in würdigerer Nachfolge der alten PTH Sankt Augustin und ihres Schwerpunktstudiums als die KHKT. Und dafür braucht das Erzbistum keinen Pfennig zu bezahlen.

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Und was die angebliche große Nachfrage betrifft, sind die Angaben der KHKT sowohl zur Gesamtzahl der Studierenden als auch zu ihrer Zusammensetzung höchst intransparent. Sollten unter den Anfängern zum Beispiel sogenannte Propädeutiker sein – also Absolventen einer Art Vorstudium -, was leicht nachzuprüfen ist, dann dürften diese offiziell gar nicht als Studierende gezählt werden.

Auf der Webseite der KHKT heißt es gleichwohl, sie habe „das im deutschen Sprachraum einzigartige missions- und religionswissenschaftliche Profil der PTH übernommen und um aktuelle Themen wie gesellschaftlicher Dialog, Interkulturalität, Interreligiosität und Digitalisierung erweitert“.

Die entstandenen personellen Leerstellen lassen sich nicht schnell einfach dadurch kaschieren, dass man Modulen einfach neue Überschriften verpasst oder Lehrstühle mit plakativen Titeln versieht. Das ist Etikettenschwindel. Das angeblich „einzigartige Profil“ der KHKT konnte meines Wissens bis dato auch nicht dazu beitragen, dass ihr Studiengang die notwendige Akkreditierung der dafür zuständigen Agentur erhalten hat. Die KHKT lebte bisher von Gnaden der Akkreditierung des Studiengangs des PTH, die mit dem 30. September 2022 ausgelaufen ist.

An diesem Mittwoch befasst sich der Kirchensteuer- und Wirtschaftsrat (KiWi) erneut mit der KHKT. Die Querelen der Gründungszeit, könnten die Damen und Herren sagen, sind Schnee von gestern. Die Probleme der Gegenwart und Zukunft mit einem millionenschweren jährlichen Finanzbedarf der KHKT reichen völlig.

Den Gremien müsste doch auffallen, wie der Erzbischof seit Jahren mit ihnen umgeht. Schon die Übernahme der Hochschule mit allen finanziellen Folgen war ein fait accompli, ein abgekartetes Spiel, das der KiWi im Grunde nur noch abzunicken hatte. Die drohende millionenschwere Belastung des Bistumsetats wurde über Jahre verschleiert, und jetzt sollen die Gremien wieder vor vollendete Tatsachen gestellt werden. Peter Ramers, geb. 1954, ist Honorarprofessor für Religionswissenschaft und Interkulturelle Philosophie an der Vinzenz Pallotti University in Vallendar. Er war von 1996 bis 2019 Professor für Religionswissenschaft und Philosophie an der ehemaligen Philosophisch-Theologischen Hochschule (PTH) der Steyler Missionare in Sankt Augustin. Von 2001 bis zu seiner Ablösung 2019 war Ramers Prorektor und Rektor der PTH. (jf)

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