Magermodels in FrankreichMehr Gewicht auf dem Laufsteg

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Haut und Knochen: Ein Model auf der Pariser Fashion Week.

Haut und Knochen: Ein Model auf der Pariser Fashion Week.

Köln – Die Modelagenturen in der Fashion-Metropole Paris sind in Aufruhr: Der sozialistische Abgeordnete und Mediziner Olivier Verán will dem Magerwahn auf den trendsetzenden Pariser Modenschauen einen Riegel vorschieben. Er zielt mit seinem Gesetzentwurf direkt auf die Agenturen – und droht bei der Beschäftigung von Untergewichtigen mit harten Strafen von bis zu 75000 Euro und sechs Monaten Gefängnis. Der Body-Mass-Index der Models, also das Verhältnis von Gewicht zu Größe, darf danach einen Wert von 18,5 nicht unterschreiten. Bei einer Größe von 1,75 Meter muss ein Model also rund 55 Kilo wiegen. Darunterliegende Werte gelten als Hinweis auf Magersucht und Bulimie.

Der nationale Verband der Modelagenturen Synam protestiert noch vor der Verabschiedung des Gesetzes: Ein nur auf Frankreich bezogenes Verbot mache keinen Sinn, man müsse mit Häusern in ganz Europa mithalten können.

Dabei wäre Frankreich nicht das erste Land, das Mager-Models von Laufstegen und Werbeplakaten verbannt. Israel folgt schon lange derselben BMI-Regel und hat zusätzlich das Photoshopping, also nachträgliches Bearbeiten von Fotos am PC, streng reguliert. Wird ein Model auf einer Aufnahme dünner gemacht, muss das deutlich gekennzeichnet werden.

Deutsche Selbstverpflichtung

In Italien taten sich Industrie und Politik bereits 2006 zusammen, kurz nachdem ein brasilianisches Model an den Folgen von Magersucht gestorben war. Die Modebranche verpflichtete sich freiwillig zu der BMI-Regel und in Produktion und Werbung zu einer Konzentration auf größere Größen. Wie ernst die Selbstverpflichtung genommen wird, zeigte sich ein Jahr darauf, als die Mailänder Designerin Raffaella Curiel vor einer Modeschau 15 Mannequins nach Hause schickte.

„Ich hatte die Agenturen extra gebeten, mir keine Models mit anormalen Maßen zu schicken“, beschwerte sich Curiel. Die Mädchen seien zu dünn für ihre Kreationen gewesen, eines sei sogar vor ihren Augen kollabiert.

Auch in Deutschland haben sich 2008 vier große Verbände, darunter der German Fashion Modeverband und der Modemessen-Veranstalter Igedo, dazu verpflichtet, Models mit einem BMI unter 18,5 und unter 16 Jahren nicht mehr für Modeschauen und Werbefotos zu engagieren. Hungerhaken seien in Deutschland ohnehin nicht stark gefragt, sagte ein Verbandsvertreter.

Allerdings spielt Deutschland in der internationalen Modewelt auch eine relativ kleine Rolle.

Madrid lässt Models wiegen

Als wirkungsvoll hat sich bisher vor allem die Methode der Spanier erwiesen: Die Madrider Bezirksregierung verlangte erstmals 2006 einen Magermodel-freien Laufsteg auf ihrer prestigeträchtigen Modewoche. Nicht per Gesetz – sondern in ihrer Funktion als einer der Hauptsponsoren der Veranstaltung. Die Mädchen werden vor Ort von Ärzten gewogen, es gibt so gut wie keine Chance zu mogeln.

Im ersten Jahr wurden 30 Prozent der angereisten Schönheiten als zu dünn wieder nach Hause geschickt. Ein Jahr darauf waren es nur noch fünf Models. Die 64 anderen bestanden den BMI-Check, der ungefähr der Kleidergröße 36 entspricht.

Der Realität entspricht die Auswahl auf den Laufstegen auch damit noch lange nicht: In Spanien, wie in der Mehrheit der europäischen Länder, tragen die meisten Frauen Größe 40 bis 42.

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